Über Männer und Frauen gibt es tausende Bücher. Was unterscheidet sie? Was verbindet sie? Und wie können sie lernen, besser miteinander umzugehen? Millionenfach wurden diese Fragen schon gestellt, und millionenfach beantwortet. Das Problem dabei: Die Antworten kommen immer von Männern oder Frauen.
Jetzt aber hat sich einer geäußert, der vielleicht besser als die meisten anderen über das Verhältnis der beiden Geschlechter Bescheid weiß. Balian Buschbaum, 32 Jahre alt, lebte 27 Jahre lang als Yvonne Buschbaum und gehörte zu den Weltbesten im Stabhochsprung. In einem weiblichen Körper gefangen, fühlte er sich seit seiner Kindheit männlich. 2007 entschied er sich zur Geschlechtsumwandlung. Jetzt hat er ein Buch herausgebracht über den Unterschied zwischen Männern und Frauen.
Herr Buschbaum, wie hat sich Ihr Leben durch die Geschlechtsumwandlung verändert?
Buschbaum: Da muss ich gleich korrigieren: Es gab keine Umwandlung, sondern lediglich eine Angleichung. Das Gehirn entscheidet ja über das Geschlecht. Am Anfang ist jedes Embryo weiblich. Und um aus diesem Embryo einen Kerl zu machen, müssen drei Testosteronschübe erfolgen. Der erste ist dafür zuständig, dass das Gehirn männlich geprägt wird, und da muss ich definitiv sagen, das ist bei mir geschehen. Und Schritt zwei und drei sind dafür zuständig, dass die Geschlechtsmerkmale ausgebildet werden. Um es mal salopp zu sagen, habe ich dann bei der Penis- und Hodenausgabe nicht laut genug geschrien. Aber durch die Geschlechtsangleichung bin ich endlich ich geworden. Das war der größte Unterschied: Dass ich nach außen endlich wurde, was ich innerlich schon immer war.
Trotzdem haben Sie 27 Jahre lang im Körper einer Frau gelebt, bevor Sie Ihren Körper an Ihre Gefühle anglichen. Was ist der Unterschied zwischen Mann und Frau?
Buschbaum: Es gibt ganz viele Klischees, an denen aber oft ein bisschen was dran ist. Zum Beispiel das Vorurteil, dass Frauen sich besser an Details erinnern. Beim Mann hingegen ist zum Beispiel das Sexualzentrum besser ausgeprägt als bei einer Frau. Östrogen ist eine Art Zweifler-Hormon. Frauen wägen deshalb oft mehr ab, denken aus vielen verschiedenen Richtungen über Dinge nach und stellen vieles infrage. Und Testosteron macht eher geradlinig, im Sinn von „ich hab meinen Weg“ und denke nicht so viel rechts und so viel links. Und das sind dann so kleine Unterschiede, die sich im Verhalten auswirken.
Haben Sie diese Erfahrungen auch selbst gemacht?
Buschbaum: Durch das Östrogen durfte ich die ersten Jahrzehnte meines Lebens einen Blick in die Gefühlswelt der Frauen werfen, auch wenn ich immer mit einem männlichen Gehirn gedacht habe. Und dann, während der Geschlechtsangleichung, haben sich durch das Testosteron bei mir natürlich die äußeren Merkmale verändert, also Bartwuchs und Muskulaturzuwachs und so weiter. Die wesentlich spannenderen Dinge haben sich aber in der Psyche getan. Ich war endlich der Mensch, der ich schon immer sein wollte. Und, andererseits war es auch so, dass der Gedanke an Sexualität wesentlich präsenter und offener war als vorher. Das mag vielleicht daran liegen, dass ich mit meinem Körper dann anders und offener umgehen konnte. Aber es liegt sicher auch an den Hormonen.
Was verbindet Ihrer Meinung nach Männer und Frauen?
Buschbaum: Man muss immer das Ganzheitliche sehen. Jede Frau hat auch einen männlichen Teil in sich, ein bisschen Testosteron, genau so, wie jeder Mann auch einen weiblichen Teil, Östrogen, in sich trägt.
Was würden Sie Männern und Frauen raten – wie können die besser miteinander umgehen?
Buschbaum: Ich glaube, dass der Umgang zwischen Männern und Frauen wesentlich entspannter wäre, wenn wir lernen würden, wirklich miteinander zu kommunizieren. Und das ist wahrscheinlich gar nicht so einfach, denn es bedeutet Arbeit, Übung und Ehrlichkeit.
Ab April sind Sie in ganz anderer Mission unterwegs – als Kandidat beim RTL-Format „Let’s Dance“. Können Sie denn tanzen?
Buschbaum: Nein, bisher überhaupt nicht. Ich hatte jetzt meine erste Trainingseinheit, und es war andere Arbeit, als ich gewohnt bin. Von der Kondition her habe ich da kein Problem, aber ich muss natürlich an den Schrittfolgen und dem Rhythmusgefühl arbeiten. Aber die Arbeit mit meiner Tanzpartnerin hat Spaß gemacht. Ich bin sehr gespannt, wie weit wir kommen. Eines ist jedoch gewiss: Tanzen ist Freiheit!
Interview: Karin Seibold