Das Wort, auf das alle gewartet haben, taucht in dem 34-seitigen Bericht gar nicht auf: Rakete. Und doch deutet die Zwischenbilanz zu der Flugzeugkatastrophe am 17. Juli über der Ukraine darauf hin, dass die Boeing 777-200 der Fluggesellschaft Malaysia Airlines abgeschossen wurde.
„Es ist gut zu wissen, dass der Flug normal verlief und die Ursache von außen kam“, kommentierte der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte die Veröffentlichung des Expertenberichts. Die Angehörigen der 298 Todesopfer mussten fast zwei Monate darauf warten. Sie wissen jetzt, dass das 25-köpfige Ermittlerteam unter Leitung des „Niederländischen Sicherheitsrats“ zu dem klaren Schluss kommt: „Die ersten Ergebnisse der Untersuchung weisen auf eine externe Ursache hin.“ In dem Bericht heißt es: „Die Art des Schadens, der im Flugzeugrumpf zu beobachten war, passt nicht zu bekannten Betriebsfehlern am Flugzeug, den Triebwerken oder dem System.“ Was passierte also wirklich mit Flug MH17?
MH17: Flugschreiber und Stimmrekorder stoppen abrupt
Es ist 12.31 Uhr am 17. Juli, als der Jet mit 298 Menschen an Bord vom Flughafen Amsterdam-Schip-hol abhebt. Drei Stunden verläuft der Flug völlig normal, als die ukrainische Flugsicherung in Dnipropetrowsk Flug MH17 um eine kleine Kursänderung bittet. „Malaysia eins sieben, wegen Verkehr direkt zu Punkt Romeo November Delta“, sagt der Lotse. Um 15.19 Uhr antwortet der Pilot: „Romeo November Delta, Malaysian one seven“. Es ist der letzte Kontakt mit der Passagiermaschine der Malaysia Airlines, die zehn Kilometer über der Ostukraine fliegt. Sieben Sekunden später stoppen der Flugschreiber und Stimmrekorder der Boeing 777 abrupt und registrieren keine weiteren Flugdaten und Worte im Cockpit und auch kein Warnsignal.
In fast 11000 Metern Höhe wird die Maschine um diese Zeit von mehreren „Objekten“ von außen getroffen. Die Beschädigungen sind so gravierend, dass die Boeing auseinanderbricht, explodiert und in Einzelteilen auf die Erde stürzt.
Das nüchterne Drehbuch der Katastrophe schweigt zur Frage, wer für den Abschuss verantwortlich sein könnte. Aber die Fakten sind vielsagend. Viele kleine Einschlagstellen sind typische Schäden, wie sie bei einem Angriff mit einer Rakete vorkommen, die kurz vor dem Ziel explodiert. Dazu gehören solche Boden-Luft-Geschosse, wie sie die pro-russischen Separatisten wenige Tage zuvor öffentlich präsentiert hatten.
Der Versuch Moskaus, ukrainische Abfangjäger für den Abschuss verantwortlich zu machen, ist nach Angaben von Experten durch den Untersuchungsbericht gescheitert. Laut den Radar-Daten befanden sich drei zivile Flugzeuge im selben Kontrollraum wie MH17. Alle wurden von den Lotsen überwacht. Um 15.20 Uhr war die nächste Maschine 30 Kilometer entfernt. Von einem Militär-Jet wird in den Aufzeichnungen nichts erwähnt. Die ukrainische Luftwaffe ist größtenteils mit Maschinen vom Typ Suchoi Su-25 ausgestattet. Dabei handelt es sich um ein 40 Jahre altes Flugzeug, das über keine Tarn-Technologie verfügt, um sich auf eine Abschuss nötige Entfernung zu nähern, ohne vom Radar registriert zu werden.
Noch ist der Bericht nur vorläufig. Das könnte sich ändern, wenn die Fahnder sich demnächst mit den Strafverfolgungsbehörden und Geheimdiensten zusammentun. Denn dort weiß man offensichtlich längst mehr. Der malaysische Premierminister Najib Razak kündigte jedenfalls vielsagend an: „Uns liegen Geheimdienst-Erkenntnisse zum Schicksal von MH17 vor, und diese Berichte sind schlüssig.“ (mit dpa)