Mit dem Anti-Hass-Lied "I don't feel hate" ist Deutschland beim Eurovision Song Contest auf wenig Gegenliebe gestoßen und mal wieder ganz weit hinten gelandet - wie schon vor zwei, vier, fünf und sechs Jahren. Der 26 Jahre alte Hamburger Sänger Jendrik erreichte nur Rang 25 und damit den vorletzten Platz beim 65. ESC in Rotterdam. Hinter Deutschland landete nur Großbritannien.
Gewonnen hat Italien mit dem rockigen Protestsong "Zitti e buoni" der Band Måneskin. Die Römer lieben es, sich wild mit schrillen Outfits und halbnackt zu inszenieren. Auf Platz zwei kam Frankreich mit dem Chanson "Voil"" von Barbara Pravi, auf Rang drei die Schweiz mit der Ballade "Tout l'univers" des Sängers Gjon's Tears.
Deutschland bekam beim ESC in Rotterdam keine Publikumspunkte
Willst du Deutschland oben sehn, musst du die Tabelle drehn - der zuletzt im Fußball gängige Spruch galt erneut bei dem internationalen Musikwettbewerb. Die deutsche ESC-Pleiteserie in den vergangenen Jahren wurde nur 2018 kurz unterbrochen, als Michael Schulte überraschend auf den vierten Platz kam. Deutschland bekam diesmal null Punkte von den Zuschauern in 39 Ländern und nur drei Punkte von Jurys - 2 aus Österreich und einen aus Rumänien.
Die Plätze der 26 Finalisten des 65. ESC im Überblick
01 ITALIEN mit Måneskin ("Zitti E Buoni"): 524 Punkte
02 FRANKREICH mit Barbara Pravi ("Voil"): 499 Punkte
03 SCHWEIZ mit Gjon's Tears ("Tout l'univers"): 432 Punkte
04 ISLAND mit Daði og Gagnamagnið ("10 Years"): 378 Punkte
05 UKRAINE mit Go-A ("Shum"): 364 Punkte
06 FINNLAND mit Blind Channel ("Dark Side"): 301 Punkte
07 MALTA mit Destiny ("Je me casse"): 255 Punkte
08 LITAUEN mit The Roop ("Discoteque"): 220 Punkte
09 RUSSLAND mit Manizha ("Russian Woman"): 204 Punkte
10 GRIECHENLAND mit Stefania ("Last Dance"): 170 Punkte
11 BULGARIEN mit Victoria ("Growing Up Is Getting Old"): 170 Punkte
12 PORTUGAL mit The Black Mamba ("Love Is On My Side"): 153 Punkte
13 MOLDAU mit Natalia Gordienko ("Sugar"): 115 Punkte
14 SCHWEDEN mit Tusse ("Voices"): 109 Punkte
15 SERBIEN mit Hurricane ("Loco Loco"): 102 Punkte
16 ZYPERN mit Elena Tsagrinou ("El Diablo"): 94 Punkte
17 ISRAEL mit Eden Alene ("Set Me Free"): 93 Punkte
18 NORWEGEN mit Tix ("Fallen Angel"): 75 Punkte
19 BELGIEN mit Hooverphonic ("The Wrong Place"): 74 Punkte
20 ASERBAIDSCHAN mit Efendi ("Mata Hari"): 65 Punkte
21 ALBANIEN mit Anxhela Peristeri ("Karma"): 57 Punkte
22 SAN MARINO mit Senhit ("Adrenalina"): 50 Punkte
23 NIEDERLANDE mit Jeangu Macrooy ("Birth Of A New Age"): 11 Punkte
24 SPANIEN mit Blas Cantó ("Voy A Quedarme"): 6 Punkte
25 DEUTSCHLAND mit Jendrik ("I Don't Feel Hate"): 3 Punkte
26 GROSSBRITANNIEN mit James Newman ("Embers"): 0 Punkte
Nach der pandemiebedingten ESC-Absage 2020 saßen dieses Jahr nun immerhin rund 3500 negativ getestete Zuschauer in der Ahoy-Arena in Rotterdam. Trotz dieses Schritts zurück in Richtung Normalität hat das Coronavirus den Wettbewerb nicht verschont.
