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Helmut Schmidt: Trauer um Altkanzler Schmidt: "Mach's gut Helmut. Und grüß Loki!"

Helmut Schmidt

Trauer um Altkanzler Schmidt: "Mach's gut Helmut. Und grüß Loki!"

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    Polizisten salutieren bei der Abfahrt des Bestattungsfahrzeugs, das den Sarg des verstorbenen Helmut Schmidt in Hamburg im Stadtteil Langenhorn aus dessen Haus abholt.
    Polizisten salutieren bei der Abfahrt des Bestattungsfahrzeugs, das den Sarg des verstorbenen Helmut Schmidt in Hamburg im Stadtteil Langenhorn aus dessen Haus abholt. Foto: Axel Heimken dpa

    Am Tag nach dem Tod von Helmut Schmidt haben Bundespräsident Joachim Gauck und Kanzlerin Angela Merkel in Berlin mit Einträgen in ein Kondolenzbuch ihrer Trauer um den Altkanzler Ausdruck gegeben. Vor dem Hamburger Rathaus standen Hunderte Bürger Schlange, um sich ebenfalls in ein

    Schmidts Leichnam wurde am Vormittag aus seinem Haus in Hamburg-Langenhorn gebracht. Als der Leichenwagen das Grundstück verließ, salutierten Polizeibeamte. 

    Ein letzter Gruß mit einer durchgeweichte Mentholzigarette, sowie Kerzen, Blumen und Fotos zum Gedenken an Altkanzler Helmut Schmidt liegen vor dem Rathaus in Hamburg.
    Ein letzter Gruß mit einer durchgeweichte Mentholzigarette, sowie Kerzen, Blumen und Fotos zum Gedenken an Altkanzler Helmut Schmidt liegen vor dem Rathaus in Hamburg. Foto: Christian Charisius dpa

    Gauck schrieb im Kanzleramt in Berlin nach Angaben des Bundespräsidialamtes: "Dank dem Staatsmann, der seinem, unserem Land mit Weitsicht, Entschlossenheit und der Leidenschaft zur Vernunft diente. Dank dem Bürger, der uns vorlebte, daß Verantwortung der Lebensatem der Demokratie ist." 

    Merkel äußerte sich "in tiefer Trauer und Respekt vor einem großen Staatsmann". Vor einem Ölbild des Altkanzlers schrieb auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) einige Zeilen in das in der Regierungszentrale ausgelegte schwarze Buch.

    Wie Regierungssprecher Steffen Seibert mitteilte, liegt das Kondolenzbuch bis Mittwoch nächster Woche im Kanzleramt aus. Auch im Willy-Brandt-Haus der SPD gibt es ein Kondolenzbuch zu Ehren des Sozialdemokraten, der am Dienstag im Alter von 96 Jahren im Kreis seiner Familie gestorben war. Nach einem Bericht der Zeitung "Die Welt" soll Schmidt in zwei bis drei Wochen bei einem Staatsakt in Hamburg gewürdigt werden.

    Internationale Reaktionen auf Helmut Schmidts Tod

    Der Tod von Altkanzler Helmut Schmidt beschäftigt die Medien weit über Deutschlands Grenzen hinaus. Eine Auswahl internationaler Reaktionen:

    Das war Helmut Schmidt

    Am 23. Dezember 1918 wird Helmut Heinrich Schmidt in Hamburg-Barmbek geboren.

    1939 bis 1945 kämpfte er als Soldat im Zweiten Weltkrieg.

    1942 heiratete er seine frühere Klassenkameradin Loki Glaser.

    1946 trat er in die SPD ein.

    Als Innensenator in Hamburg macht sich Schmidt 1962 einen Namen bei der Flutkatastrophe.

    1967 bis 1969 war Schmidt Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion.

    1969 bis 1972 war er Verteidigungsminister im ersten Kabinett von Willy Brandt.

    Im zweiten Kabinett von Brandt 1972 bis 1974 besetzte er den Posten des Finanzministers

    Nach dem Rücktritt Brandts wählte ihn der Bundeskanzler 1974 zum Bundeskanzler.

