1. Fernweh
Jetzt an einem weißen Sandstrand unter Palmen liegen, auf einem Elefanten durch den Dschungel reiten oder durch die verwinkelten Gassen eines kleinen Dorfs in der Toskana schlendern... All das wäre schöner, als im tristen Deutschland zu sitzen. Trösten wir uns mit der Erkenntnis, dass nur die deutsche Sprache ein Wort für dieses Gefühl kennt: Heimweh gibt es in vielen Sprachen, Fernweh nur im Deutschen.
2. Fingerspitzengefühl
Die Kollegin erzählt von einer schweren Erkrankung, der beste Freund von seiner bevorstehenden Scheidung. Bei solch sensiblen Themen heißt es, behutsam vorgehen und Empathie zeigen. Das kann nicht jeder. Wer instinktiv auf sein Gegenüber einzugehen weiß, verfügt über etwas, für das es in anderen Sprachen kein Wort gibt: Fingerspitzengefühl.
3. Kummerspeck
Freundin weg, Prüfung verhauen: Da hilft Essen. Wer isst, um sich zu trösten und dadurch Fettpölsterchen bekommt, darf sich immerhin darüber freuen, dass nur das Deutsche dafür eine eigene Bezeichnung hat: Kummerspeck.
4. innerer Schweinehund
Eigentlich wollte man ja abends noch joggen gehen, aber es regnet. Eigentlich wollte man ja die Treppe hinauf in den vierten Stock nehmen, aber der Aufzug steht zufällig gerade im Erdgeschoss. Eigentlich wollte man ja früher aufstehen und die Wohnung putzen, aber das Bett ist so gemütlich... Wer kennt ihn nicht, diesen inneren Monolog. Meist gewinnt dabei immer derselbe: der innere Schweinehund. Ob das Leben in anderen Ländern leichter ist, wo es kein Wort für diesen ureigenen Motivationskiller gibt?
5. Schnapsidee
Nachts auf das Dach einer Tankstelle klettern, weil von da oben die Aussicht so schön ist. Oder um drei Uhr morgens den Chef anrufen und ihm endlich mal sagen, wie er seinen Führungsstil verbessern könnte. Vermutlich hatte jeder schon mal einen Einfall, der bei genauerem Nachdenken vielleicht gar nicht so klug war. Oft entstehen solche Pläne in Verbindung mit Alkohol, aber auch die (sehr schlechten) Ideen von Nüchternen nennen wir im Deutschen Schnapsidee - weil sie so bekloppt sind, dass sie eigentlich nur von einem Betrunkenen stammen können.
6. Schadenfreude
Die Kollegin, die immer lästert, hat direkt am Po einen fetten Fleck auf der Hose. Der Kumpel, der einen immer aufzieht, schaut nicht nach vorne und läuft volle Kanne vor eine Straßenlaterne. Und der Autofahrer, der gerade noch von hinten so gedrängelt hat, wird jetzt von der Polizei auf die Seite gewunken. Für die Freude, wenn anderen ein (verdientes) Missgeschick passiert, haben nur wir ein Wort: die Schadenfreude. Übrigens erfreut sich das Wort in der nicht-deutschsprachigen Welt großer Beliebtheit. Es existiert als Lehnwort unter anderem im Englischen, Französischen, Italienischen und Polnischen.
7. Weltschmerz
Dieses Gefühl, wenn man nach einem schlechten Tag nach Hause kommt, in den leeren Kühlschrank guckt und anschließend die Nachrichten anschaut. Schnell kommt da die Frage auf, ob überhaupt noch irgendetwas Gutes auf dieser Welt geschieht. Da tröstet auch die Tatsache nicht, dass das deutsche Wort "Weltschmerz" von diversen anderen Sprachen aufgegriffen wurde und seitdem auch von Dänen, Polen, Schweden, Portugiesen und Niederländern benutzt wird.
