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Freundin erschossen: Oscar Pistorius landete nach dem Urteil direkt in der Zelle

Freundin erschossen

Oscar Pistorius landete nach dem Urteil direkt in der Zelle

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    Oscar Pistorius umarmt seinen Vater Henke Pistorius im Gerichtssaal.
    Oscar Pistorius umarmt seinen Vater Henke Pistorius im Gerichtssaal. Foto: Herman Verwey (dpa)

    Der ehemalige südafrikanische Sprintstar Oscar Pistorius wurde wegen der tödlichen Schüsse auf seine Freundin Reeva Steenkamp zu fünf Jahren Haft verurteilt. Pistorius habe bei seiner Tat grob fahrlässig gehandelt, befand Richterin Thokozile Masipa am Dienstag. Für ein weiteres Waffenvergehen verhängte sie außerdem drei Jahre Haft auf Bewährung gegen den 27-Jährigen. Nach Ende der Strafmaßverkündung wurde Pistorius aus dem Gerichtssaal ins Gefängnis gebracht.

    Pistorius hatte Steenkamp in der Nacht zum Valentinstag durch die geschlossene Toilettentür seines Hauses erschossen. Er gibt an, hinter der Tür einen Einbrecher vermutet und in Panik geschossen zu haben. Vor rund einem Monat sprach Masipa den an den Unterschenkeln amputierten Ausnahmesportler vom Vorwurf des Mordes frei, verurteilte ihn aber wegen fahrlässiger Tötung. Das Strafmaß legte sie damals aber noch nicht fest. Die Staatsanwaltschaft hatte mindestens zehn Jahre Haft gefordert. Die Verteidigung plädierte auf drei Jahre Hausarrest und gemeinnützige Arbeit. Möglich waren bis zu 15 Jahre Haft.

    Zu Beginn des letzten Prozesstages machte Richterin Masipa deutlich, dass sie allein über das Strafmaß entscheidet. Eine "perfekte Strafzumessung" gebe es nicht, vielmehr gehe es darum, den richtigen Ausgleich zu finden zwischen Vergeltung für die Tat, Berücksichtigung der Umstände und des Profils des Täters sowie dem besten Weg zu einer Resozialisierung.

    Oscar Pistorius schoss vier Mal

    Die Forderung der Verteidigung nach der Ableistung der Strafe durch Sozialdienst lehnte sie als unangemessen ab. Pistorius habe gewusst, dass sich hinter der Tür ein Mensch befindet, für den es in der schmalen Toilette kein Entrinnen gebe, sagte sie. Dennoch habe er gleich vier Schüsse abgefeuert.

    Der Fall Pistorius - eine Chronologie

    14. Februar 2013: Steenkamps Leiche wird in Pistorius' Wohnung gefunden. Der Sportler hatte die 29-Jährige durch die geschlossene Toilettentür mit vier Schüssen aus einer seiner Schusswaffen getötet. Er wird festgenommen.

    15. Februar 2013: Bei einem ersten Gerichtstermin, bei dem Pistorius Mord an seiner Freundin zur Last gelegt wird, bestreitet er den Mordvorwurf.

    19. Februar 2013: Pistorius macht geltend, er habe hinter der Toilettentür einen Einbrecher vermutet und "furchtbare Angst" gehabt.

    22. Februar 2013: Pistorius wird gegen eine Kaution von umgerechnet 75.000 Euro freigelassen.

    März 2014: Zum Prozessauftakt sagt eine Zeugin aus, sie habe in der Tatnacht "schreckliche Schreie" einer Frau und Schüsse gehört. Pistorius übergibt sich bei der Verlesung des Autopsieberichts.

    April 2014: Pistorius beginnt seine Aussage mit einer Entschuldigung bei Steenkamps Familie. Immer wieder bricht er im Kreuzverhör in Tränen aus und verwickelt sich auch in Widersprüche.

    30. Juni 2014: Nach sechswöchiger Pause, in der sich Pistorius psychiatrischen Untersuchungen unterziehen muss, erklären drei Psychiater und ein Psychologe, dass der Angeklagte zur Tatzeit voll schuldfähig war.

    11. September 2014: Richterin Thokozile Masipa spricht Pistorius von den Vorwürfen des Mordes und des Totschlages frei.

    12. September 2014: Pistorius wird wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässigen Waffengebrauchs in einem Fall schuldig gesprochen.

    21. Oktober 2014: Das Strafmaß wird verkündet: maximal fünf Jahre Gefängnis. Pistorius muss seine Haft sofort antreten.

    10. Dezember 2014: Die Berufung wird zugelassen.

    19. Oktober 2015: Pistorius wird auf Bewährung und unter Auflagen vorzeitig aus der Haft in den Hausarrest entlassen.

    3. November 2015: Im Berufungsverfahren fordert die Staatsanwaltschaft eine Verurteilung wegen Mordes

    3. Dezember 2015: Pistorius wird wegen Mordes schuldig gesprochen, der Fall wird an die Vorinstanz zurückverwiesen.

    3. März 2016: Das Verfassungsgericht weist eine Beschwerde des Sportlers gegen den Schuldspruch zurück.

    6. Juli 2016: Pistorius wird zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Er tritt seine Strafe sofort an. Sowohl Anklage als auch Verteidigung können Berufung gegen das Strafmaß einlegen.

    Auch das Argument der Verteidigung, der 27-Jährige sei wegen seiner Behinderung in einem Gefängnis besonders gefährdet, wies Masipa zurück. "Ja, der Angeklagte ist verletzlich, aber er hat exzellente Fähigkeiten damit umzugehen", sagte sie unter Anspielung auf seine außergewöhnliche Karriere als Leichtathlet. "Es wäre ein trauriger Tag für dieses Land, wenn der Eindruck entstünde, es gebe ein Recht für die Armen und Benachteiligten und eines für die Reichen und Berühmten", unterstrich die Richterin

    Während des monatelangen Prozesses war Pistorius immer wieder zusammengebrochen. Am Dienstag wirkte er wie gelähmt, die Zähe hatte er fest zusammengebissen, auf seiner Stirn war das Pochen einer Ader zu beobachten.

    In einer ersten Reaktion begrüßte Steenkamps Familie das Urteil. Er sei "sehr froh", dass der Prozess nach sieben Monaten endlich vorüber sei, sagte der Vater des toten Models, Barry Steenkamp. Ein Anwalt sagte, die Familie sei "zufrieden". afp

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