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Gesundheit: Das Leid mit den Stechmücken

Gesundheit

Das Leid mit den Stechmücken

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    Eine Mücke sitzt auf der Haut eines Menschen.
    Eine Mücke sitzt auf der Haut eines Menschen. Foto: dpa

    Duftstoffe entscheiden, auf welche Menschen Stechmücken fliegen. Lesen Sie, wie Sie sich vor den Tieren schützen können. So viel sei verraten: ungewaschene Socken helfen nicht.

    Da ist es wieder, dieses widerliche, aufdringliche Surren. Es kommt näher und näher. Wo ist das Stechbiest? Hilfe, es sitzt auf meinem Arm! Patsch! Volltreffer - erlegt! Doch es ist zu spät. Die Mücke hat schon zugestochen. Warum trifft es immer mich? Warum nicht den Rest der Familie?

    "Es stimmt, dass manche Menschen Stechmücken stärker anziehen als andere", berichtet Professor Heinz Mehlhorn, Professor für Zoologie an der Universität Düsseldorf. "Das liegt am speziellen Geruch ihrer Ausdünstungen." Es ist nämlich ein Duftcocktail aus Milchsäuren, Fett- und Aminosäuren, auf den Stechmücken fliegen.

    Daneben erkennen sie ihre Opfer an ausgeatmetem Kohlendioxid und an der Körperwärme. "Insgesamt sind es 40 verschiedene Duftstoffe, auf die Mücken abfahren", sagt Mehlhorn. Dieses Gemisch variiert von Mensch zu Mensch und ist für Blutsauger unterschiedlich anziehend.

    Der Regensburger Mückenexperte Dr. Martin Geier erklärt: "So wie Menschen unterschiedlich aussehen, riechen sie auch anders." Mit "süßem Blut" hat es also nichts zu tun, wenn manche Zeitgenossen bevorzugte Opfer der Mini-Vampire sind. Außerdem lässt sich wenig daran ändern, wenn man Mücken stark anzieht: Die Ernährung - etwa der reichliche Verzehr von Knoblauch - spielt jedenfalls keine Rolle, erklären die Experten übereinstimmend.

    Höchstens starkes Rauchen könne die Blutsauger abschrecken, meint Geier - aber das ist angesichts des Gesundheitsrisikos nicht zu empfehlen. Und eine Alkohol-Fahne finden Mücken eher appetitlich: "Testpersonen, die eine ordentliche Dosis Alkohol erwischt hatten, haben beobachtet, dass sie am Morgen danach offenbar besonders attraktiv für Stechmücken waren", sagt Geier, der an der Universität Regensburg die Arbeitsgruppe "Verhalten von Stechmücken" leitet.

    Ungewaschene Socken als Duftköder

    Außerdem wissen die Experten, dass Stechmücken Schweißgeruch mögen. Insbesondere fliegen sie auf Käsefüße. "Früher haben Forscher in Mückenfallen ungewaschene Socken als Duftköder gelegt", berichtet Dr. Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg. Die Wissenschaftler hätten dazu Strümpfe verwendet, die sie eine Woche lang getragen hatten. Daher empfiehlt er, im Sommer "öfters mal zu duschen", um nicht selbst zum Duftköder zu werden.

    Nicht ausgeschlossen ist, dass manche Mücken nicht nur lästig sind, sondern auch Krankheitserreger übertragen: Erstmals in Deutschland haben Forscher des Bernhard-Nocht-Instituts bei drei Mückenarten nämlich Sindbis-Viren entdeckt. "Diese Mückenarten kommen in ganz

    Zwar wurden die Erreger in Baden-Württemberg festgestellt, könnten aber vermutlich im ganzen Bundesgebiet auftreten, wie der Virologe berichtet. Die Viren können fiebrige Erkrankungen auslösen, die häufig mit Gelenkentzündungen einhergehen. "Die Beschwerden sind unspezifisch", sagt Schmidt-Chanasit.

