Der Platz Nummer K28 im Parkhaus in der Basil Street im Londoner Stadtteil Knightsbridge unterscheidet sich auf den ersten Blick nicht von anderen Stellflächen dieser Welt. Mit seinem grauen Betonboden, den weißen Wänden und der grellen Neonröhren-Beleuchtung bietet er das, was man gemeinhin von einem Parkplatz erwartet. Und doch hebt er sich von anderen ab – wegen seines „Wertes“. Denn der Kaufpreis der rund zehn Quadratmeter großen Fläche liegt bei 250.000 Pfund, knapp 290.000 Euro.
Selbst in Corona-Zeiten gilt London als teuerste Stadt der Welt. Und so werden auch die Parkplätze zu echten Luxus-Gütern. Der Makler der Stellfläche K28 begründet den Preis so: Der Platz „ist ideal gelegen gegenüber des Kaufhauses Harrods und bietet 24-Stunden-Security-Überwachung“. Ein Blick in die Anzeige verrät zudem, dass das Parkhaus in den 2000er-Jahren errichtet wurde und den Besitzern des Stellplatzes ein Lift zur Verfügung stehen wird, um zu ihrem Auto zu gelangen. Außerdem sei die „Basil Street direkt um die Ecke von Weltklasse Hotels, Restaurants, Luxus-Boutiquen und Museen.“
Ein Haus in Großbritannien kostet im Schnitt genauso viel
Wie teuer dieser und andere Parkplätze in der Gegend sind, zeigt ein Vergleich. Im Juli dieses Jahres kostete ein durchschnittliches Haus in Großbritannien in etwa 290.000 Euro – also genauso viel wie der Stellplatz. In der Stadt Middlesbrough, im Nordosten des Landes, bekommt man dafür sogar ein großzügiges freistehendes Haus mit sechs Zimmern. Mal ganz abgesehen davon, dass zusätzlich zum Kaufpreis der Stellfläche in Knights-bridge noch eine Servicegebühr von 900 Euro jährlich fällig wird.
Wie in vielen Städten der Welt kennen die Preise für Immobilien in London kaum noch ein Limit, auch wenn diese aufgrund der Pandemie zuletzt etwas abgekühlt sind. Außerdem betrachten reiche Käufer aus dem Ausland die britische Hauptstadt als attraktiven und sicheren Hafen in unsicheren Zeiten, um ihr Vermögen anzulegen. Das treibt die Preisspirale und lässt einige Viertel fast brach liegen. Als „ghost towns“, Geisterstädte, oder „Geisterstraßen“ bezeichnen Briten die Gegenden, in denen am Abend ganze Häuserreihen dunkel bleiben, weil Milliardäre, Oligarchen und Scheichs aus China, Russland oder den Golfstaaten hier Immobilien besitzen – als reine Investition. Für viele Bewohner Londons rückt das Eigenheim so in weite Ferne.
Ein Problem gibt es noch: Der Luxus-Parkplatz ist sehr klein
Auf den Kaufpreis des Parkplatzes K28 angesprochen, bezeichnet Johnny Thalassites, der Ratsvorsitzende der Stadtbezirke Kensington und Chelsea, diesen als „sehr enttäuschend“ und „entmutigend“ – insbesondere für diejenigen, die versuchen, in dieser Gegend ein Haus oder eine Wohnung zu erwerben. „Wir brauchen dringend Wohnraum, und da wir einer der Stadtbezirke mit den höchsten Grundstückspreisen sind, ist es frustrierend, einen Parkplatz zu sehen, an dem ein sechsstelliges Preisschild hängt“, sagt er. Es gebe jedoch Versuche, die Situation zu verbessern, auch wenn dies eine große Herausforderung sei. So befänden sich derzeit 300 von 600 geplanten Sozialwohnungen im Bau.
Der Käufer des Parkplatzes K28 muss sich über solche Probleme vermutlich wenig Gedanken machen. Eine Sache könnte diesem jedoch in Zukunft Sorgen bereiten: Er muss sich damit abfinden, dass die erworbene Stellfläche zwar teuer, für die meisten von Superreichen favorisierten Autos jedoch zu klein ist. Denn auf K28 findet weder ein Lamborghini noch ein Rolls-Royce Platz. Stattdessen hat darauf eigentlich nur ein Auto Platz: ein Mini. Aber das wäre dann immerhin „very british“, sehr britisch.