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Internationale Pressestimmen: Papst-Rücktritt: "Eine Offensive von Modernität"

Internationale Pressestimmen

Papst-Rücktritt: "Eine Offensive von Modernität"

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    Kündigte überraschend seinen Rücktritt zum 28. Februar an: Papst Benedikt XVI - Wer wird sein Nachfolger?
    Kündigte überraschend seinen Rücktritt zum 28. Februar an: Papst Benedikt XVI - Wer wird sein Nachfolger? Foto: Michael Kappeler dpa

    "Lietuvos zinios" (Litauen): "Die Nachricht schlug wie ein Blitz aus heiterem Himmel ein. Auf der anderen Seite war es aber zu auch erwarten, da Kardinal Joseph Ratzinger seinem schwer kranken Vorgänger Johannes Paul II empfohlen hatte zurückzutreten. 2010 hatte der Papst in einem Interview zudem angedeutet, dass er das Amt niederlegen würde, wenn er nicht mehr in der Lage sei, seine Aufgaben zu erfüllen. So ist sich Benedikt selbst treugeblieben."

    Joseph Aloisius Ratzinger wird 1927 in Markl (Oberbayern) geboren. Mit seinen beiden Geschwistern Georg und Maria wächst er in einem religiös geprägten Elternhaus auf.
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    Benedikt XVI. ist im Alter von 95 Jahren gestorben. Von 2005 wird er der zum Papst ernannt und Deutschland jubelt. 2013 tritt er zurück. Das gab es zuvor erst einmal.

    "El País" (Madrid): "Das ist ein Beweis für die Erneuerungskraft, die manchmal aus der striktesten Orthodoxie und der Rückkehr zu den Prinzipen erwächst. Selbst die Ankündigung des vorzeitigen Rücktritts ist ein eindeutiges Verantwortungssignal an eine veraltete Kurie. Wie er (Benedikt) in seiner Abschiedsmitteilung - einer Offensive von Modernität in einem mehr als traditionellen Raum - selbst sagt: Es ist zu hoffen, dass die Kardinäle den neuen Papst weise wählen. Auf dem Spiel steht dabei die Zukunft einer Kirche, die heute in der Krise steckt und in Fortschrittsfeindlichkeit verharrt."

    "Übergangspäpste bergen Überraschungen"

    "Figaro" (Paris): "Man muss auf der Hut sein bei Päpsten, die vorschnell als  'Übergangspapst' bezeichnet werden. Sie bergen Überraschungen. (... ) Benedikt XVI., der 2005 im Alter von 78 Jahren gewählte  'Konservative', hat auf eine in modernen Zeiten nie genutzte  Prozedur zurückgegriffen: er verzichtet freiwillig auf den  Petrusdienst. Diese Entscheidung eröffnet eine bisher nicht  gekannte Ära in der Geschichte der modernen katholischen Kirche:  Das nächste Konklave wird mit einem lebenden Papst stattfinden."

    Papst Benedikt: Stationen seines Lebens

    Joseph Aloisius Ratzinger wird am 16. April (Karsamstag) des Jahres 1927 in Markl (Oberbayern) geboren.

    Ratzinger wächst mit seinen beiden Geschwistern Georg und Maria in einem religiös geprägten Elternhaus auf.

    Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wird Joseph Ratzinger 1945 als Flakhelfer eingezogen.

    Ratzinger studiert von 1946 bis 1951 Philosophie und Theologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Freising und an der Universität München.

    1951 wird Joseph Ratzinger im Freisinger Mariendom zum Priester geweiht. Als Priester leitete er 30 Jahre die Regensburger Domspatzen.

    Ratzinger habilitiert 1957 in München über "Die Geschichtstheologie des heiligen Bonaventura". Ab 1959 ist er Professor in Bonn, Münster, Tübingen und Regensburg.

    1977 beruft Papst Paul VI. Ratzinger zum Erzbischof von München und Freising. Er wählt als bischöfliches Motto "Mitarbeiter der Wahrheit".

    Papst Johannes Paul II. betraut ihn 1981 mit der Leitung der Römischen Glaubenskongregation, durch die er sich den Ruf eines Hardliners erwirbt.

    Nach dem Tod des Papstes Johannes Paul II zelebriert Ratzinger 2005 die Totenmesse für den Verstorbenen und leitet das Konklave zur Wahl eines neuen Papstes.

    Ratzinger wird nach nur 26 Stunden im vierten Wahlgang zum 265. Papst gewählt. Er trägt fortan den Namen Benedikt XVI.

    2013 tritt er nach acht Jahren im Amt freiwillig von seinem Pontifikat zurück - ein bisher einmaliger Vorgang. Benedikt wohnt fortan zurückgezogen in einem Kloster im Vatikan.

