Als Mesut Özil und seine Verlobte Amine Gülse vor einigen Tagen einen Friseur im Istanbuler Edelviertel Etiler besuchten, waren die Fotografen schon da. Wie denn die Vorbereitungen auf ihre Hochzeit liefen, fragten die Journalisten. „Gut laufen die“, antwortete Özil – sein Türkisch klang dabei laut Medienberichten so hölzern, dass selbst seine Ehefrau in spe lachen musste.
An diesem Freitag wollen sich der 30-jährige deutsche Ex-Nationalspieler Özil und die vier Jahre jüngere Schönheitskönigin und Schauspielerin Gülse in Istanbul das Jawort geben. Gefeiert wird mit 300 Gästen in einem Luxushotel am Bosporus, in dem ein Doppelzimmer 550 Euro und die beste Suite 23.000 Euro die Nacht kostet. Erwartet wird auch ein besonderer Gast – und der verleiht dem Ereignis eine politische Note: Özil hat den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan eingeladen. Nach übereinstimmenden Medienberichten ist Erdogan sogar Trauzeuge. Das Präsidialamt in Ankara hat das bislang nicht bestätigt.
Mesut Özil hat einen guten Draht zum türkischen Präsidenten Erdogan
Mindestens zweimal haben sich Özil und Erdogan in diesem Jahr bereits getroffen. Im März übergab der Fußballer mit seiner Zukünftigen dem Präsidenten bei einer Begegnung am Istanbuler Flughafen die Einladung zur Hochzeit. Mitte Mai nahmen Özil und Gülse in Erdogans Istanbuler Amtssitz an einer Zusammenkunft des Präsidenten mit jungen Türken teil. Das Paar und der Staatschef führten am Rande des Termins nur wenige hundert Meter vom Ort der Hochzeitsfeier auch ein persönliches Gespräch.
Was daran zu kritisieren sei? Vor allem, dass Erdogan in Deutschland vielen als Despot gilt, als einer, der nichts von Meinungs- und Pressefreiheit hält und Menschen willkürlich wegsperren lässt. Zudem gibt es diese Vorgeschichte: Özils Trikot-Geschenk an Erdogan vor fast genau einem Jahr, sein Rücktritt aus der deutschen Fußballnationalmannschaft samt Rassismus-Vorwürfen gegen den Deutschen Fußball-Bund. Da kam einiges zusammen. Und die Hochzeitsfeier in der Türkei könnte die Diskussionen neu aufleben lassen. Dass Özil Erdogan zu seiner Hochzeit einlade, „macht einen natürlich schon traurig“, gab bereits Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) zu Protokoll. Die SPD-Politikerin Sawsan Chebli nannte die Einladung „verantwortungslos“.
Viele Türken finden, dass Özil in Deutschland ungerecht behandelt wurde
In der Türkei dagegen ist der türkischstämmige Özil spätestens seit dem von vielen Menschen als ungerecht empfundenen Umgang der Deutschen mit ihm ein Held. Mit der Hochzeit am Bosporus bekennten sich der Bundesbürger Özil und seine in Schweden geborene Braut symbolisch zur türkischen Heimat ihrer Familien, heißt es.
Dazu passt: Die Einladungskarten sind in Rot und Weiß gehalten, den Farben von Özils Verein Arsenal London – aber auch denen der türkischen Fahne. Als Fans türkischer Popmusik wünschten sich Özil und Gülse bei der Hochzeitsfeier die Musik der türkischen Sängerin Demet Akalin, berichtete die Zeitung Takvim. Und auch für die Flitterwochen habe das Paar die Türkei gewählt, wurde in den Klatschspalten betont. Statt auf die Malediven, wie zunächst geplant, soll es demnach an die türkische Ägäisküste gehen, wo das Paar eine neue Villa für 1,5 Millionen Euro besitze.
Einige Zeitungen wollen zudem erfahren haben, dass der 7. Juni als Hochzeitsdatum nicht zufällig gewählt worden sei: Da Özils Ex-Kollegen aus der deutschen Nationalmannschaft am 8. Juni zu einem EM-Qualifikationsspiel in Weißrussland antreten, habe sich die Frage nach einer Einladung für die deutschen Fußballer von selbst erledigt. Erdogan dürfte auch das recht sein. Aus Sicht des türkischen Präsidenten hat Deutschland dem Spitzenfußballer und Mitglied der Weltmeistermannschaft von 2014 großes Unrecht angetan. Bei seinem letzten Deutschland-Besuch im September warf Erdogan den Deutschen vor, Özil und den ebenfalls türkischstämmigen Spieler Ilkay Gündogan wegen der Trikot-Fotos „ausgegrenzt“ zu haben. „Das kann ich als ihr Präsident nicht ertragen.“ Das wiederum ärgerte viele Deutsche, die ohnehin eine Distanzierung Özils von Erdogan vermissten.
Als Fußballer wird Mesut Özil wohl nicht in die Türkei wechseln
Manche in der Türkei hoffen schon darauf, dass Özil bald ganz in ihrem Land bleiben wird. Bei seinem Arbeitgeber Arsenal steht er angeblich nach durchwachsenen Leistungen vor dem Ende. Fans des Istanbuler Klubs Fenerbahce fordern in einer Twitter-Kampagne einen Transfer des Stars zu ihrem Verein. Schließlich ist Özil als Fenerbahce-Anhänger bekannt.
Es gibt aber ein Problem: Bei Arsenal verdient Özil laut Medienberichten rund 400.000 Euro pro Woche. Selbst für Fenerbahce, einen der reichsten Klubs der Türkei, ist das unerschwinglich. Er sei ja ständig auf der Suche nach neuen Spielern, sagte Fenerbahce-Sportdirektor Damien Comolli. „Aber von Mesut träume ich nicht mal.“