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Hoffen auf Sozialhilfe: Verzweiflungstat: Viele Griechen stecken sich mit HIV an

Hoffen auf Sozialhilfe

Verzweiflungstat: Viele Griechen stecken sich mit HIV an

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    Griechenland wird von Streikenden lahmgelegt. Währenddessen sorgt der umstrittene 'Hebel' für den Euro-Rettungsfonds für Aufregung. Foto: Friso Gentsch dpa
    Griechenland wird von Streikenden lahmgelegt. Währenddessen sorgt der umstrittene 'Hebel' für den Euro-Rettungsfonds für Aufregung. Foto: Friso Gentsch dpa

    Die Finanzkrise hat viele Griechen in die Armut gestürzt. Die Hilfsorganisation "Ärzte der Welt" macht auf die Bedürftigkeit vieler Griechen aufmerksam. Alarmierend ist auch ein Bericht auf Focus online. Demnach würden sich viele Griechen absichtlich mit HIV infizieren. Die Absicht hinter der tödlichen Ansteckung mit dem Aids-Virus: Mit dieser

    HIV-Infektion aus finanzieller Not

    Wie der Klinikdirektor des Athener Rot-Kreuz-Krankenhauses gegenüberFocus online sagt, hätten sich ihm mehrere Patienten offenbart und ihre finanzielle Not als Grund gehabt, sich bewusst mit Aids anzustecken. HIV- Positive erhalten in Griechenland offenbar zusätzlich zu ihren Medikamenten lebenslang 700 Euro im Monat. Das sei wesentlich mehr als die Unterstützung für Arbeitslose, die auch nur ein Jahr gewährt werde.

    Griechenland: Dramatische Verschlechterung der Gesundheitslage

    Hilfsorganisationen warnen generell vor einer dramatischen Verschlechterung der Gesundheitslage in Griechenland. Etwa 500.000 Menschen müssen in Griechenland ohne eigenes Einkommen zurechtkommen. Diese Zahl aus dem ersten Halbjahr 2011 geht aus einem Bericht zur Wirtschaftslage der Notenbank (Bank of Greece) hervor, über den die griechische Presse am Donnerstag berichtete. Betroffen sind Familien, in denen kein einziges Mitglied mehr eine Arbeit hat.

    Die 17 Euro-Länder im Vergleich

    Österreich: Laut Prognosen steigt die österreichische Staatsverschuldung 2011 auf 73,8 Prozent der Wirtschaftsleistung. SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann, seit 2008 im Amt, steht in der Kritik. Allerdings nicht so sehr wegen der Schuldenkrise, sondern wegen Korruptions- und Untreuevorwürfen.

    Spanien: Mit einer Gesamtverschuldung von voraussichtlich 68,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes scheitert auch Spanien an den Maastricht-Kriterien. Der sozialistische Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero scheiterte an der Schuldenkrise. Er wird durch den konservativen Mariano Rajoy ersetzt.

    Zypern: Mit einer Schuldenquote von 62,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes scheitert das kleine Land nur knapp an der Maastricht-Hürde von 60 Prozent. Dimitris Christofias ist seit 2008 Staatsoberhaupt und Regierungschef der Inselrepublik, die im Jahr 2004 Mitglied der Europäischen Union wurde.

    Slowenien: Auf 42,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes werden sich die slowenischen Schulden 2011 voraussichtlich belaufen. Damit bleibt das Land im vom Maastricht-Vetrag vorgegebenen Rahmen. Bei den Wahlen im Dezember 2011 dürfte der sozialdemokratische Regierungschef Borut Pahor dennoch sein Amt verlieren.

    Slowakei: Die Slowakei gehört mit prognostizierten 44,8 Prozent Verschuldungsquote auch 2011 zu den stabileren Euro-Staaten. Ministerpräsidentin Iveta Radicová kündigte im Oktober vorgezogene Neuwahlen an. Nur unter dieser Bedingung wollte die Opposition der Ausweitung des Euro-Rettungsschirms zustimmen.

    Portugal: Portugal ist mit geschätzten 101,7 Prozent Staatsverschuldung einer der Wackelkandidaten unter den Euro-Ländern. Pedro Passos Coelho ist seit Juni 2011 Premierminister. Er folgte auf José Sócrates, der im März nach einer gescheiterten Abstimmung über das Sparpaket seiner Regierung zurückgetreten war.

    Niederlande: Die Verbindlichkeiten wachsen bis zum Ende dieses Jahres voraussichtlich auf 63,9 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Aus den vorgezogenen Neuwahlen Ende 2010 ging der Liberale Mark Rutte als Sieger hervor. Seine Regierung wird vom Rechtspopulisten Geert Wilders toleriert.

    Malta: Der Inselstaat im Mittelmeer wird seine Schulden im laufenden Jahr nach bisherigen Prognosen bei 68 Prozent des Bruttoinlandsproduktes halten. Bereits seit mehr als sieben Jahren ist Lawrence Gonzi Regierungschef Maltas. Unter seiner Führung trat das Land im Mai 2004 der Europäischen Union bei.