    2020 besucht Ratzinger seinen schwer erkrankten Bruder in Regensburg. Dieser stirbt kurz darauf.

    "Trud" (Bulgarien): "Der Heilige Vater verzichtet auf den Heiligen Stuhl - aus gesundheitlichen Gründen. Diese Formulierung weckt Zweifel, da es sich um eine beispiellose Handlung in der jüngsten Geschichte handelt! Wäre es nicht möglich, dass der Rücktritt wegen eines Kirchenstreits erfolgt? Oder wegen der Pädophilen-Skandale? Das Erste wäre sehr verwunderlich, da es dann irgendwo und irgendwann Informationen über Streitigkeiten oder eine Verschwörung gegeben hätte. Das Zweite ist als Grund für einen derartigen Schritt zu wenig. Auch Druck von Außen wäre möglich. (...) Doch aus dem Römischen Reich weiß man, dass es leichter ist, etwas mit einer Gegebenheit zu vollziehen. (...) So dass die angeschlagene Gesundheit  vorerst wohl der eigentliche Grund ist."

    Flucht vor der Verantwortung?

    "Rzeczpospolita" (Polen): "Ist diese Entscheidung ein Beweis für Mut oder im Gegenteil Flucht vor der Verantwortung? Es ist ein schwieriges Dilemma, aber im Fall eines Menschen, der die Last der Verantwortung für Millionen Gläubige trägt, nicht anders zu bewerten als ein Zeichen von Mut. Wieviel leichter wäre es, mit dem Gefühl der Ratlosigkeit und schwindenden Kräfte zu bleiben. Wieviel schwerer ist es, die höchste Würde in der Kirche aufzugeben und in andere Hände zu legen. Vor allem, wenn die persönliche Perspektive die völlige Isolierung abgeschnitten von der Welt in einem Kloster ist."

    "Neue Zürcher Zeitung": "Die vielen positiven Stellungnahmen (zur Rücktrittsankündigung von Papst Benedikt XVI. in Deutschland) können nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Papst vielen Menschen in seinem Heimatland fremd blieb. In

    "De Standaard" (Belgien): "Seinen Rücktritt hat sich Papst Benedikt XVI. gut überlegt. Jetzt, wo er seine physischen und mentalen Kräfte schwinden sieht, führt er beim Abschied und bei der Regelung der Nachfolge selbst die Regie. Papst Johannes Paul II. hatte Joseph Ratzinger, um sein Erbe zu sichern. Ratzinger muss das als Papst für sich selbst tun, denn Intrigen im Vatikan deuten darauf hin, dass seine Macht bröckelt. Als er mit 78 Jahren antrat, sah man ihn als Übergangspapst. So kam es auch, doch er kann immer noch dem nun folgenden Pontifikat seinen Stempel aufdrücken. Dann wäre er das Bindeglied zwischen Johannes Paul und dessen eigentlichem Nachfolger. Das sollte jemand werden, der den Einfluss der Kirche in der Welt wieder stärkt und zugleich Ordnung in die verborgenen Finanzangelegenheiten des Vatikans bringt."

    "The Times" (England): "In der sozialen Ethik hat der Papst es abgelehnt, die Lehren der Kirche über die Verteilung von Kondomen zu erneuern, um die Verbreitung von Aids zu verhindern. Durch diese Haltung wird menschliches Leid fortgesetzt, besonders in südlichen Ländern. Aus diesen Gründen wäre es wünschenswert, wenn der Nachfolger Benedikts beispielsweise aus Afrika käme. Das Pontifikat von Benedikt erscheint wie die Zwischenregierung eines Führers der Christenheit, dessen intellektuelle Fähigkeiten seine körperliche Stärke weit in den Schatten stellten. Wenn der neue Papst die Energie von Johannes Paul II. und den Reformgeist von Johannes XXIII. mitbrächte, könnte er eine Neuzeit für die Kirche und ihre moralische Autorität einleiten."

    "Der Standard" (Österreich): "Die Rücktrittsankündigung von Papst Benedikt XVI. kam überraschend. Dass - unabhängig von der Position und vom Alter - jemand sagt, er fühle sich den Anforderungen in einer Spitzenposition nicht mehr gewachsen, weil seine Kräfte nicht mehr ausreichen, ist mutig. Erst recht in der katholischen Kirche, in der die höchsten Positionen nur Männern vorbehalten sind - und zwar solchen, die im "normalen Berufsleben" längst in Pension wären. Joseph Ratzinger hat von Anfang an deutlich gemacht, dass er das Amt als Bürde, nicht als Würde auffasst. Als Kirchenoberhaupt war er zögerlich, er blieb stets ein Mann der Worte, nicht der Taten. Ihm fehlte das Charisma seines Vorgängers Johannes Paul II."  dpa/AZ

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