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Geburtstag: 125 Jahre Rolltreppe: Von Handauflegern und Stolperern

Geburtstag

125 Jahre Rolltreppe: Von Handauflegern und Stolperern

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    München: die Rolltreppen der U-Bahnstation Theresienwiese – in Richtung Oktoberfest. Zur Wiesnzeit fahren sie schneller.
    München: die Rolltreppen der U-Bahnstation Theresienwiese – in Richtung Oktoberfest. Zur Wiesnzeit fahren sie schneller. Foto: Karl-Josef Hildenbrand /dpa

    München „Rechtssteher“ und „Handaufleger“ – so charakterisiert sich Isa Meyer. Dabei finde sie das Handauflegen gar nicht gut, sagt sie. „Ich vergesse immer, wie viele Keime wohl am Handlauf kleben.“

    Rolltreppenfahren ist so alltäglich, dass sich kaum einer Gedanken darüber macht. Niemand, der an diesem Morgen aus den U-Bahnen 4 und 5 steigt und sich nach oben befördern lässt, weiß auch, dass die

    Vor 125 Jahren, am 15. März 1892, meldete der US-Amerikaner Jesse W. Reno ein Patent für den „Endless Conveyor or Elevator“ an, zu deutsch: „Endlosband“ oder „endloser Aufzug“. Mit der Rolltreppe, wie wir sie heute kennen, hatte seine Erfindung wenig zu tun: Es handelte sich vielmehr um eine Art schräges Fahrband mit Holzbrettern und plüschbezogenem Handlauf. Diese Ur-Form der Rolltreppe konnten die Menschen 1895 in einem New Yorker Vergnügungspark ausprobieren. Eine Attraktion. Zwei Jahre zuvor wurde eine ähnliche Konstruktion in einem New Yorker Bahnhof installiert. Zurück reicht die Idee bis ins Jahr 1859.

    Die Rolltreppe und ihr zweifelhafter Ruf

    Lange haftete der Rolltreppe ein zweifelhafter Ruf an. Sie sei unberechenbar und gefährlich, hieß es. Viele fühlten sich an die Fließbänder in den Fabriken erinnert – und wollten nicht wie Schrauben durch die Gegend geschleust werden. Letztlich aber überwog die „natürliche Trägheit des Menschen“ alle Skepsis, wie der Journalist Karl-Rainer Thiel 1989 in der Zeitschrift Kultur und Technik schrieb. Ebenso habe das zunehmende Verkehrsproblem in den Städten nach der Jahrhundertwende dazu beigetragen, dass sich die Rolltreppe durchsetzte.

    In Deutschland ging der erste „schräge Aufzug“ 1899 im Kaufhaus Polich in Leipzig in Betrieb. Die Spuren zur ersten Rolltreppe Bayerns scheinen sich dagegen im Laufe der Zeit verloren zu haben. „Unsere Experten tippen auf ein Kaufhaus in München oder Nürnberg als Standort“, sagt Gerrit Faust, Sprecher des Deutschen Museums in München. Genaueres könnten sie nicht sagen.

    So funktioniert eine Rolltreppe.
    So funktioniert eine Rolltreppe. Foto: Grafik AZ

    Die rollenden – streng genommen: fahrenden – Treppen sind heute nicht mehr aus dem urbanen Leben wegzudenken. Allein im Münchner Netz der öffentlichen Verkehrsmittel gibt es 771 davon. „Bis zu 6500 Fahrgäste sind pro Stunde auf einer Rolltreppe unterwegs“, sagt Matthias Korte von den Stadtwerken. Und er erklärt: Eine Rolltreppe fahre im Schnitt 0,5 Meter pro Sekunde – außer zur Wiesn-zeit. Da seien die Rolltreppen zum Hauptausgang des U-Bahnhofs Theresienwiese aus Kapazitätsgründen etwas schneller unterwegs, nämlich 0,68 Meter pro Sekunde. Außerdem fahre so manche Stufe, bis sie verschlissen ist, fast bis zum Mond: 350000 Kilometer.

    Hier muss man eine Erkenntnis aus China erwähnen: Die U-Bahn-Betreiber in Nanjing fanden heraus, dass Rolltreppenstufen sich links und rechts unterschiedlich schnell abnutzen. Grund ist die Rolltreppen-Etikette-Regel „Rechts stehen, links gehen“. Daraufhin hoben sie die Regel kurzerhand auf.

    Rolltreppen sind nach 30 Jahren veraltet

    Grundsätzlich sei eine Rolltreppe nach etwa 30 Jahren veraltet, sagt Korte. In München würden daher in diesem Jahr rund 30 Rolltreppen im Netz der Münchner Verkehrsgesellschaft ausgetauscht – auch am Hauptbahnhof und am Marienplatz. Ein großer Aufwand: Im günstigsten Fall, so Korte, hebe ein Kran die Treppe nach draußen. Komme er nicht an sie heran, müsse die Treppe in Einzelteile zerlegt und durch U-Bahn-Tunnel abtransportiert werden. Die Folge sind Verkehrsbehinderungen.

    Die Rolltreppe am Stachus hat Isa Meyer nach oben befördert. Dort trifft sie auf einen Typ Rolltreppenfahrer, der sie – wie der „Rempler“ – besonders nervt: der „Stolperer“. „Der ist so in sein Smartphone vertieft, dass er vom Ende der Rolltreppe überrascht wird und dann kurz stolpert“, sagt sie.

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