Härter kann der Kontrast beim "Tatort" im Ersten gar nicht sein. War in der Vorwoche noch ein grübelnder Felix Murot mitsamt einem doppelten Ulrich Tukur der Antiheld, zeigte Til Schweiger in der Doppelfolge "Der große Schmerz" und "Fegefeuer", was sein Hamburger Hauptkommissar Nick Tschiller für ein Kerl ist. In dem Zweiteiler, dem schon zwei "Tatort"-Folgen vorausgegangen waren, nahm der Kampf Tschillers mit dem Gangsterboss Firat Astan neue Fahrt auf.
Nach dem Motto: Ein Mann sieht rot.
Tschiller ist in seinem Rachefeldzug nicht aufzuhalten, nachdem seine Tochter und seine Ex-Frau Isabella als Geiseln genommen wurden. Nach dem gewaltsamen Tod Isabellas entfernt sich Tschiller immer mehr aus der polizeilichen Realität und stilisiert sich zum Rächer, für den vor allem in "Fegefeuer" die polizeilichen Spielregeln nicht gelten. Die Hamburger Nacht entwickelt sich zum Schlachtfeld. Tschiller prügelt, schießt und hetzt in einem irrwitzigen Wettlauf gegen die Zeit durch eine düstere Szenerie. Helene Fischers schweigsame ukrainische Auftragskillerin hatte bereits im ersten Teil das Zeitliche gesegnet. Zu meckern gibt es bei ihr deshalb nicht viel.
Der Großstadtwolf steht im Grunde genommen für eine Reihe von "Tatort"-Kommissaren, die sich von der Polizeibürokratie malträtiert fühlen und nun ihr Recht selbst in die Hand nehmen. Was so selbstherrlich wie bedenklich ist. Nick Tschiller schreckt nicht einmal vor dem Einsatz einer Panzerfaust zurück. Schimanski hätte da nicht mithalten können, allenfalls Bruce Willis.
Tatort heute: Helene Fischer ist nicht mehr dabei
Und so erinnert der schörkellos und zügig geschnittene Film mehr an das amerikanische Action-Genre als an deutsche Tüftler-Krimis.
Was Wunder, dass Schweiger die Geschichte im Kino unter dem Titel "Tschiller, a. D." fortführt. Als Start ist der 4. Februar vorgesehen.
"Der große Schmerz" kam an Neujahr auf 8,24 Millionen Zuschauer. Für einen "Tatort" kein Hit. Gewiss, der Sonntag als klassischer Termin zieht besser. Aber die Pistolenschüsse Schweigers brachten das gleichzeitig ausgestrahlte ZDF-"Traumschiff" (6,81 Millionen) nicht so recht vom Kurs ab. Möglicherweise hat Sascha Hehn als charmanter Kapitän dem Schweiger mit seinem blutig geschlagenen Gesicht etliche Zuschauerinnen abgenommen.