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Grefrath: Mircos Eltern kommen nicht zur Trauerfeier

Grefrath

Mircos Eltern kommen nicht zur Trauerfeier

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    Trauer um den toten Mirco in Grefrath.
    Trauer um den toten Mirco in Grefrath. Foto: obe fdt tig mg

    Für den ermordeten Mirco soll es am Donnerstag in seinem Heimatort in Grefrath eine öffentliche Trauerfeier geben. Mircos Eltern werden voraussichtlich nicht kommen, wie das Hamburger Abendblatt berichtet.

    Die Trauerfeier im niederrheinischen Grefrath soll in der katholischen Kirche stattfinden. Darauf habe man sich bei einem Gespräch mit der Familie verständigt, sagte Pfarrer Norbert Selent. Die Eltern werden voraussichtlich nicht kommen - sie müssen das Unfassbare jetzt erst langsam verarbeiten.

    Die Familie werde sich ein paar Tage zurückziehen, hieß es, um zu versuchen, mit der Situation fertig zu werden.

    Wann Mirco beerdigt wird, ist derzeit noch unklar. Die Anteilnahme wird groß sein: Auch die Polizisten, die monatelang nach dem Jungen gesucht haben, wollen Abschied nehmen. "Wir werden alle zu Mircos Beerdigugn gehen", sagte Ingo Thiel, Leiter der Soko Mirco.

    Dass ausgerechnet Mirco ermordet wurde, war Zufall. Fast fünf Monate lang hat eine Sonderkommission der Polizei nach dem Zehnjährigen gesucht. Nun ist klar, dass er tot ist. Seit der Pressekonferenz am vergangenen Freitag ist auch der Ablauf des Mordes bekannt.

    "Er hatte absolutes Pech", rutscht Ingo Thiel zwischen viel Amtsdeutsch irgendwie über die Lippen. Ein bisschen erschrickt er selbst über diesen Satz. Aber er nimmt ihn nicht zurück. "Mirco war ein Zufallsopfer", sagt er dann. Und bei der Pressekonferenz, die mehrere Fernsehsender live übertragen, sagt Thiel auch, warum der Bub sterben musste: weil der Mörder "Stress in der Arbeit" hatte.

    Der Täter, Olaf H., galt als "treu sorgender Familienvater"

    Olaf H. heißt der Mann, der Mirco entführt, sexuell missbraucht und getötet hat. Er ist 45, zum dritten Mal verheiratet und selbst Vater von drei Kindern, 17, 14 und zwei Jahre alt. Olaf H. lebt in Schwalmtal, etwa 15 Kilometer von Grefrath entfernt. Er "mag seinen Garten", hat "keine besonderen Hobbys" und "ist in keinem Verein". Bei den Nachbarn gilt er "als treu sorgender Familienvater", sagt Thiel. Olaf H. ist nicht vorbestraft. Dass er pädophile Neigungen habe, glauben die Ermittler nicht. Zweimal, sagt Ingo Thiel, sei Olaf H. von einer Radarfalle geblitzt worden, weil er zu schnell gefahren ist. Das sei alles, was die Polizei offiziell über ihn vermerkt hatte. Bisher.

    Jetzt hat der Familienvater den Mord an Mirco gestanden und die Beamten zu dessen Leiche geführt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Freiheitsberaubung, sexuellen Missbrauchs und Mord.

    Stundenlang haben die Beamten Olaf H. seit seiner Festnahme am Mittwochmorgen vernommen. Und Olaf H. hat geredet, stundenlang. So haben die Ermittler herausgefunden, was genau passierte in jener lauen Septembernacht vor knapp fünf Monaten, in der Mirco verschwand.

    In der Nacht, in der er Mirco tötete, war Olaf H. "gestresst". Sein Chef hatte ihn angerufen, hatte ihn "zusammengefaltet", wie Thiel es formuliert. Deshalb suchte Olaf H. nach einem Ventil, um sich abzureagieren. Also fuhr er durch die Gegend um Grefrath - in einem geleasten Firmenfahrzeug, dem dunklen VW Passat Kombi, den Zeugen später der Polizei beschrieben.

    Seiner Frau hatte Olaf H. gesagt, er sei mit Freunden unterwegs. "Er brauchte jemanden, den er kontrollieren konnte", versucht Thiel die Motive des Täters zu erklären. "Es ging darum, einen Menschen in seiner Gewalt zu haben und Macht über ihn auszuüben." Dann sah Olaf H., wie Mirco auf seinem Fahrrad die Straße entlang radelte. An einem Feldweg lauerte er ihm auf.

    In den Monaten nach der Tat lebte Olaf H. "unauffällig" weiter

    Er sperrte das Kind in seinen Wagen und fuhr mit ihm los. In einem Waldstück, ein paar Kilometer weiter, hielt er an. Er zog Mirco aus und verging sich an ihm. Dann tötete er den Zehnjährigen. Er legte die Leiche auf den Boden und deckte sie ab.

    Wie Olaf H. das Kind umbrachte, will Thiel nicht sagen. Das müsse die Obduktion in den nächsten Tagen ergeben, erklärt er. Der Tatort sei außerhalb des Geländes, in dem die Polizei nach Mirco gesucht hatte. 50 Quadratkilometer waren in den vergangenen Monaten von zeitweise 1000 Helfern gleichzeitig durchkämmt worden - das Gebiet sei nach dem Ort definiert worden, an dem das Handy des Kindes zuletzt geortet worden war. Die Leiche aber lag etwa sechs Kilometer neben dem durchsuchten Bereich.

    Der Täter lebte in all den Monaten "unauffällig" weiter. Er habe immer darauf gewartet, dass die Polizei bei ihm vor der Haustür steht, erzählte Olaf H. den Beamten. Und er habe auch darüber nachgedacht, sich freiwillig zu stellen. "Aber dafür", sagt Thiel, "war er zu feige." AZ, Karin Seibold

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