    Luxemburg: Mit einer Gesamtverschuldung von etwa 17,2 Prozent der Wirtschaftsleistung in 2011 ist Luxemburg eines von nur fünf Ländern, die die Kriterien des Maastricht-Vertrages einhalten. Auch politisch ist das kleine Land ein Hort der Stabilität. Jean-Claude Juncker ist bereits seit 1995 Premierminister.

    Italien: Seit Monaten wird über Rettungsgelder für Italien spekuliert. Die Staatsschulden steigen 2011 auf geschätzte 120,3 Prozent der Wirtschaftsleistung. Nach langem Tauziehen trat Ministerpräsident Silvio Berlusconi zurück. Nachfolger Mario Monti bildete eine Übergangsregierung.

    Irland: Irland hatte als erstes Land Rettungsgelder in Anspruch genommen. Die Staatsschulden steigen in diesem Jahr auf schätzungsweise 112 Prozent der Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt). Regierungschef Brian Cowen stürzte über die Schuldenkrise. Seit März 2011 ist Enda Kenny irischer Ministerpräsident.

    Griechenland: Mit einer dramatischen Schuldenquote von 157,7 Prozent der Wirtschaftsleistung bringt Griechenland die Euro-Zone in die größten Schwierigkeiten. Seit November 2011 ist Lucas Papademos Regierungschef. Er löste Giorgos Papandreou ab, der wegen seines harten Sparkurses massiv unter Druck geraten war.

    Frankreich: Die französische Staatsverschuldung steigt weiter. In 2011 wird ein Wert von 84,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes erwartet. Staatspräsident Nicolas Sarkozy hat in der Krise an Rückhalt verloren. Bei den Wahlen 2012 droht ihm der Machtverlust.

    Finnland: Auf 50,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes schätzt die europäische Statistikbehörde Eurostat die finnische Staatsverschuldung in 2011. Der konservative Ex-Finanzminister Jyrki Katainen ist seit Juni 2011 Ministerpräsident. Er löste Mari Johanna Kiviniemi nach nur einem Jahr im Amt ab.

    Estland: Estland ist der Musterschüler unter den Euro-Ländern. Die Staatsschulden fallen 2011 voraussichtlich auf 6,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Der diplomierte Chemiker Andrus Ansip lenkt seit 2005 als Premierminister die Geschicke des nordeuropäischen Staates, der 2004 der EU beitrat.

    Deutschland: Deutschland gilt als Stabilitätsgarant in Europa. Mit einer Schuldenquote von 82,4 Prozent der Wirtschaftsleistung verstößt aber auch die Bundesrepublik gegen die Stabilitätskriterien. Angela Merkel (CDU) ist seit 2005 Bundeskanzlerin. Ihre Koalition hat seit der letzten Wahl deutlich an Zuspruch verloren.

    Belgien: Mit prognostizierten 97 Prozent Staatsschulden in Relation zur Wirtschaftsleistung gehört Belgien zu den Sorgenkindern. Seit Juni 2010 gibt es in Brüssel keine gewählte Regierung – ein unrühmlicher Weltrekord. Die Hoffnungen, dass sich daran bald etwas ändert, erhielten im November 2011 einen empfindlichen Dämpfer.

    In Griechenland erhalten Arbeitslose für höchstens ein Jahr Arbeitslosengeld. Danach gibt es keine Hilfe vom Staat mehr. Die Familien ohne Einkommen würden von Verwandten unterstützt oder sie seien auf die Hilfe von kirchlichen und anderen humanitären Organisationen angewiesen, berichtete die Athener Zeitung "Kathimerini".

    Chronologie: Die Finanz-Krise in Griechenland

    16. Dezember 2009 Ratingagenturen stufen Griechenlands Kreditwürdigkeit herab. Die Diskussion um Griechenland nimmt Fahrt auf: Spekulationen über eine Staatspleite beginnen, das Land muss zunehmend höhere Zinsen am Kapitalmarkt zahlen.

    25. März 2010 Die Lage spitzt sich zu: Die Euro-Länder sagen Athen vorsorglich ein Hilfspaket unter Beteiligung des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu.

    23. April 2010 Griechenland droht akut die Insolvenz. Das Hilfsprogramm wird offiziell beantragt.

    2. Mai 2010 Die Eurogruppe beschließt Notkredite von 110 Milliarden Euro für Athen und verlangt im Gegenzug einen harten Sparkurs. Die Hilfen kommen nicht aus dem Euro-Rettungsschirm EFSF, der erst später unter dem Eindruck der eskalierenden Schuldenkrise im Euroraum aufgespannt wird.

    10. Mai 2010 Um die Schuldenkrise einzudämmen, einigen sich die EU-Finanzminister auf einen 750 Milliarden Euro schweren Rettungsschirm (EFSF) für pleitebedrohte Mitglieder.

