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Ex-Sprinter: Von der Luxusvilla ins Gefängnis: Was steht Oscar Pistorius bevor?

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Von der Luxusvilla ins Gefängnis: Was steht Oscar Pistorius bevor?

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    Oscar Pistorius bekommt eine härtere Strafe.
    Oscar Pistorius bekommt eine härtere Strafe. Foto: Str (dpa)

    Noch darf Ocar Pistorius in der luxuriösen Villa seines Onkels in einem reichen Vorort der südafrikanischen Hauptstadt Pretoria wohnen. Die nächsten Jahre wird der frühere Paralympics-Star aber voraussichtlich in einer kleinen Ein-Mann-Zelle verbringen, die nur wenige Autominuten von dem Haus entfernt liegt. Dabei war der 29-Jährige erst im Oktober nach nur einem Jahr aus dem Gefängnis Kgosi Mampuru II entlassen und unter Hausarrest gestellt worden. 

    Nach der Entscheidung des Berufungsgerichts vom Donnerstag, wonach Pistorius mit "Tötungsvorsatz" seine Freundin Reeva Steenkamp erschossen haben soll, wird er nun womöglich bald in die Haftanstalt zurückkehren müssen - und dieses Mal wohl für längere Zeit: Auf "murder" - was nach deutschem Recht am ehesten Totschlag entspricht - stehen in dem Land am Kap im Regelfall mindestens 15 Jahre Haft. Wann die Richter das Strafmaß verkünden, steht noch nicht fest. 

    Ein Rückblick: Als Kind mussten Pistorius wegen eines genetischen Defekts beide Unterschenkel amputiert werden. Dennoch avancierte er zu einem internationalen Sprint-Star. Aber am Valentinstag 2013 sollte sich alles ändern: Damals erschoss Pistorius seine Freundin, das Model Reeva Steenkamp, durch eine geschlossene Badezimmertür. Er hat stets beteuert, er habe einen Einbrecher im Haus vermutet. In erster Instanz war er 2014 zu fünf Jahren Haft wegen fahrlässiger Tötung verurteilt worden - ein Urteil, das viele für zu milde hielten.

    Oscar Pistorius "wird sicher sein"

    Was erwartet Pistorius nun in dem Hochsicherheitsgefängnis? Dort sitzen schließlich einige der brutalsten Vergewaltiger Südafrikas sowie Mörder des Apartheid-Regimes ihre Strafe ab. Der Sportler müsse sich keine Sorgen machen, sagt der Gefängnisbeauftragte der Provinz Gauteng, Mandla Mkhabela. "Es gibt keine Probleme in der Haftanstalt, und Mr. Pistorius hat sich sehr gut benommen. Er wird sicher sein." 

    Pistorius hatte das vergangene Jahr im Krankenhaustrakt abgesessen, bevor er unter Hausarrest gestellt wurde. Es sei das erste Mal gewesen, dass ein beidseitig Beinamputierter in Kgosi Mampuru II eingesessen habe, betonte Mkhabela bei einer Journalistenführung durch das Gefängnis vor wenigen Tagen. "Wie bei allen anderen Häftlingen haben wir sichergestellt, dass er menschlich behandelt wurde, aber darüber hinaus gab es keine Sonderbehandlung."

    Wie sieht der Alltag für den gefallenen Superstar hinter Gittern also aus? In der Zelle 2 des Krankenhaustraktes, in der Pistorius bisher eingesperrt war, steht ein Einzelbett aus Stahl mit einer dünnen Matratze. Im Bad wurden zwei Haltegriffe für die Hände angebracht, um Pistorius mit seiner Behinderung zu helfen. 

    Über dem Bett befindet sich ein kleines vergittertes Fenster, das Licht spendet und den Blick auf den Innenhof freigibt. Um von einer Seite der kleinen Zelle zur anderen zu gelangen, reichen aber gerade einmal zwei Schritte.

    Haferbrei, Eier oder Weißbrot für Pistorius zum Frühstück

    Zum Frühstück gibt es Haferbrei, Eier oder Weißbrot. Dann dürfen die Gefangenen im Hof trainieren, um sich fit zu halten, und bekommen bei guter Führung weitere Privilegien zugesprochen. Zudem gibt es spezielle Programme in Bereichen wie Mechanik, Schreinerei oder Metallarbeiten, um den Einstieg ins Berufsleben zu erleichtern. 

    Der Fall Pistorius - eine Chronologie

    14. Februar 2013: Steenkamps Leiche wird in Pistorius' Wohnung gefunden. Der Sportler hatte die 29-Jährige durch die geschlossene Toilettentür mit vier Schüssen aus einer seiner Schusswaffen getötet. Er wird festgenommen.

    15. Februar 2013: Bei einem ersten Gerichtstermin, bei dem Pistorius Mord an seiner Freundin zur Last gelegt wird, bestreitet er den Mordvorwurf.

    19. Februar 2013: Pistorius macht geltend, er habe hinter der Toilettentür einen Einbrecher vermutet und "furchtbare Angst" gehabt.

    22. Februar 2013: Pistorius wird gegen eine Kaution von umgerechnet 75.000 Euro freigelassen.

    März 2014: Zum Prozessauftakt sagt eine Zeugin aus, sie habe in der Tatnacht "schreckliche Schreie" einer Frau und Schüsse gehört. Pistorius übergibt sich bei der Verlesung des Autopsieberichts.

    April 2014: Pistorius beginnt seine Aussage mit einer Entschuldigung bei Steenkamps Familie. Immer wieder bricht er im Kreuzverhör in Tränen aus und verwickelt sich auch in Widersprüche.

    30. Juni 2014: Nach sechswöchiger Pause, in der sich Pistorius psychiatrischen Untersuchungen unterziehen muss, erklären drei Psychiater und ein Psychologe, dass der Angeklagte zur Tatzeit voll schuldfähig war.

    11. September 2014: Richterin Thokozile Masipa spricht Pistorius von den Vorwürfen des Mordes und des Totschlages frei.

    12. September 2014: Pistorius wird wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässigen Waffengebrauchs in einem Fall schuldig gesprochen.

    21. Oktober 2014: Das Strafmaß wird verkündet: maximal fünf Jahre Gefängnis. Pistorius muss seine Haft sofort antreten.

    10. Dezember 2014: Die Berufung wird zugelassen.

    19. Oktober 2015: Pistorius wird auf Bewährung und unter Auflagen vorzeitig aus der Haft in den Hausarrest entlassen.

    3. November 2015: Im Berufungsverfahren fordert die Staatsanwaltschaft eine Verurteilung wegen Mordes

    3. Dezember 2015: Pistorius wird wegen Mordes schuldig gesprochen, der Fall wird an die Vorinstanz zurückverwiesen.

    3. März 2016: Das Verfassungsgericht weist eine Beschwerde des Sportlers gegen den Schuldspruch zurück.

    6. Juli 2016: Pistorius wird zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Er tritt seine Strafe sofort an. Sowohl Anklage als auch Verteidigung können Berufung gegen das Strafmaß einlegen.

    Einige Häftlinge erzählen, sie hätten an Kursen zur Aggressionsbewältigung teilnehmen müssen, so wie es auch Pistorius auferlegt worden war. "Man muss wissen, wie man mit einem Menschen kommuniziert, der wütend ist oder auf den man selbst Wut hat", sagt ein Häftling in oranger Gefängnisuniform. "Wut löst keine Probleme. Man muss nur mit ihr umzugehen wissen." dpa/AZ

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