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Gesundheit: Wetter-Extreme: Öfter krank dank Klimawandel?

Gesundheit

Wetter-Extreme: Öfter krank dank Klimawandel?

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    Wetter und Gesundheit - ein spannendes Thema, das in Zeiten des Klimawandels immer wichtiger wird. An der Berliner Charité werden Erkenntnisse dazu gesammelt und weitergegeben.
    Wetter und Gesundheit - ein spannendes Thema, das in Zeiten des Klimawandels immer wichtiger wird. An der Berliner Charité werden Erkenntnisse dazu gesammelt und weitergegeben.

    Ein echtes Gesundheitsrisiko bedeuten Hitze- oder Kältewellen, mit denen wir infolge des Klimawandels vermehrt rechnen müssen, für gesunde Erwachsene zwar nicht. Bei kranken oder alten Menschen, bei kleinen Kindern und sozial Benachteiligten sieht das jedoch anders aus: „Sie leiden besonders stark unter Temperaturextremen“, sagt der Allergologe Professor Karl-Christian Bergmann von der Berliner Charité. Diese Gruppen vor den Folgen des

    Bakterien und Viren profitieren von der Wärme

    Die Initiative, die vom Bundesumweltministerium gefördert wird, bereitet Informationen zum Thema Gesundheit und Klimawandel für Ärzte und Pflegekräfte auf. Sie ist ein gemeinsames Projekt der Charité, der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst und der Europäischen Stiftung für Allergieforschung. „Wir möchten alles zu diesem Thema, was bekannt und wirklich gesichert ist, sammeln und zugänglich machen“, berichtet Bergmann. Das Bildungsprogramm ist auch ein politisches Instrument: Es gehört zur „Deutschen Anpassungsstrategie“, mit der die Bundesregierung den Folgen des Klimawandels begegnen will.

    Die Beiträge kann man online einsehen (www.klimaanpassungsschule.de), außerdem wird im Oktober ein Fortbildungsprogramm für Mediziner starten. Das soll ihnen helfen, den Folgen von Wetterextremen vorzubeugen – beziehungsweise angemessen auf sie zu reagieren. Das Thema ist weit gefächert.

    Daher arbeitet Bergmann mit Kollegen ganz verschiedener Fachrichtungen zusammen: unter anderem mit Parasitologen, Infektiologen und Hautärzten. Denn die globale Erwärmung kann auf ganz unterschiedliche Weise die Gesundheit beeinflussen: Unter anderem besteht das Risiko, dass neue Infektionskrankheiten in Deutschland zum Problem werden. In Süddeutschland wurde in den vergangenen Jahren mehrfach die asiatische Tigermücke gesichtet – eine tropische Art, die Krankheiten wie das Chikungunya- und Gelbfieber übertragen kann.

    Neue Mückenarten tragen gefährliche Erreger

    Infolge des Temperaturanstiegs könnte sich diese Mücke hierzulande etablieren und möglicherweise gefährliche Erreger übertragen. Bestimmte Bakterien und Viren profitieren aber auch direkt von der Wärme: Zum Beispiel verbessern sich die Lebensbedingungen für Salmonellen, sodass bei hohen Temperaturen die Gefahr von Lebensmittelinfektionen steigt.

    Schlechte Zeiten kommen außerdem auf Allergiker zu: Durch die Klimaerwärmung verlängert sich die Heuschnupfen-Saison. Vor allem die Pollen von Haselnuss, Erle und Birke treten Bergmann zufolge früher im Jahr und auch oft in höheren Konzentrationen auf. In Städten ist die Belastung größer als auf dem Land – wahrscheinlich auch dadurch, dass die Allergene durch den Straßenverkehr aufgewirbelt werden. Andere Faktoren wie Luftschadstoffe verschlimmern allergische Symptome oft noch.

    Auch Schimmelpilze gedeihen bei Wärme besser

    Bei Wärme und Feuchtigkeit gedeihen Schimmelpilze – daher gehören auch sie zu den Gewinnern des Klimawandels. Für Allergiker entstehen dadurch weitere Probleme: Sowohl draußen als auch drinnen könnten vermehrt Pilzsporen unterwegs sein und die Atemwege reizen. Infolge des Juni-Hochwassers ist Schimmelpilzwachstum derzeit für viele Menschen, deren Häuser überflutet wurden, ein Problem: Bei sommerlichen Temperaturen sind feuchte Wände ein idealer Nährboden für Schimmel. Da sich Überschwemmungen im Zuge des Klimawandels häufen könnten, ist auch dies eine indirekte Folge der globalen Erwärmung, auf die Ärzte vorbereitet sein sollten.

    Die größten Gefahren gehen aber unmittelbar von den Temperaturextremen aus. Der „Super-Sommer“ von 2003 hat gezeigt, wie fatal sich anhaltender Hitzestress auswirkt: In Europa starben schätzungsweise 50 000 Menschen infolge der Hitzewelle, darunter vor allem Alte und Kranke. Patienten mit chronischer Bronchitis sind besonders gefährdet, so der Lungenexperte der Charité, Professor Christian Witt: „Hitze führt bei vielen dieser Patienten zu einer Verschlechterung.“ Vor allem in den Großstädten entstünden Probleme: Dort ist es nicht nur heißer, sondern die Feinstaubbelastung ist größer, dies belastet die Atemwege zusätzlich.

    Risikogruppen vor Hitzestress schützen

    Schlimmstenfalls kann die Lunge versagen. „Deshalb müssen wir die vulnerablen, also besonders gefährdeten Patienten identifizieren“, sagt Witt. Zu den Risikogruppen zählten vor allem alleinstehende, psychisch kranke und behinderte Menschen sowie Heimbewohner. Sie sollten telemedizinisch überwacht und durch ein Frühwarnsystem vor Hitzestress geschützt werden. „Es kann ihnen vielleicht schon helfen, wenn sie raus aus ihrer Wohnung kommen und drei Tage ins Grüne fahren“, erklärt der Pneumologe. Damit ist es aber nicht getan. Zum Beispiel müsse die Hitze-Isolation von Gebäuden verbessert werden, fordert Witt.

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