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Großbritannien: Vergewaltigungsverdacht: Großbritannien hat ein Polizeiproblem

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Vergewaltigungsverdacht: Großbritannien hat ein Polizeiproblem

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    Tausende männliche Beamte tauschten regelmäßig frauenfeindliche sowie homophobe Inhalte in sozialen Medien aus.
    Tausende männliche Beamte tauschten regelmäßig frauenfeindliche sowie homophobe Inhalte in sozialen Medien aus. Foto: J. Walton/PA Wire, dpa (Symbolbild)

    Die Fotos, die von dem beschuldigten Polizisten kursieren, zeigen einen sympathisch aussehenden Mann. Doch die Vorwürfe, die gegen den 46-Jährigen aus Stevenage, einer Stadt nördlich von London, laut werden, zeichnen ein anderes Bild: Der Polizist soll eine Frau vergewaltigt haben, die er im September 2020 über eine Dating-App kennenlernte. Und: Er gehört derselben britischen Elite-Einheit an wie einst Wayne Couzens.

    Dieser war erst vergangene Woche wegen des Mordes an der 33-jährigen Sarah Everard und wegen Missbrauchs seines Amts zu einem Leben im Gefängnis verurteilt worden. Beide Fälle haben in Großbritannien große Diskussionen ausgelöst, und die Furcht, dass es hier um mehr gehen könnte – um den Ausdruck einer allgemeinen Haltung bei der Polizei gegenüber Frauen und Minderheiten.

    Polizisten teilen misogyne und rassistische Inhalte in WhatsApp-Gruppe

    Dafür spreche unter anderem, dass Couzens Mitglied einer von britischen Beamten genutzten WhatsApp-Gruppe war, in der misogyne und rassistische Inhalte geteilt wurden, hieß es. Ermittler fanden heraus, dass die Gruppe schon im März 2019 existierte, und damit zwei Jahre vor dem Mord an Everard. Eine Recherche der Zeitung Daily Mail ergab außerdem, dass tausende männliche Beamte regelmäßig fremden- und frauenfeindliche sowie homophobe Inhalte in sozialen Medien austauschten – ohne dafür irgendwelche Sanktionen zu erfahren. In der Öffentlichkeit erhärtet sich so der Verdacht, dass man sich innerhalb der britischen Polizei gegenseitig deckt.

    Dazu passen auch die Erfahrungen einer früheren Beamtin aus dem englischen Nottinghamshire. Sie sagte der Zeitung Times, dass es für viele männliche Beamte völlig normal gewesen sei, während des Dienstes Sex zu haben, und berichtete außerdem, dass sie von einem Vorgesetzten sexuell belästigt worden sei. „Die Metropolitan Police muss mehr tun, um das zerstörte Vertrauen der Öffentlichkeit wieder zurückzuerlangen.“

    Strukturelles Problem bei britischer Polizei

    Nicht weit von Nottinghamshire entfernt versuchte Innenministerin Priti Patel im Rahmen der jährlichen Konferenz der Konservativen diese Woche genau dies. Auf dem Podium in Manchester sagte sie in Richtung ihrer Parteikollegen: „Die Menschen in Großbritannien wollen eine Regierung, die auf ihrer Seite ist und die für ihre Sicherheit sorgt.“ Sie sprach von einem strukturellen Problem, dass es bei der britischen Polizei gebe – und kündigte an, eine Untersuchungskommission einberufen zu wollen. Diese solle unter anderem herausfinden, ob man das Verbrechen an Sarah Everard hätte verhindern können. Außerdem solle sich die Arbeitsatmosphäre im Polizeidienst verbessern. Hierzu plane sie, mehr Frauen einzusetzen.

    Kritikern, Aktivistinnen und Betroffenen geht das nicht weit genug. Sie fordern, dass Frauenfeindlichkeit im Königreich als eine Form der Hasskriminalität gelten muss. Sowohl Premier Boris Johnson als auch Justizminister Dominic Raab lehnten das aber bereits ab: Man müsse geltendes Recht umsetzen, statt neue strafbare Handlungen zu definieren, sagte Raab.

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