    Bisher habe es schon über 200 Anfragen von Ärzten aus ganz Deutschland gegeben, die verdächtige Symptome bei Patienten festgestellt hätten. Mehrmals wurden auch Blutproben zur Untersuchung eingeschickt - nachgewiesen wurde die Krankheit hierzulande aber noch nicht. In Skandinavien infizieren sich pro Jahr etwa hundert Menschen mit dem Virus, das von Vögeln eingeschleppt wurde.

    Entwarnung gibt Schmidt-Chanasit aber in puncto Tigermücke: Die wärmeliebende Art, die verschiedene Tropenkrankheiten übertragen kann, wurde zwar bereits in der südlichen Oberrheinebene gefunden, doch hat sie sich nicht ausgebreitet.

    Ein effektives, billiges Mittel zum Schutz vor Mücken gibt es leider noch nicht. Am wirksamsten sind nach wie vor Mittel zum Auftragen auf die Haut, die in der Regel nicht ohne Chemie auskommen: Altbewährte Klassiker sind DEET (Diethyltoluamid) und Icaridin (auch bekannt als Bayrepel), die wie ein Schreckgeruch auf die Insekten wirken und sie stundenlang fernhalten.

    Der einzige Stoff auf natürlicher Basis, auf den Verlass ist, ist Geier zufolge Menthoglycol: Dabei handelt es sich um eine Substanz auf Basis chemisch veränderter Zitroneneukalyptus-Extrakte. Produkte mit diesem Stoff haben bei Tests gut abgeschnitten und sind auch für Kleinkinder geeignet, so Geier.

    Duftpflaster sind "purer Unfug"

    Reine ätherische Öle aus Lavendel, Katzenminze oder Zitronella wirken zwar ebenfalls abschreckend, doch verdunsten sie schnell: "Die Wirkung lässt sehr schnell nach", sagt Professor Mehlhorn. "Außerdem können ätherische Öle auf der Haut Allergien auslösen." Armbänder mit Eukalyptus-Geruch und spezielle Duft-Pflaster, wie sie derzeit im Handel sind, hält der Experte sogar für "puren Unfug".

    Als ebenfalls wirkungslos hätten sich in Tests Mückenpiepser erwiesen, die Stechbiester durch Hochfrequenz-Schallwellen in die Flucht schlagen sollen.

    Ansonsten helfen einfache Verhaltensregeln: Wer sich abends auf den Balkon setzt, sollte am besten helle, geschlossene Kleidung tragen. "Dunkle Farben wirken auf Mücken anziehend", bestätigt der Regensburger Experte Geier. Auch Moskitonetze und Fenstergitter wehren die Mini-Vampire ab - ganz ohne Chemie. Ob abends in der Wohnung Licht brennt, wenn die Fenster geöffnet sind, spielt dagegen keine Rolle: "Mücken werden nicht von Licht angezogen", sagt Geier. Daher seien auch Lichtfallen wirkungslos.

    Wer massiv unter den Insekten leidet, kann über das Internet "B.t.i.-Tabletten" bestellen und in Regentonnen oder Gartentümpeln auflösen, wo Stechmücken ihre Eier bevorzugt ablegen. Die Tablette enthält Schmidt-Chanasit zufolge einen Giftstoff, der nur Mückenlarven tötet, für die Natur sonst aber unschädlich ist. Eine nicht ganz billige Lösung für stark geplagte Hausbesitzer hat daneben das Team von Geier entwickelt: Dazu haben die Forscher den menschlichen Geruch synthetisch nachgeahmt.

    Der "Eisenhans", der über die Firma Biogents vertrieben wird, lockt Mücken mit einer Kombination aus Kohlendioxid und dem Duft "Sweetscent", der den menschlichen Geruch imitiert, in die insektizidfreie Falle. Das System ist für etwa 1000 Euro zu haben. Von Angela Stoll

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