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Gesellschaft: Wenn Männer Opfer von häuslicher Gewalt werden

Gesellschaft

Wenn Männer Opfer von häuslicher Gewalt werden

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    Die Gewalt geht immer vom Stärkeren aus: Während Männer eher zuschlagen, übten Frauen vor allem psychische Gewalt aus.
    Die Gewalt geht immer vom Stärkeren aus: Während Männer eher zuschlagen, übten Frauen vor allem psychische Gewalt aus. Foto: Jan-Philipp Strobel (dpa)

    Mehrere Male wird das Opfer geschlagen, einmal schlitzt ein Ring am Finger des Täters sein Gesicht auf, einmal wird das Nasenbein des Opfers gebrochen. Aus Angst flüchtet es zu einer Bekannten. Eine immer wieder vorkommende Geschichte von häuslicher Gewalt hat kürzlich das Amtsgericht Augsburg behandelt. Das Opfer in dem Fall war der Mann – die Frau war der Täter. Was sich ungewöhnlich anhört, ist gar nicht so selten. Allein in Bayern sind laut Polizei etwa ein Fünftel der Opfer häuslicher Gewalt Männer. In Schwaben waren es vergangenes Jahr 21 Prozent, das sind 514 Fälle.

    Männer immer öfter Opfer von häuslicher Gewalt

    Für diese Männer gibt es nur wenige Betreuungsangebote. Umso interessanter sind die ersten Ergebnisse eines bundesweit einzigartigen Projekts in Stuttgart. Die Stadt bietet eine spezielle Beratung für männliche Opfer häuslicher Gewalt an. Markus Beck ist Leiter dieser Beratungsstelle Gewaltprävention. Beck erklärt, dass es in Deutschland nur ein paar Beratungsstellen für Männer oder Männerhäuser gibt. Diese seien ehrenamtlich geführt. In Häusliche Gewalt: Männer werden immer häufiger zu Opfern

    Männliche Opfer schämen sich

    Die männlichen Opfer schämen sich nämlich doppelt. Erstens, weil sie überhaupt Gewalt erlitten haben, zweitens, weil sie die gesellschaftliche Rollenerwartung an einen Mann nicht erfüllen. Die Erwartung ist, dass ein Mann stark ist und nicht von einer Frau geschlagen wird. Die Opfer fühlen sich dann in ihrer Männlichkeit erschüttert, sie denken, sie seien „Weicheier“. Deshalb sei es ein ganz wichtiges Ziel des Projekts, solche Rollenerwartungen aufzubrechen und über das Thema zu informieren: „Wir wollen ein Dunkelfeld erhellen“, sagt Beck.

    Frauen wenden psychische Gewalt an

    Weil sich die Männer so sehr schämen, kommen sie meistens erst in die Beratung, wenn die Gewalt schon eskaliert und die Beziehung wohl nicht mehr zu retten ist. Und selbst dann kommen sie nur zu ein oder zwei Gesprächen. Deswegen müssen dabei dann klare Prioritäten gesetzt werden. Einen Unterschied gibt es auch in der Art, wie Frauen Gewalt ausüben, sagt Beck. Häufig würden sie „psychische Gewalt“ anwenden: Sie kontrollieren das Handy des Mannes oder überlassen ihm nur wenig Geld. In welcher Art von Beziehungen die Männer geschlagen werden, lässt sich jedoch nicht sagen. Jede soziale Schicht ist betroffen. Gewalt entstehe durch die einzigartige Dynamik zwischen zwei Individuen, sagt Beck.

    Betroffene Männer sollen sich an Beratungsstellen wenden

    Das ist der "Weiße Ring"

    Der Weiße Ring hat seit 1976 mit derzeit 420 Anlaufstellen ein bundesweites Hilfsnetz für Kriminalitätsopfer aufgebaut.

    Mehr als 3.000 ehrenamtlich tätige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stehen den Opfern und ihren Familien mit Rat und Tat zur Seite.

    Sie leisten menschlichen Beistand und persönliche Betreuung, geben Hilfestellung im Umgang mit den Behörden und helfen den Geschädigten auf vielfältige Weise bei der Bewältigung der Tatfolgen.

    Der Weiße Ring hilft Kriminalitätsopfern und ihren Angehörigen auf vielfältige Weise: quer durch alle Deliktsbereiche - von Handtaschendiebstahl über Wohnungseinbrüche oder Körperverletzung bis hin zu häuslicher Gewalt oder Stalking.

    Auch im Internet ist der Opferhilfeverein zu finden: www.weisser-ring.de

    Genauso sieht es die Opferschutzbeauftragte des Polizeipräsidiums in Augsburg, Sabine Rochel. Sie begrüßt, wenn das „Riesen-Tabuthema männliche Opfer häuslicher Gewalt“ mehr in die Öffentlichkeit rückt. Die Betroffenen sollten nicht das Gefühl haben, dass sie alleine sind. Sie fügt an, dass es ganz wenige Studien zu Männern gibt, die in der Partnerschaft geschlagen werden. Sie hat in ihrer Arbeit eine ähnliche Beobachtung gemacht wie die Stuttgarter Sozialarbeiter: Männer erzählen selten darüber, wenn sie Opfer wurden. Sie empfiehlt männlichen Opfern in der Region, sich an sie oder Beratungsstellen zu wenden, die sich allgemein mit häuslicher Gewalt auseinandersetzen – etwa den Weißen Ring oder Via. Allerdings hat sie beobachtet, dass selbst wenn sich ein Mann eingesteht, das Opfer zu sein, die Hemmungen bleiben. Das Opfer aus

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