Der ESC-Sieger von 2019, Duncan Laurence, der den Wettbewerb überhaupt erst in die Niederlande geholt hatte, wurde vergangene Woche positiv auf das Coronavirus getestet. Er konnte deshalb in der Finalshow nicht live auftreten. Auch Islands Teilnehmer erwischte es, weshalb die Band Daði og Gagnamagnið in Quarantäne blieb und nur per Video eingespielt wurde. Sie kam dennoch am Ende auf Platz vier.
ESC in Rotterdam: Viele Länder schickten die Interpreten, die schon 2020 auftreten sollten
Viele Länder schickten 2021 dieselben Interpreten, die für 2020 vorgesehen waren. In Deutschland ließ der innerhalb der ARD zuständige NDR jedoch in einem mehrstufigen Auswahlverfahren zwei unabhängige Jurys einen neuen Teilnehmer suchen.
Das Siegerlied 2021 ist ein energetischer Rockbeitrag. Übersetzt heißt der Songtitel "Still und brav". Im Text geht es darum, ausgeflippt und anders als die anderen zu sein. Da Bassistin Victoria aus Dänemark stammt, wählte die Gruppe als Band-Namen das dänische Wort für Mondschein: Måneskin. Die Band wurde 2016 von Schulfreunden gegründet. Bekannt wurde sie in ihrer Heimat mit der Castingshow "X-Factor". Im März 2021 gewann sie das traditionsreiche Festival di Sanremo und wurde damit von der RAI, der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt Italiens, als ESC-Teilnehmer automatisch gesetzt. Für Italien ist es der dritte Sieg - nach 1990 und 1964.
Die Zuschauer konnten wie immer über den Sieger mit abstimmen, jedoch nicht für das eigene Land. Die Hälfte der Punkte kommt von nationalen Fachjurys. Die Jury-Punkte aus Deutschland gab zum sechsten Mal Barbara Schöneberger bekannt. Sie wurde live aus Hamburg zugeschaltet. Die Höchstpunktzahl ging dabei an Frankreich. Das deutsche TV-Publikum vergab seine Höchstpunktzahl (12 Punkte) an Litauen, die zweithöchste Punktzahl (10) an Frankreich.
Deutschlands Plätze beim ESC seit Lenas Sieg 2010
2010: Lena mit "Satellite" - Platz 1
2011: Lena mit "Taken By A Stranger" - Platz 10
2012: Roman Lob mit "Standing Still" - Platz 8
2013: Cascada mit "Glorious" - Platz 21
2014: Elaiza mit "Is It Right" - Platz 18
2015: Ann Sophie mit "Black Smoke" - 27 (letzter Platz)
2016: Jamie-Lee mit "Ghost" - 26 (letzter Platz)
2017: Levina mit "Perfect Life" - 25 (vorletzter Platz)
2018: Michael Schulte mit "You let me walk alone" - Platz 4
2019: S!sters mit «Sister» - Platz 25 (vorletzter Platz)
2020: Ausfall wegen Corona; Ben Dolic ("Violent Thing") ohne Auftritt
2021: Jendrik mit "I Don't Feel Hate" - Platz 25 (vorletzter Platz)
2022: Malik Harris mit "Rockstars" - Platz 25 (letzter Platz)
In den vergangenen 30 Jahren schaffte es Deutschland fast immer nur dann in die Top 10 beim ESC, wenn der Entertainer Stefan Raab als Produzent, Komponist, Castingshowmacher oder gar Interpret beteiligt war. Man denke an Guildo Horn 1998, Max Mutzke 2004 oder Roman Lob 2012. Der größte Triumph ereignete sich 2010, als Raab als Initiator, Produzent und Jurypräsident der Castingshow "Unser Star für Oslo" die junge Lena entdeckte und mit ihr den zweiten Sieg für Deutschland überhaupt holte - nach Nicole mit "Ein bisschen Frieden" 1982. Lena Meyer-Landrut feierte am Sonntag übrigens ihren 30. Geburtstag.
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