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Porträt: Gerhard Ertl spielt gerne mit den Enkeln - und mit Messtechnik

Porträt

Gerhard Ertl spielt gerne mit den Enkeln - und mit Messtechnik

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    Gerhard Ertl spielt gerne mit den Enkeln - und mit Messtechnik
    Gerhard Ertl spielt gerne mit den Enkeln - und mit Messtechnik Foto: dpa

    Hamburg (dpa) - Für ihn ist es das perfekte Geburtstagsgeschenk: Genau an seinem 71. Geburtstag bekam der Berliner Forscher Gerhard Ertl am Mittwoch den Nobelpreis für Chemie zugesprochen. "Mir kamen die Tränen, das sage ich ihnen ehrlich", gestand Ertl der Hörfunkagentur dpa/Rufa nach dem Anruf aus Stockholm. Dem Nobelkomitee sagte er am Telefon: "Ich hoffe, dass der Nobelpreis mein Leben nicht zu sehr verändern wird. Aber alle Preisträger sagen mir, dass er das tut."

    Ein Erfolgsgeheimnis von Ertl, der vor drei Jahren offiziell in den Ruhestand ging, liegt in der geschickten Kombination neuester Methoden und vielleicht auch in der seiner Mitarbeiter. Für sein Ziel, den direkten Einblick in chemische Reaktionen, fügte der Chemiker stets die neueste Technik zusammen. "Bei Ertls Arbeit ist der systematische deutsche Ansatz bei wissenschaftlicher Arbeit wirklich zu seinem Recht gekommen", urteilte das Nobelkomitee- Mitglied Håkan Wennerström.

    Auch bei der Personalauswahl bewies der Direktor am Fritz-Haber- Institut der Max-Planck-Gesellschaft in Berlin großes Geschick. Kollegen loben sein "wahnsinniges Talent der Mitarbeiterführung" - er lasse viele Freiheiten in der Forschungsarbeit, verlange aber zugleich Ergebnisse. Ertl sei "ausgesprochen motivierend freundlich", sagte sein inzwischen ebenfalls emeritierter Institutskollege Prof. Karl Jacobi. "Doch in der Sache kann er sehr direkt sein." Er habe sich nie unnötig mit seinen Forscher-Kollegen gestritten und damit viel Zeit gespart. "Er weiß genau, was er will."

    Zur Entspannung spielt Ertl Klavier. Auch bei Institutsfeiern greift er gerne selbst in die Tasten. Meist gibt es Klassik und Moderne, doch zum Sommerfest lässt Ertl die Mitarbeiter auch nach seinem Klaviertakt tanzen. Vor Weihnachtsfeiern fügt sich oft spontan ein kleines Orchester aus dem Forscherteam zusammen. Weitere Hobbys des Forschers sind seine beiden Katzen und ein kleines Haus in Bayern.

    Zur Ruhe hat sich der Chemiker trotz seiner Emeritierung nicht gesetzt. Er gibt ein chemisches Handbuch heraus und hat weiter ein Büro in seinem Institut. "Er ist morgens regelmäßig im Institut", erzählt Ertls Ehefrau Barbara. Allerdings arbeite ihr Mann nicht mehr so viel wie früher. Auch Ertls Kollege Ferdi Schüth, Direktor am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mülheim an der Ruhr, betont: "Er steht noch voll im Geschäft." Erst im August sei wieder eine Veröffentlichung von Ertl erschienen. Abgesehen von dessen brillanter Forschungsarbeit seien auch Ertls Vorlesungen von "legendärer Klarheit und Faszination". "Er ist einer der besten akademischen Lehrer, die ich kenne", betonte Schüth.

    Ertl selbst sagte anlässlich seiner Emeritierung, wichtig sei ihm auch zu beobachten, was aus seinem Lebenswerk werde. Er wolle die "Ernte heranreifen sehen", einfach verfolgen, "was aus seinen Schülern wird, die jetzt auf Lehrstühlen sitzen." Zugleich blickt der Chemiker auf seine Famile: Ertl ist verheiratet und hat zwei Kinder sowie mehrere Enkel.

    Das Studium begann Ertl in seiner Geburtsstadt Stuttgart und setzte es in Paris und München fort. 1968 gelangte er als Professor nach Hannover. Es folgte eine Stelle an der Universität München sowie Gastprofessuren in den USA. Seit 1986 leitete Ertl die Abteilung Physikalische Chemie am Fritz-Haber-Institut. Im Jahr 2004 wurde er emeritiert.

    Für seine Erforschung chemischer Reaktionen an Oberflächenkatalysatoren hat Ertl schon etliche Auszeichnungen bekommen, darunter das Große Bundesverdienstkreuz, den Wolf-Preis für Chemie und den Karl-Ziegler-Preis der Deutschen Gesellschaft für Chemie.

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