Im Ländle rührt sich was. Denn "HAL" ist ein ungewöhnlicher "Tatort"-Beitrag, der im August letzten Jahres zum ersten Mal ausgestrahlt wurde. Er ist sehenswert. Weil es nicht nur um einen Mord an der Escort-Dame Elena Stemmle geht, die auch für die Software-Firma Bluesky arbeitet. Und zu Tode kommt, was die erst mal schimmerlosen Stuttgarter Ermittler Thorsten Lannert (Richy Müller) und Sebastian Bootz (Felix Klare) in Rätsel stürzt.
Es geht auch um die Angst vieler Menschen vor totaler Überwachung. Und um den Bluesky-Guru David Bogmann (beeindruckend gespielt von Ken Duken), der mit einem autoritären, selbstlernenden Programm das Gewaltverhalten künftiger Gesellschaften erkunden will. Zu unser aller Sicherheit vor Terrorismus. Wer hat die Macht über unsere Daten? Nicht der Zauberlehrling. Irgendwann erkennen die Cops, wie Bogmann und die coole Geschäftsführerin Mea Welsch (Karoline Eichhorn) sich in Widersprüche verwickeln.
"Tatort" heute: "HAL" ist faszinierend wie Kino
Der Sender betont, dass die Geschichte in naher Zukunft spielt. Was ein wenig so klingt, als wolle er sich entschuldigen für einen "Tatort", der mehr tolles, stylisches Science-Fiction-Kino – halt mit TV-Möglichkeiten – ist als Krimi. Inklusive expressionistisch anmutender Hochhaus-Optik.
Regisseur Niki Stein inszeniert das Future-Drama in so intensiven Bildern und Handlungs-Twists, dass es im Kopf Klick macht. Freilich stand der SF-Klassiker "2001: Odyssee im Weltraum" von Stanley Kubrick Pate mit seinem Computer "HAL". Wobei damit IBM gemeint war, wenn man jeweils einen Buchstaben nach hinten rückt.
"HAL" wird auf vielen Wohnzimmersofas für Ablehnung sorgen – bei den Sonntagabend-Wohlfühl-Fans wie bei akribischen IT-Experten. Aber ungeachtet aller filmischen und literarischen Anspielungen ist der Krimi (?) faszinierend wie Kino. Trotz dramaturgischer Ungereimtheiten auch verständlich. Weil Bootz seinem älteren Kollegen die Problematik volkshochschulmäßig erklärt.