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Fernsehvermarktung: Zuschauer nerven die Promis in der Werbung

Fernsehvermarktung

Zuschauer nerven die Promis in der Werbung

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    Deutsche Werbeikonen: Franz Beckenbauer, Thomas Gottschalk und Johannes B. Kerner. Bild: dpa
    Deutsche Werbeikonen: Franz Beckenbauer, Thomas Gottschalk und Johannes B. Kerner. Bild: dpa Foto: Pressebild Schneider

    Thomas Gottschalk schwört auf Gummibärchen, Dieter Bohlen kommt nur eine ganz bestimmte Margarine aufs Brot und für Johannes B. Kerner geht es mal um die Wurst, mal um Müsli-Riegel.

    In zahlreichen TV-Werbespots trommeln Prominente für Produkte und Dienstleistungen - vom Baumarkt (Mike Krüger) über Billigklamotten (Verona Pooth) bis zu Damenbein-Rasierern (Model Alisar Ailabouni). Viele Unternehmen sind davon überzeugt, dass sich ihre Ware mit einem bekannten Gesicht besser unter die Leute bringen lässt.

    Doch das ist schon lange nicht mehr so, wie Studien zeigen - im Gegenteil: Den meisten Fernsehzuschauern gehen Prominente in der Werbung ganz gewaltig auf den Keks. "Promis haben für viele Menschen sowieso keine Vorbildfunktion mehr", sagt Volker Nickel vom Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) in Berlin.

    So wollen einer repräsentativen Meinungsumfrage der Hamburger Beratungsgesellschaft "Faktenkontor" zufolge 80 Prozent der Bundesbürger keine Prominenten in der Werbung, und 76 Prozent der 1500 Befragten lassen sich nach eigenen Angaben auch keineswegs davon beeinflussen. Einer Studie der Münchener Marktforscher von "Imas International" zufolge sind sogar nur 15 Prozent der Deutschen der Meinung, Werbung mit Stars wirke überzeugender und glaubwürdiger als Reklame ohne Bohlen, Becker, Klum und wie sie alle heißen.

    Das Hauptproblem: Oft passt der Promi nicht zum Produkt, gibt Werbeexperte Volker Nickel zu bedenken, "das Ganze ist dann wenig glaubwürdig." Bei welchen konkreten Fällen von Fernsehwerbung er das derzeit so sieht, möchte der ZAW-Sprecher nicht verraten.

    Ein weiterer Minuspunkt der Reklame mit bekannten Gesichtern aus Film, Fernsehen und Sport: Die Zuschauer können sich zwar in vielen Fällen an den Prominenten erinnern, aber nicht an das Produkt. "Die Werbung wird somit zur Werbung für den Prominenten und nicht für das Produkt", erklärt Volker Nickel.

    So brachten 56 Prozent der von "Faktenkontor" befragten Bundesbürger Dieter Bohlen nicht mit der Margarinemarke in Verbindung, für die der Juror der RTL-Castingshow "Deutschland sucht den Superstar" im Einsatz war. In der "Imas"-Studie konnte nur jeder Fünfte den knallharten Pop-Titan dem butterweichen Brotaufstrich spontan zuordnen, bei anderen Promis wie Steffi Graf (Nudeln), Heidi Klum (Hamburger) oder Johannes B. Kerner (Wurst) sah es auch finster aus.

    Großer Wiedererkennungswert: Gottschalks Gummibärchen

    Herausragende Ausnahme: Dass Thomas Gottschalk für eine ganz bestimmte Gummibärchen-Marke wirbt, wussten fast zwei Drittel der Befragten.

    Doch noch immer werden die selben Promis weiter verpflichtet. Inzwischen sieht man Heidi Klum für eine Parfümerie-Kette im TV-Einsatz, Kerner lobt kernige Müsliriegel und Steffi Graf schwört im TV-Spot auf Wellness-Tees. Ganz bitter und im schlimmsten Sinne kontraproduktiv aber wird es für die werbetreibenden Firmen, wenn Zuschauer glauben, der Prominente mache Reklame für das Konkurrenzprodukt: So konnten sich zwar viele Befragte in der "Faktenkontor"-Umfrage daran erinnern, dass Blödelbarde Mike Krüger für einen Baumarkt Werbung macht - in vielen Fällen nannten sie aber nicht die Heimwerker-Kette, um die es ging, sondern eine andere.

    Nicht unterschätzt werden darf außerdem der negative Effekt für das beworbene Produkt, wenn die Beliebtheit eines Prominenten etwa wegen privater Verfehlungen oder Skandale sinkt. "Dann kann er ganz schnell zum Problem für die Marke werden", sagt Volker Nickel.

    Trotz dieser Erkenntnisse vertrauen nach wie vor viele Firmen auf bekannte Gesichter. Die Zukunft gehöre aber eher Werbefiguren, die von ganz normalen Menschen verkörpert werden, wie sie auch immer häufiger in TV-Spots zu sehen seien, glaubt Nickel: "Die Menschen wollen Authentizität, wollen sich in der Werbung wiederfinden. Deshalb geht der Trend eindeutig weg von den Prominenten." mw/rup

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