    Der Deutschen Herbst 1977 ist eine der größten Herausforderungen für Schmidt. Die RAF nimmt Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer als Geisel, die Lufthansa-Maschine „Landshut“ wird entführt. Schmidt gibt den Forderungen der Terroristen nicht nach. Schleyer wird ermordet.

    1982 wechselt die FDP die Seiten und Schmidt wird durch ein konstruktives Misstrauensvotum gestürzt. Neuer Kanzler wird Helmut Kohl (CDU).

    Schmidt wird 1983 Mitherausgeber der Wochenzeitung „Die Zeit“.

    2010 stirbt Ehefrau Loki mit 91 Jahren.

    Die Familie des ermordeten Arbeitgeberpräsidenten Schleyer macht offiziell ihren Frieden mit Schmidt. 36 Jahre nach Schleyers Tod verleiht sie ihm 2013 den Hanns-Martin-Schleyer-Preis.

    "Seine große Beliebtheit auch bei Deutschen, die ihn nie oder nur als Kinder als Bundeskanzler erlebt hatten, verdankte Schmidt gerade seiner unverblümten Art. Er war, nicht nur als Kettenraucher ohne Rücksicht auf Rauchverbote, das personifizierte Gegenteil der politischen Korrektheit und erfüllte so die Sehnsucht der Öffentlichkeit nach dem ehrlichen, unbequemen und durchaus autoritären Staatsmann." "Neue Zürcher Zeitung" (Schweiz)

    "Er war der Methusalem der deutschen Politik, und längst war Helmut Schmidt gerade für eine jüngere Generation trotz seines mitunter schroffen Tons zu einer Kultfigur avanciert. Da erhob sich einer eigenmächtig und kraft seiner Autorität über die Gesetze politischer Korrektheit." "Die Presse" (Österreich)

    "Helmut Schmidt erkannte das Machbare und handelte entschlossen. Er bezeichnete Vernunft und Gewissen als die wichtigsten Elemente politischer Entscheidung. Bis zuletzt blies er - stets auf unabhängiges Denken bedacht - dem Zeitgeist widerborstig den Rauch seiner Zigaretten ins Gesicht." "Salzburger Nachrichten" (Österreich)

    Eine Polizeieskorte wartet neben dem mit Kerzen und Blumen geschmückten Zaun am Haus des verstorbenen Alt-Bundeskanzlers Helmut Schmidt am  in Hamburg im Stadtteil Langenhorn auf die Abfahrt des Bestattungsfahrzeugs.
    Eine Polizeieskorte wartet neben dem mit Kerzen und Blumen geschmückten Zaun am Haus des verstorbenen Alt-Bundeskanzlers Helmut Schmidt am in Hamburg im Stadtteil Langenhorn auf die Abfahrt des Bestattungsfahrzeugs. Foto: Axel Heimken dpa

    "Während seiner Kanzlerschaft wurde Helmut Schmidt respektiert und von vielen auch gefürchtet - verehrt aber haben ihn die Deutschen erst im hohen Alter. (...) Von jener Beliebtheit, die Schmidt im hohen Alter entgegengebracht wurde, war er während seiner Kanzlerschaft übrigens weit entfernt: Umstritten war nicht nur sein atomfreundlicher Kurs, sondern auch sein Bemühen um den Nato-Doppelbeschluss." "Der Standard" (Österreich)

    "Seine offene Eitelkeit, große Schnauze und sein Mangel an politischer Korrektheit waren in den 50er und 60er Jahren in der deutschen Politik selten. Dass er später gerade für diese Eigenschaften geschätzt wurde, sagt viel über die Veränderung aus, die sich während der 96 Lebensjahre von Schmidt in der deutschen Gesellschaft vollzogen hat. Außerdem entpuppte sich ausgerechnet der Mann, der einst weit entfernt von Visionen war, rückwirkend als Visionär." "De Volkskrant" (Niederlande)

