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Frankreich: Im Atlantik gibt es ein Delfin-Massaker

Frankreich

Im Atlantik gibt es ein Delfin-Massaker

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    Mit ihrem Schiff Sam Simon und Patrouillenbooten fahnden die Tierschützer der Organisation Sea Shepherd seit Februar nach Fischern, die den Tod von Delfinen in Kauf nehmen.
    Mit ihrem Schiff Sam Simon und Patrouillenbooten fahnden die Tierschützer der Organisation Sea Shepherd seit Februar nach Fischern, die den Tod von Delfinen in Kauf nehmen. Foto: Tara Lambourne

    Es ist zwei Uhr morgens. Die Fischerschiffe Jérémie Simon und Prométhée holen gerade ihren Fang im Golf von Biskaya an der französischen Atlantikküste ein, als sich im Netz auch ein großer Körper windet – ein Delfin. Als sie sehen, dass sie beobachtet und gefilmt werden, bringen die Fischer sogenannte Pinger an ihrem Schleppnetz an, die mit akustischen Warnsignalen

    Gemeint sind die Aktivisten der internationalen Meeresschutz-Organisation Sea Shepherd. Später stellen die Tierschützer das Video online, um zu beweisen, was sie seit langem anprangern: In den Netzen von industriellen Fischereischiffen verfangen sich neben Seehechten und Seebarschen regelmäßig Delfine, verletzen sich und verenden oft.

    Seit Mitte Februar patrouillieren die Tierschützer mit Schlauchbooten und ihrem Schiff Sam Simon in den betroffenen Gewässern im Golf von Biskaya, um dies aufzudecken. Mit der Veröffentlichung ihrer Schock-Videos und -Bilder von toten Säugetieren an den Stränden im Rahmen ihrer Kampagne „Operation Dolphin Bycatch“ („Operation Delfin-Beifang“) wollen die Aktivisten aufklären und aufrütteln.

    Viele tote Delfine an Küsten gefunden

    Inzwischen versprach Umweltminister François de Rugy bei einem Besuch in La Rochelle Mitte März einen „nationalen Aktionsplan für den Schutz von Delfinen“ mit Maßnahmen wie einer Budget-Erhöhung für die Meeresbeobachtungsstelle Pelagis, mit der Sea Shepherd zusammenarbeitet. „Das zeigt, dass es sich auszahlt, wenn man Druck ausübt, auch wenn de Rugy es leider an konkreten Taten vermissen ließ“, sagt Thomas Le Coz, Kapitän des Schiffs Sam Simon.

    Das Problem des Delfin-Beifangs bestehe seit Jahren, spitze sich aber zu, warnt der 35-Jährige: „Seit Beginn des Jahres wurden 1100 tote Delfine an den französischen Küsten in den Regionen Vendée, Charente und Gironde gefunden.“ Wissenschaftler schätzen demnach, dass es sich nur um 20 bis 30 Prozent der wirklich getöteten Tiere handelt, da die meisten Kadaver auf den Meeresgrund sinken.

    Autopsien hätten ergeben, dass die Säugetiere Verstümmelungen, Spuren von Gaffhaken, tiefe Schnitte, abgetrennte Flossen oder gebrochene Kiefer aufweisen – Verletzungen, die der Meeresschutz-Organisation zufolge auf die Fangmethoden unter anderem mit Schlepp- und Stellnetzen zurückgehen.

    "Leise Ausrottung von Delfinen"

    Der Präsident des regionalen Fischer-Komitees, José Jouneau, räumt zwar ein, dass es zu „unbeabsichtigtem“ Beifang von Delfinen kommen könne: „Aber nichts beweist, dass die Fischkutter für den Tod von all diesen Tieren verantwortlich sind.“ Er klagt, dass die Aktivisten die Fischer verfolgten, „auf den kleinsten Fehler“ warteten und alles filmten, um dann belastende Videos ins Internet zu stellen und somit „einen ganzen Berufsstand zu stigmatisieren“.

    Die Präsidentin des französischen Ablegers von Sea Shepherd, Lamya Essemlali, betont hingegen, sie kritisiere nicht die Fischerei an sich, sondern nicht-selektive Fangmethoden, bei denen die Tötung von Delfinen bewusst in Kauf genommen werde. Viele Fischer verwendeten keine Pinger.

    Deren massenhafter Einsatz gilt auch nicht als unkritisch. Es würde ein riesiges Gebiet der Lärmverschmutzung im Ozean schaffen und Delfine aus ihren Lebens- und Jagdbereichen vertreiben. Essemlali fordert vom Staat mehr Kontrollen und mehr Forschung über alternative Fangmethoden. Bis dahin stelle sich Sea Shepherd mit Patrouillen Tag und Nacht „der leisen Ausrottung von Delfinen vor unseren Küsten“ entgegen.

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