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Hintergrund: Fragen und Antworten: Das Erdbeben in Japan

Hintergrund

Fragen und Antworten: Das Erdbeben in Japan

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    Die ganze Katastrophe, dargestellt durch gewaltige seismologische Kurven auf einem Monitor des Deutschen Geo-Forschungszentrums in Potsdam. Die Erdstöße hatten eine Stärke von 8,9 auf der Richterskala – das sind die stärksten, die je in Japan gemessen wurden.
    Die ganze Katastrophe, dargestellt durch gewaltige seismologische Kurven auf einem Monitor des Deutschen Geo-Forschungszentrums in Potsdam. Die Erdstöße hatten eine Stärke von 8,9 auf der Richterskala – das sind die stärksten, die je in Japan gemessen wurden. Foto: dpa

    Wie gut ist Japan auf Erdbeben vorbereitet?

    Kein Land der Welt ist besser gerüstet. Erdbeben gehören in Japan praktisch zum Alltag, daher werden dort seit Jahrzehnten besondere Vorkehrungen getroffen. So gilt Japan zum Beispiel als Vorreiter im erdbebensicheren Bauen. Um Schäden in Grenzen zu halten, sind viele Häuser in Gefahrenzonen mit elastischen Bauteilen und beweglichen Fundamenten ausgestattet. Sogenannte Stahlskelettbauten können selbst schwerste Erdbeben überstehen. Manche Hochhäuser sind mit aktiven seismischen Systemen ausgerüstet. So wurden schwere Gewichte in einem der oberen Stockwerke oder auf dem Dach angebracht. Bei Erdstößen werden sie elektrohydraulisch entgegen der Eigenschwingung des Hauses bewegt.

    Sind Erdbeben vorhersehbar?

    Nein. Wissenschaftler forschen an dieser Frage seit vielen Jahrzehnten. „Wir können nicht in die Erde hineinschauen. Das ist ein chaotischer Prozess“, erläuterte am Freitag der Seismologe und Geophysiker Prof. Michael Weber vom Geoforschungszentrum (GFZ) Potsdam. „Sie müssen sich das so vorstellen: Wenn man einen Balken biegt, kann man auch nicht genau sagen, wann der bricht.“ Auch seine Kollegen vom GFZ weisen darauf hin, dass für eine exakte Erdbebenvorhersage die Methoden zu ungenau seien, es an passenden Instrumenten fehle – und die Kosten astronomisch hoch sein könnten. Gernot Hartmann von der Bundesanstalt für Geowissenschaftten und Rohstoffe sagt, auch auf absehbare Zeit seien keine Erdbeben-Vorhersagen möglich.

    Ist mit Nachbeben zu rechnen?

    Nach Ansicht der Wissenschaftler vom Deutschen Geoforschungszentrum in Potsdam kann es noch über Monate schwere Nachbeben geben. Die Erschütterungen könnten auch in Monaten noch sehr stark sein und eine Magnitude von 7 oder 8 erreichen, sagte der Geophysiker Prof. Rainer Kind. Ursache für das gewaltige Erdbeben sind Verschiebungen von Erdplatten. „Es werden Spannungen über teilweise Hunderte von Jahren aufgebaut, die sich dann schlagartig abbauen“, sagte der GFZ-Seismologe Weber.

    Wie oft bebt die Erde in Japan?

    In Japan bebt rund 5000 Mal im Jahr die Erde. Die Erdstöße von Freitag sind mit einer Stärke von 8,9 die stärksten, die jemals in dem Land gemessen wurden. Die verheerendste Katastrophe erlebte das Inselreich 1923, als ein Beben der Stärke 7,9 Tokio und weite Teile Yokohamas zerstörte. Mehr als 143 000 Menschen kamen damals um.

    Warum ist die Region um Japan so stark erdbebengefährdet?

    Die Beben treten vor allem in Regionen auf, die als tektonische Plattenränder bezeichnet werden. Das sind Gebiete, in denen sich die Ränder riesiger Platten, aus denen die Erdkruste besteht, in ungleichmäßigen Schüben aneinanderreiben. Die aktivste dieser Zonen verläuft rund um den Pazifischen Ozean, wo die Pazifische auf die Eurasische, die Nordamerikanische und die Australische Platte trifft. Experten sprechen vom „Ring of Fire“. Diese Zone wird sehr häufig von Erdbeben und Vulkanausbrüchen heimgesucht.

