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Großbritannien: Eltern geben juristischen Streit um todkrankes Baby Charlie auf

Großbritannien

Eltern geben juristischen Streit um todkrankes Baby Charlie auf

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    Das von der Familie zur Verfügung gestellte Foto zeigt Charlie in der Kinderklinik in London.
    Das von der Familie zur Verfügung gestellte Foto zeigt Charlie in der Kinderklinik in London. Foto: Family of Charlie Gard (dpa)

    Die Eltern des schwerkranken britischen Säuglings Charlie Gard haben den juristischen Streit um das Schicksal ihres Kindes nach fünf Monaten aufgegeben. Das sagte der Anwalt der Eltern, Grant Armstrong, am Montag in London. Die schlimmsten Befürchtungen der Eltern bezüglich des Gesundheitszustandes des Kindes hätten sich bestätigt: "Es ist jetzt zu spät, Charlie zu behandeln."

    Die Ärzte hatten keine Hoffnung mehr für Baby Charlie

    Ein weiterer Kampf würde Charlie nur Schmerzen verursachen. "Dunkle Tage liegen hinter den Eltern", sagte der Anwalt. 

    Charlie leidet an einer seltenen genetischen Erkrankung, in der Fachsprache mitochondriales DNA-Depletionssyndrom (MDDS), wobei insbesondere das Gehirn in Mitleidenschaft gezogen wird. Das elf Monate alte Kind muss künstlich beatmet und ernährt werden. Charlie kann sich nicht bewegen, ist gehörlos und hat epileptische Störungen.

    Die Ärzte des Babys im Londoner Great-Ormond-Street-Krankenhaus hatten sich dafür ausgesprochen, dass der Junge in Würde sterben soll. Seine Eltern wollten ihn dagegen für eine experimentelle Therapie in die USA bringen, die allerdings bei Charlies Erkrankung noch nie ausprobiert worden waren - nur bei milderen Verläufen. Sie hatten dafür bereits rund 1,5 Millionen Euro an Spenden gesammelt, um den Krankentransport und die Behandlung finanzieren zu können. 

    Der Fall Baby Charlie: Eine Chronologie

    4. August 2016: Charlie Gard wird geboren. Er leidet an einer seltenen Erbkrankheit, die zu Muskelschwund und Hirnschäden führt. Der Junge kann in der Folge ohne Hilfe weder atmen noch seine Arme und Beine bewegen, sein Gehirn ist stark geschädigt.

    11. April 2017: Ein Gericht in London ordnet gegen den Willen der Eltern einen Behandlungsstopp für Charlie an. Es folgt einem Antrag der behandelnden Ärzte. Der Junge solle in Würde sterben können. Das Urteil wird danach durch alle britischen Instanzen bestätigt.

    27. Juni: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte weist eine Beschwerde der Eltern als unzulässig ab. Die britischen Gerichte hätten den Fall akkurat und sorgfältig geprüft.

    30. Juni: An diesem Tag sollen die lebenserhaltenden Maßnahmen abgestellt werden. Das behandelnde Great-Ormond-Street-Krankenhaus lässt den Eltern allerdings noch etwas länger Zeit für den Abschied.

    7. Juli: Nach neuen Expertenmeinungen fordert die Klinik die erneute gerichtliche Prüfung einer möglichen Auslandstherapie für Charlie.

    10. Juli: Es beginnen neue Anhörungen vor einem britischen Gericht. Es muss entscheiden, ob die neuen Gutachten die Aufhebung eines früheren Urteils rechtfertigen. 

    24. Juli: Kurz vor einem möglichen Urteil geben die Eltern ihren juristischen Streit auf.

    28. Juli: Baby Charlie stirbt in einem Kinderhospiz. Der Junge wurde nicht einmal ein Jahr alt.

    Der Rechtsstreit durchlief alle Instanzen bis hin zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Bereits Ende Juni sollte Charlies Beatmung eingestellt werden, doch die Eltern erbaten Aufschub, um von ihrem Sohn Abschied zu nehmen. 

    Das Schicksal von Baby Charlie berührte Menschen weltweit

    Anfang Juli kündigte das Great-Ormond-Street-Hospital an, den Fall nochmals gerichtlich überprüfen zu lassen. Anlass waren die Zuschriften mehrerer Experten, die angaben, neue Erkenntnisse über die Chancen einer experimentellen Therapie vorlegen zu können.

    Der Fall hatte international Schlagzeilen gemacht, sogar Papst Franziskus und US-Präsident Donald Trump hatten sich dazu geäußert. Krankenhäuser in den USA und Italien hatten angeboten, Charlie weiter zu behandeln. 

    Das Great-Ormond-Street-Krankenhaus klagte zuletzt über Belästigungen und sogar Morddrohungen durch Unterstützer der Eltern gegen Ärzte und Krankenschwestern. dpa

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