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Fall Tugce: Tödlicher Schlag gegen Tugce - Wie geht es ihrer Familie ein Jahr danach?

Fall Tugce

Tödlicher Schlag gegen Tugce - Wie geht es ihrer Familie ein Jahr danach?

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    Angehörige und Freunde von Tugce trauern vor dem Landgericht in Darmstadt nach der Urteilsverkündung und halten Bilder von ihr.
    Angehörige und Freunde von Tugce trauern vor dem Landgericht in Darmstadt nach der Urteilsverkündung und halten Bilder von ihr. Foto: Fredrik von Erichsen (dpa)

    Was geschah vor einem Jahr?

    Der 18 Jahre alte Sanel M. verpasst der vier Jahre älteren Tugce Albayrak auf einem Parkplatz vor einem Fast-Food-Lokal in Offenbach im Morgengrauen einen heftigen Schlag. Es ist die Nacht zum 15. November. Die Gießener Lehramtsstudentin stürzt ohne Abwehrreaktion, zieht sich eine schwere Kopfverletzung zu und fällt ins Koma. Die Eltern der jungen Frau aus dem osthessischen Gelnhausen lassen 13 Tage später die lebenserhaltenden Apparate abschalten. Es ist der 23. Geburtstag ihrer Tochter. Ärzte hatten schon Tage vorher den Hirntod festgestellt. Tugce werden nach dem Tod mehrere Organe entnommen. Sie hatte einen Spenderausweis.

    Wieso beschäftigte diese traurige Gewalttat Millionen?

    Tugce soll auf der Toilette des Schnelllokals zwei damals 13 Jahre alten Mädchen geholfen haben, Sanel und dessen Freunde loszuwerden. Dass er es ist, der ihr später den tödlichen Schlag versetzt, wurde damit in Verbindung gebracht. Tugces Verhalten wurde als Beispiel für Zivilcourage gefeiert. Im Prozess vor dem Landgericht Darmstadt bleibt jedoch offen, ob die Mädchen Tugces Hilfe tatsächlich benötigten. Zahlreiche Zeugen machten zudem deutlich, dass sich die Mädchengruppe um Tugce und die Jungenclique um Sanel gegenseitig mehrfach schwer beleidigt und provoziert haben.

    Wie geht es Tugces Familie?

    Vater, Mutter und die beiden Brüder leiden nach wie vor schwer unter dem Verlust von Tugce. Den Prozess verfolgten sie sichtlich gekennzeichnet, vor allem die Mutter weinte immer wieder. Die Eltern sind seit der Tat arbeitsunfähig und in psychologischer Betreuung, der ältere Bruder unterbrach zwischenzeitlich sein Studium, der jüngere gab seine Ausbildung auf. "Die Tat hat ihr Leben völlig durcheinandergewirbelt", sagt ihr Anwalt Macit Karaahmetoglu ein Jahr danach.

    Welche Strafe bekam der Täter und warum?

    Das Landgericht Darmstadt hat Sanel am 16. Juni zu drei Jahren Gefängnis verurteilt (Az.: 1340 Js 95002/14). Da er am Tattag gerade 18 Jahre und zehn Tage alt war, wird das Jugendstrafrecht angewendet. Der Täter habe den Tod der 22-Jährigen nicht beabsichtigt, sagte der Vorsitzende Richter Jens Aßling. Aber: "Wer so heftig zuschlägt, der nimmt die Körperverletzung in Kauf." Das Gericht geht von

    Wann ist das Urteil rechtskräftig?

    Die Anwälte des Täters haben Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt. Sie hatten eine Bewährungsstrafe gefordert und sahen die Begründung des Gerichts nicht als überzeugend an. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe fertigt derzeit eine Stellungnahme zu dem ausführlichen Urteil an. Dann entscheidet der Bundesgerichtshof (BGH) über die Revision. Da Sanel in Haft sitzt, rechnen Fachleute mit einer baldigen Entscheidung - vermutlich Ende 2015/Anfang 2016. Wenn der BGH die Revision zulässt, muss eine andere Kammer desselben Landgerichts das Verfahren neu aufrollen.

    Warum sitzt der Täter noch immer in U-Haft?

    Sanel sitzt noch immer in Untersuchungshaft, weil das Urteil des Landgerichts Darmstadt noch nicht rechtskräftig ist. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt verwarf zuletzt am 11. September eine Haftbeschwerde des 18-Jährigen (Az.: 1 Ws 128/15). Die Gründe: Sanel M. sei weiterhin dringend tatverdächtig und es bestehe Fluchtgefahr ins Ausland. Bereits vor dem Darmstädter Urteil hatte das dpa/AZ

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