Was für ein Jahr: Menschen mussten wochenlang zu Hause bleiben, konnten Freunde und Familie nicht treffen, viele fürchten um ihre berufliche Existenz – oder haben sie bereits verloren. Mancher blickt sehnsüchtig in Richtung Silvester – und damit dem Ende des Corona-Jahres hingegen. Nun gibt eine jährliche Untersuchung einen Aufschluss darüber, ob das Virus die Deutschen unzufrieden macht - und wenn ja, wie sehr.
Trotz erheblicher durch die Pandemie bedingter Einschnitte in das gesellschaftliche, wirtschaftliche und private Leben sei das Glücksniveau in Deutschland relativ moderat zurückgegangen, heißt es von den Autoren des Glücksatlas 2020. Es ist die zehnte Erhebung dieser Art. Der Atlas belege, dass die Lebenszufriedenheit der Bevölkerung im Krisenjahr 2020 auf einer Skala von 0 bis 10 aktuell bei 6,74 Punkten liegt. Damit sank er im Vergleich zum Vorjahr um sechs Prozent. Damals erreichte der Wert mit 7,14 Punkten das Allzeithoch.
Im Glücksatlas gehen Wissenschaftler der Frage nach dem Glücksniveau in Deutschland jedes Jahr auf den Grund. Die Untersuchung im Auftrag von Deutsche Post DHL gibt einen Überblick darüber, wie glücklich die Menschen in Deutschland und seinen Regionen sind. Besonders achten die Forscher dabei darauf, wie zufrieden die Menschen im Allgemeinen, mit ihrer Wohnung und Freizeit, ihrem Arbeitsplatz, ihrer Gesundheit und ihrem Einkommen sind.
Glücksatlas 2020: Zufriedenheit der Bayern sinkt
Auch in Bayern sank die Zufriedenheit laut dem Glücksatlas deutlich. Bislang wurde der Freistaat in Franken und Südbayern getrennt untersucht. Der Wert für Südbayern lag 2019 bei 7,26, in Franken bei 7,27. Heuer liegt nur eine Zahl für das gesamte Bundesland vor – sie beträgt 6,81. Damit sank der Zufriedenheitswert wie auf Bundesebene um rund sechs Prozent. Bayern liegt wie 2019 auf dem fünften Platz.
Glücks-Spitzenreiter bleibt der Norden Deutschlands. Schleswig-Holstein und Hamburg teilen sich mit 6,92 den Spitzenplatz. Der Osten hat indes aufgeholt und liegt bei der Zufriedenheit mittlerweile mit dem Westen gleichauf, auch wenn Thüringen den Schnitt als bundesweites Schlusslicht nach unten zieht. Ein Grund für das bessere Abschneiden des Ostens liegt darin, dass die ostdeutschen Bundesländer von der Corona-Pandemie deutlich schwächer betroffen sind, wie die Forscher vermuten.
Viele sind laut dem Glücksatlas unzufrieden mit ihrer Arbeit
80 Prozent der Befragten waren froh während der Corona-Krise in einem Land wie Deutschland zu leben. Auf die verschiedenen Bevölkerungsgruppen hat die Pandemie allerdings unterschiedlich starke Auswirkungen: Frauen büßen mit minus 0,47 Punkten deutlich mehr an Lebenszufriedenheit ein als Männer mit minus 0,33. Als Folge von Kurzarbeit und Homeoffice sagen 32,2 Prozent der Befragten, dass sich ihre Arbeitszufriedenheit in dieser Zeit eher verringerte. Bei Frauen ist der Effekt deutlicher ausgeprägt als bei Männern. Trotz der großen Unsicherheit, wie die Pandemie weiter verlaufen wird, gehen die meisten Deutschen allerdings davon aus, dass ihre Lebenszufriedenheit bereits im kommenden Jahr wieder ein ähnlich hohes Niveau wie im Vorjahr erreichen wird.
Besonders untersucht haben die Wissenschaftler beim diesjährigen Glücksatlas die Zufriedenheit im Zusammenhang mit ökologischer Verantwortung und nachhaltigem Konsum. So machen sich 70 Prozent der Deutschen langfristig mehr Sorgen um den Klimawandel als um die Bekämpfung des Corona-Virus. Genausoviele gaben an, dass es ihnen ein gutes Gefühl gibt, ein Produkt zu kaufen, das nachhaltig hergestellt wurde.
Die Sorgen vor dem Klimawandel in der Bevölkerung passen nicht zum Verhalten der Menschen, wie die Wissenschaftler konstatieren: Die Mehrpreis-Akzeptanz für nachhaltige Produkte ist eher gering. So sind nur 14 Prozent der Deutschen bereit, für nachhaltige Lebensmittel viel mehr Geld auszugeben, bei nachhaltig produzierter Kleidung sind es nur 10 Prozent, für eine umweltschonende Urlaubsreise nur 9 Prozent.
Glücksatlas 2020: Ältere leben ressourcenschonender als Jüngere
Jung und Alt praktizieren nachhaltigen Konsum auf unterschiedliche Art und Weise. Während ältere Menschen eher ressourcenschonend leben, aber seltener für nachhaltige Produkte mehr zahlen möchten, sind jüngere Menschen weniger bereit zum Verzicht, aber eher gewillt, mehr auszugeben. Viele wollen sich in der Krise auf das Wesentliche im Leben besinnen. So meinen 83 Prozent der Befragten, die Krise hätte ihnen gezeigt, dass ihnen Familie und Freunde wichtig sind. 60 Prozent meinen, dass sie weniger zum Leben brauchen und 43 Prozent haben vor, nach der Krise einige Aktivitäten wie Shoppen, Restaurantbesuche oder Reisen einzuschränken.
Die Daten für den Glücksatlas 2020 stammen von einer Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach vom März bis Juni 2020 mit 4660 repräsentativ Befragten ab 16 Jahren. Um statistisch gesicherte Fallzahlen zu erhalten, wurden diesmal Regionen zusammengelegt, etwa die bisherigen Regionen Nordrhein/Köln, Nordrhein/Düsseldorf und Westfalen zu NRW. Zudem befragte das Berliner Meinungsforschungsinstitut Ipsos insgesamt 2000 Deutsche zwischen 18 und 65 Jahren (computergestützte Online-Befragung), in welchem Zusammenhang Einstellungen und Handlungen der Bevölkerung zum Thema Nachhaltigkeit und Konsum mit der subjektiven Lebenszufriedenheit stehen. (mit pm)
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