8. Erklärungsnot
Oha! Der Partner hat fremde Unterwäsche unter dem Bett gefunden. Und der Chef hat bemerkt, dass das Projekt, das schon vor zwei Wochen fällig war, immer noch nicht fertig ist. Wie erklärt man das nun? Auf die Metaebene wechseln und anführen, dass das Wort "Erklärungsnot" nur im Deutschen existiert, hilft da wohl eher wenig...
9. Geborgenheit
Eingekuschelt unter der Bettdecke liegen, wenn draußen der Regen plätschert. Eine feste Umarmung vom Liebsten nach einem richtig blöden Tag im Büro. Von Mama den Rücken gekrault bekommen. Diesen gemütlichen, beschützten Zustand, in dem man sich rundum sicher fühlt, bezeichnen wir im Deutschen als "Geborgenheit". Im Niederländischen und in Afrikaans gibt es ein ähnliches Wort, anderen Sprachen fehlt es hingegen völlig.
10. Eselsbrücke
Wie war das noch gleich mit der Reihenfolge der Planeten in unserem Sonnensystem? Da gab es doch diesen Merksatz: Mein Vater erklärt mir jeden Sonntag unseren Nachthimmel. Die Anfangsbuchstaben sind dieselben wie Merkur - Venus - Erde - Mars - Jupiter - Saturn - Uranus - Neptun. Praktisch, diese Denkhilfen, die wir im Deutschen als Eselsbrücken bezeichnen. Warum? Weil Esel nicht gerne durchs Wasser gehen, da sie nicht erkennen können, wie tief es ist. Stattdessen muss man ihnen kleine Brücken bauen. Das nimmt zwar etwas Zeit in Anspruch, führt aber letztlich mit weniger Aufwand zum Ziel, als einen sturen Esel durch einen Fluss zu zerren.
11. sturmfrei
Die legendärsten Partys in der Jugend waren doch die, wenn die Eltern nicht daheim waren und auch ja nicht wissen durften, dass man mit 30 Freunden das Wohnzimmer kurzerhand in eine Disko verwandelt. Und auch sonst war es ziemlich cool, das Haus für sich zu haben: überall Zeug herumliegen lassen, sich nur von Chips und Schokolade ernähren und stundenlang am Handy zu hängen, ohne dass jemand motzt. Das werden Jugendliche in der ganzen Welt genießen - aber nur im Deutschen gibt es einen Begriff für diese temporär begrenzte Mini-Freiheit: sturmfrei.
12. Vorfreude
Sich auf etwas freuen, kann man in jeder Sprache. Aber nur im Deutschen gibt es eine genaue Bezeichnung für dieses Kribbeln im Bauch, das einen schon zwei Wochen vor dem großen Ereignis mit einem Lächeln auf den Lippen durch den Tag gehen lässt: die Vorfreude.
13. verschlimmbessern
Schnell vor dem Abschicken der Bewerbung noch die Anrede in der E-Mail ausbessern - und dann nach dem Klick auf Senden feststellen, dass es sich statt "Herr Mayer" doch um "Frau Mayer" handeln müsste. Mist! Etwas verbessern wollen, es am Ende aber nur schlimmer machen, bezeichnen wir im Deutschen als "verschlimmbessern". Die Franzosen versuchen mit "amaliorer" gleichzuziehen (zusammengesetzt aus "améliorer = verbessern und "mal" = schlecht). So ganz setzt sich die Neuschöpfung im täglichen Sprachgebrauch unserer Nachbarn aber nicht durch.
14. Torschlusspanik
Besonders häufig wird das Wort "Torschlusspanik" im Zusammenhang mit Frauen verwendet, die noch Kinder bekommen wollen und Angst haben, es ab einem bestimmten Alter nicht mehr zu können. Doch auch in anderen Situationen passt das Wort, das durch das metaphorische Schließen eines Tores die Endgültigkeit einer einmaligen (nicht genutzten) Chance unterstreicht. Andere Sprachen haben dafür keinen eigenen Begriff.