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Grafiken: Grafiken zeigen: Nobelpreis-Gewinner nach Herkunftsland und Geschlecht

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Grafiken zeigen: Nobelpreis-Gewinner nach Herkunftsland und Geschlecht

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    Das Bild von Alfred Nobel prägt seit jeher die Verleihung des Nobelpreises: ein alter, weißer Mann.
    Das Bild von Alfred Nobel prägt seit jeher die Verleihung des Nobelpreises: ein alter, weißer Mann. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Was haben Wilhelm Conrad Röntgen, Emil von Behring, Sully Prudhomme und Henry Dunant gemeinsam? Sie alle haben 1901 bei der ersten Verleihung den Nobelpreis erhalten - und sie alle sind männlich, alt und weiß.

    Nun könnte man meinen, nach Emanzipations- und Feminismusbewegungen wäre eine Nobelpreisverleihung im Jahr 2021 diverser. Doch Frauen werden in wissenschaftlichen Bereichen noch immer kaum berücksichtigt.

    Bei der diesjährigen Verleihung war es nicht anders: Den Nobelpreis für Physik erhielten drei Männer, für Chemie und Medizin je zwei Männer und der Literaturnobelpreis ging mit Abdulrazak Gurnah ebenfalls an einen Mann. Lediglich beim Friedensnobelpreis war neben Dmitri Muratow mit der Journalistin Maria Ressa eine Frau vertreten.

    „Dieses Jahr ist es schon sehr enttäuschend“, sagt Andrea Löther, kommissarische Leitung vom Kompetenzzentrum Frauen in Wissenschaft und Forschung (CEWS) in Köln. Sie hat die Nobelpreisvergabe intensiv verfolgt und zeigt sich sichtlich enttäuscht darüber, dass keine Frau im wissenschaftlichen Bereich ausgezeichnet wurde. „Es war ja nicht so, als hätte es keine Kandidatinnen gegeben“, sagt Löther. In den vergangenen Jahren sei der Anteil an Forscherinnen weltweit gestiegen, trotzdem wurden nur Männer ausgezeichnet.

    Was sich Jahr für Jahr auch zeigt, ist die Dominanz von hauptsächlich amerikanischen, aber auch britischen und deutschen Wissenschaftlern, die in den wissenschaftlichen Bereichen den Nobelpreis gewinnen.

    „Ich gehe sicherlich davon aus, dass die Männer, die den Preis bekommen haben, ihn auch verdient haben. Aber es hätte eben auch Frauen gegeben, die ihn sich verdient hätten.“ Das sei auch in der Vergangenheit so gewesen. „Lise Meitner beispielsweise war maßgeblich an der Entdeckung der Kernspaltung beteiligt. Da sie jedoch eine Frau und Jüdin in Deutschland war, wurde sie nicht berücksichtigt und stattdessen hat ihn ihr Kollege Otto Hahn erhalten.“

    Ein anderes Beispiel sei Jocelyn Bell Burnell gewesen. Die Astrophysikerin hat 1967 das Signal eines Neutronensterns entdeckt. „Den Nobelpreis hat aber ihr Doktorvater bekommen“, erzählt Löther. Auch in weiteren Bereichen seien Frauen übergangen worden und stattdessen hätten Männer profitiert.

    Leistungen von Frauen würden nicht anerkannt werden

    Die Leistungen von Frauen werden laut Löther nicht wahrgenommen, nicht anerkannt und sie sind nicht sichtbar. Genau diese fehlende Sichtbarkeit habe sich 2018 bei der Physik-Nobelpreisträgerin Donna Strickland gezeigt: „Erst nachdem sie den Nobelpreis gewonnen hat, wurde ihre Biografie auf Wikipedia veröffentlicht.“

    Andrea Löther ist kommissarische Leiterin des Kompetenzzentrums Frauen in Wissenschaft und Forschung (CEWS).
    Andrea Löther ist kommissarische Leiterin des Kompetenzzentrums Frauen in Wissenschaft und Forschung (CEWS). Foto: Christian Kolle

    Es gebe zwar Frauen in der Wissenschaft, doch Männer gebe es noch immer deutlich mehr. Für Löther sei das ein gesellschaftliches und strukturelles Problem. „In vielen Ländern, auch in Deutschland, ist noch immer das traditionelle Familienbild verankert: Frauen kümmern sich um die Kinder und dadurch ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht gegeben.“ Diese Stereotypen würden nur langsam abgebaut werden.

    Karrierestrukturen in der Wissenschaft nach dem Prinzip "Alles oder Nichts"

    Zudem gebe es in vielen Ländern in der Wissenschaft Karrierestrukturen, die dem Prinzip „Alles oder Nichts“ folgen. „Das heißt dann so viel wie: Entweder bekomme ich eine Professur oder ich muss von Hartz IV leben“, sagt Löther. Das führe dazu, dass viele Frauen – zum Teil auch Männer – aussteigen, weil sie sich nicht auf diese Karrierestrukturen einlassen wollen.

    Zusätzlich zu strukturellen und gesellschaftlichen Problemen gebe es noch immer weniger Frauen in der Wissenschaft aufgrund eines Gerechtigkeitsproblems. "Wissenschaft ermöglicht den Zugang zu Ressourcen, zu beruflichen Möglichkeiten und wenn dort Ausschlussmechanismen sind, ist es ein Gerechtigkeitsproblem." Doch es wäre so wichtig, mehr Diversität in Forschungsteams zu bringen, sagt Löther. "Denn fehlt der Blick aus einer anderen Perspektive, kommen zum Teil Ergebnisse heraus, die nicht repräsentativ für die Gesellschaft sind.“

    Initiativen und Programme zur Förderung von Frauen in der Wissenschaft

    Doch was kann man dagegen tun? Konkrete Maßnahmen gebe es viele: In Deutschland soll das Professorinnenprogramm des Bundes und der Länder einerseits die Zahl der Professorinnen erhöhen und andererseits die Gleichstellungsstrukturen an Hochschulen stärken.

    „Und einiges wird bereits getan“, sagt Löther. In Deutschland und der EU werde seit etwa 30 Jahren mehr Frauenförderung betrieben. Gleichstellungspolitik an Hochschulen soll zudem dazu beitragen, mehr Frauen in die Forschung zu holen. Wichtig für Löther ist auch das sogenannte „Gender-Wissen“. Die Menschen müssten über strukturelle Diskriminierung und Geschlechterstereotype reflektieren, so Löther. „Das macht man als Frau oder Mann nicht automatisch, sondern muss erst darüber nachdenken.“

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