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Germanwings-Unglück: Allein im Cockpit - diese Zeiten sind nach dem Absturz vorbei

Germanwings-Unglück

Allein im Cockpit - diese Zeiten sind nach dem Absturz vorbei

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    Dieses Archivbild zeigt, was in Zukunft die Regel sein soll: zwei Personen in einem Cockpit.
    Dieses Archivbild zeigt, was in Zukunft die Regel sein soll: zwei Personen in einem Cockpit. Foto: Daniel Reinhardt/Archiv (dpa)

    "Das Vier-Augen-Prinzip im Cockpit ist eine richtige Überlegung." Alexander Dobrindt hat in dieser Woche schmerzhaft erfahren müssen, dass es Wichtigeres gibt als die Maut und dass es auch in einer so streng regulierten Branche wie der Luftfahrt noch Regelungslücken gibt, an die bis zum Absturz des Fluges 4U9525 kein Ministerialbeamter und kein Manager gedacht hat.

    Eine Verordnung, die die Besetzung von Cockpits festlegt, muss der Verkehrsminister von der CSU deswegen aber nicht erlassen – oder zumindest noch nicht. Noch am Freitag haben sich die deutschen Fluggesellschaften von sich aus darauf verständigt, dass vorläufig immer zwei Mitglieder der Crew vorne im Flugzeug sitzen müssen. Nahezu zeitgleich führt auch Österreich eine entsprechende Regelung ein.

    Fluggesellschaften aus aller Welt reagieren auf Germanwings-Katastrophe

    Bereits vor der Krisensitzung beim Bund Deutscher Luftfahrtunternehmen in Berlin hatten von der Air Baltic bis zur Air Canada Fluggesellschaften aus aller Welt angekündigt, künftig keinen Piloten mehr alleine zu lassen – und sei es nur für wenige Minuten. Muss der Pilot oder der Co-Pilot während des Fluges zur Toilette oder will er sich auf längeren Strecken kurz die Beine vertreten, wird bei diesen Airlines so lange eine Stewardess oder ein Steward ins Cockpit gerufen.

    In den USA sei das sogar gesetzlich vorgeschrieben, sagt der SPD-Abgeordnete Martin Burkert, der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag. Für Ende April hat er den Vorstandsvorsitzenden der Lufthansa, Carsten Spohr, in den Ausschuss eingeladen, um über mögliche Konsequenzen aus der Katastrophe zu beraten.

    "Wenn wir ein Gesetz ändern müssen", betont Burkert im Gespräch mit unserer Zeitung, "sind wir dazu jederzeit in der Lage." Debattiert werden müsse unter anderem darüber, welche Hilfsangebote es bei physischen oder psychischen Problemen gebe und ob diese ausreichten. Bisher habe er aber den Eindruck, dass die Fluggesellschaften sich auch so solidarisch und kooperativ verhielten.

    Internationale Regelungen sollen geschaffen werden

    Ob eine rein deutsche Lösung hält, was sie verspricht, wird im politischen Berlin jedoch bezweifelt. "Da sind jetzt die europäischen Behörden gefordert", findet der CDU-Verkehrsexperte Oliver Wittke. "Das können wir nicht im nationalen Alleingang regeln." Eine derart globalisierte Branche wie die Luftfahrt, so die Logik dahinter, braucht für solche Fälle auch möglichst einheitliche Vorschriften, und zwar nicht nur für die Sitzordnung in den Cockpits.

    Die Internationale Luftfahrtorganisation ICAO, eine Organisation der Vereinten Nationen, plädiert auch für medizinische Spezialtests, mit denen sowohl die körperliche als auch die seelische Fitness von Piloten überprüft werden soll – bis hin zu neuropsychologischen Checks. Bisher werden Piloten zwar regelmäßig körperlich untersucht, nicht aber psychologisch. Derartigen Tests müssen sich lediglich die Bewerber unterziehen.

    Billigflieger haben die Zwei-Personen-Regel bereits

    Bei einer Reihe europäischer Fluggesellschaften ist die Zwei-Personen-Regel im Cockpit seit längerem Standard, darunter auch Billigflieger wie Easyjet oder Ryanair. Thomas Winkelmann, Geschäftsführer von Germanwings, führt dieses Prinzip des Nicht-alleine-Lassens nun ebenfalls ein, fragt sich aber gleichzeitig, ob eine Katastrophe wie die vom Dienstag zu verhindern gewesen wäre, wenn eine Flugbegleiterin für ein paar Minuten neben einem Mann mit der kriminellen Energie von Andreas Lubitz gesessen hätte.

    Ob aus der vorläufigen Übereinkunft vom Freitag eine dauerhafte wird, werde nach Abschluss des Untersuchungsverfahrens entschieden, sagt der Verkehrsexperte der CSU, der Nördlinger Abgeordnete Ulrich Lange. "Wichtig wird nach den vorliegenden Berichten auch sein, das Verfahren der flugmedizinischen Untersuchungen, Meldepflichten und Zuständigkeiten zu hinterfragen."

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