    "Helmut Schmidt war ein Visionär in der Wirklichkeit. (...) Von allen französisch-deutschen Paaren war das des ehemaligen Kanzlers mit dem früheren Präsidenten Valéry Giscard d'Estaing das aufrichtigste." "Le Monde" (Frankreich)

    "Es fällt schwer, über Helmut Schmidt zu schreiben, wenn er nicht mehr da ist. (...) Noch vor kurzem hat Deutschland, den Atem anhaltend, seinen Worten gelauscht und seine neuen Bücher erwartet. Schmidt war das Symbol und Gewissen der Nation, der Kriegs- und der Nachkriegsgeneration der Bundesrepublik. Er war das Metronom, anhand dessen, das kann man sagen, Deutschland seine Schritte maß." "Rossijskaja Gaseta" (Russland) 

    "Deutschland und Europa haben einen der großformatigsten Politiker der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts verloren. Einen Sozialdemokraten, einen echten Staatsmann, den man in der Bundesrepublik als den "Weisen der deutschen "Nepszabadsag" (Ungarn)

    "Das Wort Legende wird nach dem Tod vieler Staatsmänner gebraucht, aber bei Helmut Schmidt gibt es dafür gute Gründe. Zum Jahrgang 1918 gehörend, war er eine lebende Chronik des 20. Jahrhunderts. (...) Als Kanzler wurde er zu einem Symbol Westdeutschlands, das für uns in der sozialistischen Tschechoslowakei die Verkörperung aller unserer Sehnsüchte war."  "Lidove noviny" (Tschechien)

    "Schmidt war nicht nur hervorragend in der Kunst der Politik und Staatsführung; er wusste das auch, und er stellte sicher, dass dies  jedermann bewusst wurde. (...) Er leugnete jedes Verlangen nach Macht und Wohlstand, gierte aber nach öffentlicher Anerkennung." "The Guardian" (Großbritannien)

    "Helmut Schmidt (...) dominierte als deutscher Bundeskanzler in den 70er Jahren die europäische Bühne wie kein anderer Politiker. (...) Er war besonders verletzt, dass Helmut Kohl, ein Mann mit sehr viel weniger offensichtlichen Talenten, ihn durch politische Heimtücke des liberalen Koalitionspartners und nicht durch die Wahlurne stürzen sollte." "The Telegraph" (Großbritannien)

    "Helmut Schmidt - der Kanzler, der Europa stärkte. Er setzte die - von Willy Brandt eingeleitete - Politik der Entspannung mit der Sowjetunion fort und trieb den Aufbau des Europäischen Währungssystems voran. Er hinterlässt in seinem Land eine Lücke, die nicht zu schließen ist." "El Mundo" (Spanien)

    "Wenn Willy Brandt Deutschland dazu gebracht hatte, Frieden mit der Welt zu machen, war Helmut Schmidt der sozialdemokratische Kanzler, der sein Land in die wirtschaftliche Führungsmacht Europas verwandelte. Ihm ist faktisch die Erfindung des von ihm selbst so bezeichneten "Modells Deutschland" zuzuschreiben." "La Repubblica" (Italien)

    "Schmidts Lebensgeschichte zeichnete praktisch die deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts nach. Er wurde als Sohn der Hamburger Arbeiterklasse nach der erniedrigenden Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg geboren. Er erlebte den Aufstieg der Nationalsozialisten, trat der Hitlerjugend bei, und diente in Hitlers Wehrmacht - wobei er seinen jüdischen Großvater nicht erwähnte - um dann auf der politischen Bühne zu erscheinen, als Deutschland nach dem Krieg geteilt war." "New York Times" (USA)

    "Obwohl die Bundesrepublik in ihren frühen Jahren mit Konrad Adenauer, Ludwig Erhard und Willy Brandt drei weltweit geachtete Kanzler hatte, war es Schmidt, der vielerorts als der fähigste Kanzler galt. Er verkörperte die Wandlung Westdeutschlands auf dem Wege zu einer durchsetzungsstarken, selbstbewussten und unabhängigen Politik." "Washington Post" (USA) dpa/AZ

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