    16. Dezember 2010 Der EU-Gipfel beschließt das Aufspannen eines permanenten Rettungsschirms (ESM) für die Zeit ab 2013. Später wird der Start auf 2012 vorgezogen. Er soll mit 500 Milliarden Euro an verfügbaren Mitteln ausgestattet werden. Mittlerweile wird eine Ausweitung diskutiert.

    25. März 2011 Ein EU-Gipfel verabschiedet ein Gesamtpakt zur Überwindung der Schuldenkrise. Dazu gehören der permanente Rettungsschirm, eine Schärfung des Stabilitätspakts und ein neuer «Euro-Pakt-Plus», mit dem sich die Regierungschefs zu Strukturreformen verpflichten.

    29. Juni 2011 Das griechische Parlament nimmt ein radikales Sparpaket der Regierung an - Voraussetzung für eine Teilzahlung aus dem Hilfspaket. Ohne die Hilfe wäre das Land zahlungsunfähig geworden.

    21. Juli 2011 Auf einem Sondergipfel einigt sich die EU auf ein neues Griechenland-Rettungsprogramm im Volumen von 109 Milliarden Euro. Das Programm wird so nie in die Tat umgesetzt und später deutlich nachgebessert.

    27. Oktober 2011 Die Euro-Länder und Banken einigen sich auf einen Schuldenschnitt von 50 Prozent für Griechenland und ein neues 130-Milliarden-Euro-Paket für Athen. Im Gegenzug gibt es neue harte Sparauflagen für Athen, die im Land zunehmend Proteste und Streiks provozieren.

    10. November 2011 Lucas Papademos, der ehemalige Vize-Präsident der Europäischen Zentralbank, löst Giorgios Papandreou als Regierungschef ab. Er führt eine Übergangsregierung, die die drakonischen Sparmaßnahmen auf den Weg bringen soll. Ohne die kann weder frisches Geld fließen - noch das neue Hilfspaket aktiviert werden.

    30. Januar 2012 Auf dem EU-Gipfel in Brüssel einigen sich die Staats- und Regierungschefs auf einen Fiskalpakt mit Schuldenbremsen und automatischen Sanktionen.

    12. Februar 2012 Das griechische Parlament billigt das einschneidende Sparpaket, das nach Forderung der internationalen Geldgeber mehrfach verschärft werden muss.

    21. Februar 2012 Die Länder der Eurozone geben grünes Licht für das 130-Milliarden-Hilfspaket. Voraussetzung für eine endgültige Freigabe ist aber ein Erfolg des Schuldenschnittes.

    9. März 2012 Mit der größten Staatsumschuldung aller Zeiten verschafft sich Griechenland Luft im Dauerkampf gegen die Pleite. Nach bangen Monaten mit langwierigen Verhandlungen meldet Athen eine breite Beteiligung am Schuldenschnitt, der das Land um mehr als 100 Milliarden Euro entlasten wird. Die Euro-Finanzminister geben umgehend einen Teil des neuen 130-Milliarden-Hilfspakets frei.

    6. Mai 2012: Die Parlamentswahlen in Griechenland finden statt. Die Parteien können sich auf keine Regierungskoalition einigen.

    17. Juni 2012: Nach den gescheiterten Koalitionsverhandlungen wird wieder in Griechenland gewählt. Sollte keine stabile und euro-freundliche Regierung zustande kommen, droht nach Expertenmeinung das Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro.

    Unterdessen vermeldete die Hilfsorganisation "Ärzte der Welt", die in Griechenland vier Anlaufstellen für Menschen ohne Zugang zur Gesundheitsversorgung unterhält, einen dramatischen Anstieg der Patientenzahlen. Die kostenlosen medizinischen und psychosozialen Hilfsangebote würden nun auch vermehrt von griechischen Staatsbürgern aufgesucht. Ursprünglich waren die Anlaufstellen für Flüchtlinge und Asylsuchende gedacht.

    Immer mehr Griechen bitten um Lebensmittel

    "Die Anzahl griechischer Staatsbürger unter unseren Patienten ist auf 30 Prozent gestiegen", erklärte Nikitas Kanakis, Präsident der griechischen Abteilung von "Ärzte der Welt". Darunter seien schwangere Frauen, die Vorsorgeuntersuchungen erhielten, Kinder, die Impfungen benötigten, Menschen, die kein Einkommen mehr hätten oder auch Beamte, deren Gehälter drastisch gekürzt worden seien. Immer mehr Menschen würden auch um Lebensmittel bitten, berichteten Mitarbeiter der Hilfsorganisation der Nachrichtenagentur dpa am Donnerstag.

    Der griechische Nachrichtensender Vima 99.5 startete Anfang der Woche eine Lebensmittel-Kampagne für Bedürftige. An seine Hörer appellierte der Sender, beim Einkauf im Supermarkt "auch an die mittellosen Mitbürger zu denken und auch für sie etwas einzukaufen". "Auch ein Paket Nudeln genügt", hieß es in dem Aufruf.

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