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Frankreich: Tödliche Attacke in Nizza: Terror versetzt ganzes Land in Angst

Frankreich

Tödliche Attacke in Nizza: Terror versetzt ganzes Land in Angst

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    Polizisten der Eliteeinheit Raid treffen ein, um die Kirche Notre-Dame nach einem Messerangriff zu durchsuchen.
    Polizisten der Eliteeinheit Raid treffen ein, um die Kirche Notre-Dame nach einem Messerangriff zu durchsuchen. Foto: Valery Hache/AFP, dpa

    Er schrie immer wieder „Allahu Akbar“, arabisch für „Gott ist groß“ – auch noch, als er festgenommen und zugleich von den Notärzten versorgt wurde. Das erzählte der Bürgermeister von Nizza, Christian Estrosi, über den Mann, der am Donnerstagmorgen in der Kirche Notre-Dame de l’Assomption im Zentrum Nizzas zwei Frauen und einen Mann, den 45-jährigen Aufseher des Gotteshauses, mit einem Messer getötet hat, bevor ihn Polizeibeamte mit mehreren Schüssen schwer verletzten. Sein erstes Opfer versuchte der Täter offenbar zu enthaupten – so wie ein 18-Jähriger eine Woche zuvor in dem kleinen Ort Conflans-Saint-Honorine rund 30 Kilometer von Paris dem Lehrer Samuel Paty den Kopf abgetrennt hatte.

    Die Antiterror-Abteilung der Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen auf. Die Identität des Täters, der keine Ausweispapiere bei sich trug, war zunächst unbekannt. Am Nachmittag berichtete der französische Abgeordnete Éric Ciotti, dass es sich um einen 1999 geborenen Tunesier handeln solle, der als Migrant über die Mittelmeerinsel Lampedusa nach Frankreich kam.

    Anti-Terror-Staatsanwaltschaft ermittelt nach Messerattacke in Nizza

    Rund zwei Stunden nach den Vorfällen, gegen elf Uhr morgens, erschossen Polizisten einen Mann in Avignon, der Passanten auf der Straße mit einem Messer bedroht und versucht hatte, sie anzugreifen. Medien zitierten eine polizeiliche Quelle, der zufolge es nicht unbedingt Hinweise auf einen „terroristischen Charakter“ der Tat oder gar einen Zusammenhang mit den Vorfällen in Nizza gab.

    Präsident Emmanuel Macron begab sich am Nachmittag vor Ort und sprach mit Polizisten und Bürgern. Der Präsident des französischen Muslim-Rates CFCM, Mohammed Moussaoui, appellierte an alle Muslime, „zum Zeichen der Trauer und der Solidarität mit unseren Mitbürgern, die Opfer dieser niederträchtigen Tat wurden“, die geplanten Feierlichkeiten zum islamischen Fest Mawlid an-Nabi abzusagen, die von Freitag bis Sonntag stattfinden sollten. Innenminister Gérald Darmanin kündigte an, die Überwachung aller religiösen Stätten und Friedhöfe im Land zu verschärfen.

    Bereits im Juli 2016 hatten zwei Attentäter dem 85-jährigen Priester Jacques Hamel in Saint-Étienne-du-Rouvray in der Normandie, der gerade eine Messe abhielt, die Kehle durchgeschnitten und einen weiteren Mann verletzt, bevor sie von Sicherheitskräften erschossen wurden. Derzeit findet ein Prozess gegen einen algerischen Islamisten statt, der Attentate auf zwei Kirchen der Pariser Vorstadt Villejuif geplant und eine junge Frau beim Versuch, ihr Auto zu stehlen, getötet hatte.

    Französische Gerichtsmediziner treffen am Ort eines Messerangriffs in Nizza ein.
    Französische Gerichtsmediziner treffen am Ort eines Messerangriffs in Nizza ein. Foto: Valery Hache/AFP/dpa

    Auch die jüngsten Vorfälle ereigneten sich in einem äußerst angespannten Umfeld und einen Tag, bevor ein vierwöchiger Lockdown in Frankreich in Kraft tritt. Nach der Ermordung von Samuel Paty vor einer Woche, der in einer Unterrichtsstunde über die Meinungsfreiheit Mohammed-Karikaturen der Satirezeitschrift Charlie Hebdo gezeigt hatte, sagte Macron, man werde es sich nicht verbieten lassen, auch weiterhin von dieser Freiheit Gebrauch zu machen und provokante Zeichnungen zu zeigen. Daraufhin gab es wütende Reaktionen in muslimischen Ländern, wo protestiert und zum Boykott französischer Produkte aufgerufen wurde.

    Bundesjustizministerin Lambrecht kündigt Gespräche mit EU-Kollegen an

    Derzeit läuft vor einem Pariser Gericht der Prozess um die mutmaßlichen Unterstützer der drei Männer, die im Januar 2015 Terroranschläge gegen Charlie Hebdo und einen jüdischen Supermarkt verübt hatten. Zu diesem Anlass veröffentlichte die Satirezeitung erstmals wieder Karikaturen des Propheten. Drei Wochen nach Prozessauftakt griff ein 25-Jähriger zwei Journalisten vor dem ehemaligen Redaktionsgebäude mit einem Fleischermesser an und verletzte sie schwer. Er sei „wütend“ über die Karikaturen gewesen, sagte er später. Dass Charlie Hebdo längst an einem anderen, geheimen Ort arbeitet, war dem Pakistaner entgangen.

    Als Reaktion auf den brutalen Mord an Paty hatte die Regierung eine Reihe Maßnahmen angekündigt, darunter das Verbot radikaler Vereinigungen und die Schließung einer Moschee. Auch soll der Kampf gegen Hassbotschaften im Internet verschärft werden. Premierminister Jean Castex rief die oberste Terror-Warnstufe für das ganze Land aus und verurteilte die „ebenso feige wie barbarische Tat, die das ganze Land in Trauer versetzt“.

    Lesen Sie dazu auch unseren Kommentar: Keine Macht dem Hass

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