    Gibt es in Japan ein Tsunami-Frühwarnsystem?

    Ja. Japan hat viel Geld in ein gutes Warnsystem investiert, berichtet Geograf Michael Siebert, der bei der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Die Bevölkerung dort sei an Erdbeben gewöhnt. Das mache die Beratung einfacher. „Denn die Bevölkerung weiß genau was passiert, wenn die Sirene heult.

    Wie hoch sind die Schäden?

    Das ist im Moment kaum kalkulierbar. Experten gehen von Schäden in zweistelliger Milliardenhöhe aus. Der Tsunami richtet schwerere Schäden an als das Erdbeben. Zum Vergleich: Die Kosten des jüngsten Erdbebens in Christchurch (Neuseeland) wurden von der Finanzgesellschaft AIR Worldwide auf bis zu 6,3 Milliarden Euro geschätzt.

    Wie wird die Stärke von Erdbeben gemessen?

    Bei der Messung von Erdbeben wird die Stärke der Bodenbewegung angegeben (Magnitude). Jeder Punkt bedeutet etwa eine Verzehnfachung der Bebenstärke. Ein Erdbeben der Magnitude 5,0 ist demnach zehnmal so stark wie eines mit 4,0. Anstelle der früher üblichen Richterskala werden mittlerweile mehrere Skalen parallel verwendet. Derzeit gilt die sogenannte Momentmagnitude als bestes physikalisches Maß für die Stärke eines Bebens. Weltweit treten jährlich etwa 50 000 Beben der Stärke 3 bis 4 auf. Etwa 800 haben die Stärken 5 oder 6 und ein Großbeben hat den Wert 8. Das heftigste bisher auf der Erde gemessene Beben hatte eine Magnitude von 9,5 und ereignete sich 1960 in Chile.

    Wie ist die Einteilung der Stärke?

    Stärke 1–2: nur durch Instrumente nachzuweisen; Stärke 3: nur in der Nähe des Epizentrums zu spüren; Stärke 4–5: 30 Kilometer um das Zentrum spürbar, leichte Schäden; Stärke 6: mäßiges Beben, Tote und schwere Schäden in dicht besiedelten Regionen; Stärke 7: starkes Beben, Katastrophen mit Todesopfern; Stärke 8: Großbeben mit vielen Opfern und schweren Verwüstungen.

    Wie hoch auf der Skala ist das aktuelle Erdbeben einzuordnen?

    Nach Angaben des Geophysikers Joachim Saul vom GFZ ist das Erdbeben in Japan eines der schwersten, die weltweit jemals gemessen wurden. „Es ist sicher unter den Top 5“, sagte er. Dazu gebe es jede Menge Nachbeben der Stärke 5 bis 6. Durch die starke Erschütterung sei ein rund 400 Kilometer langer Bruch in der Erdkruste entstanden. Dort habe sich zwar ein Großteil der Energie entladen. Aber nördlich und südlich des Segments sei die Spannung gestiegen. (AZ, dpa, afp, dapd)

    Wie ein Tsunami entsteht:

    Tsunamis gehören spätestens seit der Katastrophe in Südostasien 2004 zu den gefürchtetsten Naturkatastrophen. Unsere Grafik zeigt, wie sie entstehen können:

    1 Seebeben oder Vulkanausbruch löst Welle aus.

    2 Erschütterung pflanzt sich im offenen Meer fort.

    3 Welle wird zum Ufer hin abgebremst, baut sich immer mehr auf.

    4 Tsunami bricht an die Küste, erreicht bis zu 30 m Höhe.

    Im Gegensatz zu normalen Wellen, bei denen nur das Wasser an der Meeresoberfläche wogt, geraten bei einem Tsunami (japanisch: große Welle) auch die tiefen Wasserschichten in Bewegung. Mit gewaltiger Energie reißen die Monsterwellen Häuser und Schiffe mit sich fort. Sie können Tausende Kilometer über die Tiefsee zurücklegen, bis zu 900 Kilometern in der Stunde. Das höchste Risiko besteht wegen der großen Aktivität der Erdkruste rings um den Pazifik.

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