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In USA erfolgreich: Heidi Klum in Deutschland immer weniger beliebt

In USA erfolgreich

Heidi Klum in Deutschland immer weniger beliebt

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    Heidi Klum.
    Heidi Klum.

    Sie gilt als kalt, herrisch und ziemlich gnadenlos: Wenn Heidi Klum in ihrer Castingshow "Germany's next Topmodel" minderjährige Möchtegern-Mannequins abkanzelt, kommen den Kandidatinnen des von Pro Sieben gezeigten Laufsteg-Spektakels schon mal die Tränen.

    Die unterkühlte Art der 37-jährigen Model-Millionärin aus Bergisch Gladbach kommt in Deutschland immer schlechter an - in ihrer Wahlheimat USA aber wird Heidi Klum gerade dafür geliebt, wie die Medienwissenschaftlerin Alrun Seifert in ihrer jetzt als Buch erschienenen Studie "Das Model(l) Heidi Klum" feststellt.

    Eine gewisse Gefühlskälte sei in den Augen vieler Amerikaner einfach etwas typisch Deutsches - und die Betonung ihrer Herkunft gehöre neben ihrem guten Aussehen, ihrer unkomplizierten Art und ihrer hochgradigen Professionalität zu Heidi Klum.

    Schon früh inszenierte sich die hübsche Rheinländerin, die bereits seit 1993 in den USA lebt, in den Fernsehstudios zwischen New York und Los Angeles als Heidi aus Deutschland - und besetzte damit clever eine Marktnische.

    "Ob Talkshow, Castingshow, Serie oder Werbung, es findet sich kaum ein Auftritt, bei dem Klum nicht deutsch spricht oder in irgendeiner Weise auf ihre deutsche Nationalität Bezug genommen wird", schreibt Alrun Seifert in ihrem Buch, in dem sie das öffentliche Bild von Stars am Beispiel der Moderatorin Klum analysiert. Die hat übrigens längst schon finanziell vorgesorgt für die Zeit, in der der Laufsteg nicht mehr die große Rolle spielen wird. Im Gespräch mit US-Talkmastern wie David Letterman, Jay Leno oder Conan O'Brien baut das fließend englisch sprechende Supermodel aus Germany, das seit zwei Jahren die amerikanische Staatsbürgerschaft hat, scheinbar unwillkürlich deutsche Wörter wie "ja", "nein" oder "nicht" in ihre Sätze ein.

    Sie begeht drollige sprachliche Fehltritte, lobt Mutter Ernas Sauerkrautsuppe und bricht nicht nur in Talkshows, sondern auch in TV-Serien oder Werbespots bisweilen sogar in Jodeln aus - für viele Amerikaner offenbar eine typisch deutsche Art der Kommunikation.

    Besonders perfekt kultiviert die in Los Angeles lebende vierfache Mutter der Studie zufolge aber das Bild der disziplinierten und unterkühlten Deutschen: In der seit 2004 im US-Fernsehen laufenden Show "Project Runway" (übersetzt: Projekt Laufsteg), in der Heidi Klum und andere Experten aus der Modeszene Jungdesigner auf den Prüfstand stellen, fertigt sie die Bewerber zuweilen nicht nur ähnlich rüde ab wie die Mädchen in "Germany's next Topmodel".

    Sie zeigt sich außerdem äußerst irritiert, wenn einer der Teilnehmer der Castingshow einen Gefühlsausbruch riskiert.

    "Als ein Kandidat bei seinem ersten Lob seitens der Jury vor Glück in Tränen ausbricht, fragt sie konsterniert, was denn mit ihm los sei", schreibt Medienexpertin Seifert, und an einer anderen Stelle: "Klum schickt alle Ausgeschiedenen stets mit den Worten Auf Wiedersehen vom Laufsteg, begleitet von einem förmlichen Händedruck (später kommt das professionelle Wangenküsschen hinzu). Diese formelle Abschiedszeremonie verstärkt das Bild der kühlen Deutschen, der emotionale Reaktionen fremd sind und die nichts so sehr liebt wie offizielle Regeln und Amtswege."

    Die Amerikaner jedenfalls sind begeistert von der Jury-Domina, die es zudem meisterlich versteht, mit den diversen Klischees über die typischen Deutschen auch durchaus selbstironisch zu spielen.

    Allerdings ging "Project Runway" bei der jüngsten Verleihung des amerikanischen Medienpreises Emmy leer aus. In Talkshows und Interviews gibt sich die 37-Jährige betont humorvoll und konterkariert bei solchen Anlässen ihre Auftritte in der Castingshow für Jungdesigner mit Witz und einem strahlenden Lächeln.

    Sie verkörpert

    deutsche Tugenden

    "Als erfolgreiches Model sowie zielstrebige Geschäftsfrau verkörpert sie die geschätzten ,deutschen Tugenden' Fleiß und Disziplin. Mit ihrer konsequenten Fröhlichkeit und der selbstironischen, schlagfertigen Art widerlegt sie zugleich das Bild der missmutigen Deutschen", heißt es in der Studie.

    Seit sie vor den Kameras von "Project Runway" steht, ist aber wieder Schluss mit lustig: Dann kanzelt Heidi Klum den Entwurf eines Kandidaten für ein Outfit schon mal mit angewidertem Blick und den Worten ab: "Das sieht aus wie ein schmutziger Putzlappen."

    Alrun Seifert: "Das Model(l) Heidi Klum - Celebrities als kulturelles Phänomen", UVK-Verlag, Konstanz, 196 Seiten, 24 Euro.

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