London. Sie jettete kreuz und quer durch die Welt, zog mit den Popmusikern George Michael und Lenny Kravitz sowie der Schauspielerin Elizabeth Hurley um die Häuser. Das Gesicht von Kristiane Backer, der ersten deutschen MTV-Moderatorin, kannte in den Neunzigern fast jeder Teenager in Europa.
Doch dann konvertierte Kristiane Backer zum Islam - und ihr Leben drehte sich um 180 Grad. Wir sprachen mit der 43-jährigen Moderatorin.
Frau Backer, Sie sind auf dem Höhepunkt Ihrer Fernsehkarriere, um die Sie viele beneidet haben, einfach ausgestiegen. Warum?
Backer: So kann man das nicht sagen, ich arbeite immer noch im TV. Im reinen Musikbusiness jedoch war ich auf Dauer nicht erfüllt. Es gab zu wenig Tiefgang. Einerseits kam meine Zeit bei MTV mit einem tollen Lebensgefühl: Überall wurde der rote Teppich ausgerollt, ich moderierte riesige Musikshows, mit den Stars ging ich feiern. "Work hard - party hard" - dieses Motto haben wir damals gelebt. Aber der Zug hielt im Grunde nie an. Irgendwann saß ich dann allein im Hotelzimmer und musste runterkommen. Es war eine ewige emotionale Achterbahnfahrt aus Rausch und Leere.
Klingt ganz nach Quarterlife-Crisis, der großen Sinnfrage, die sich viele mit Anfang 30 stellen. Doch zum Islam konvertieren nur wenige.
Backer: Ich wurde geführt. Mir ist dieser Weg mehr oder weniger zugefallen ...
... weil Sie damals mit Imran Khan befreundet waren, jenem gut aussehenden und glamourösen Cricketspieler aus Pakistan?
Backer: Ja, Imran Khan hatte eine Brückenfunktion und verband mein altes mit meinem neuen Leben. Die Liebe zu Gott hielt länger als die zu ihm. Den Islam habe ich übrigens erst angenommen, nachdem unsere Beziehung beendet war. In einer Sinnkrise gründen andere eine Familie, ziehen um oder wechseln schlicht den Job.
Ihr Weg von "MTV nach Mekka", so der Titel Ihres Buches, scheint da wesentlich steiniger.
Backer: Damals kam alles auf einmal - die Trennung, das Bekenntnis zum Islam und der Verlust meiner Jobs bei MTV Europe und Bravo TV. Fast alles, womit ich mich identifiziert hatte, fiel plötzlich weg. Grund war wohl, dass ich mich öffentlich über meine Hinwendung zum Islam geäußert hatte. In der Presse stand ich nach Jahren als Promi plötzlich als verwirrte Prinzessin da. Doch ich habe viel gelernt und rückblickend war es eine wichtige Erfahrung. Ich legte damals ein Kostüm ab, das für meine Zukunft keine Bedeutung mehr hatte.
Wie sieht Ihr Leben heute aus?
Backer: Ich setze mich für den interreligiösen Dialog ein, bin viel unterwegs. Egal, was ich tue, ich trage Gott in meinem Herzen und versuche, mich ihm hinzugeben. Dazu gehören die fünf täglichen Gebete, das Fasten im Ramadan und eine ständige Charaktererziehung.
Vor ein paar Jahren galten Sie als eines der "hundert heißesten Dates von London", jetzt lehnen Sie Sex vor der Ehe ab. Wie reagieren Männer auf Sie?
Backer: Meine Religion schützt mich vor Männern, die unpassende Avancen machen. Frauen, wenn wir ehrlich sind, wollen Liebe und nichts Unverbindliches. Das ist ja nicht nur bei gläubigen Muslimas so. Auch für andere ist es schwierig, den Richtigen zu finden. Wer weiß, vielleicht schickt Gott ihn mir ja doch noch.
Viele Prominente scheinen sich mit Religion wie mit Accessoires zu umgeben: Madonna schmückt sich mit Kabbala, andere mit Buddhismus und Barack Obama zitiert aus dem Koran. Ist es hip, Muslima zu sein?
Backer: Schön wäre es! Dass in Dresden kürzlich eine schwangere Ägypterin erstochen wurde, ist weitgehend unbeachtet geblieben. Stellen Sie sich vor, der Täter wäre Muslim gewesen - sähe die Berichterstattung da nicht ganz anders aus? Hier muss sich noch sehr viel tun. Trotzdem spüre ich heute eine größere Toleranz für Andersgläubige und ein wachsendes Interesse für Spiritualität und Religion, auch für den Islam. Es ist ein Zeichen unserer Zeit, zugespitzt vielleicht durch die Weltwirtschaftskrise.
Warum tragen Sie kein Kopftuch?
Backer: Es ist eine persönliche Entscheidung. Ich empfinde es nicht als religiöse Pflicht. Trotzdem setze ich mich dafür ein, dass Frauen, die sich bedecken, nicht diskriminiert, sondern respektiert werden.
Weite Regionen Pakistans, die Sie vor Jahren besucht und wo Sie zum Glauben gefunden haben, sind heute Krisengebiete. Drängt sich da nicht die Frage auf, ob es im Alltag zu viel statt zu wenig Religion gibt?
Backer: Es wäre besser, wenn es mehr Bildung in diesen Regionen gäbe! Vernunft und ethisches Handeln sind die Essenz des Islam. Die Auseinandersetzungen dort haben mit Gottes Botschaft nichts zu tun.