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Eurovision Song Contest: Das Geheimnis der Erfolge von Nicole und Lena

Eurovision Song Contest

Das Geheimnis der Erfolge von Nicole und Lena

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    Kommt Deutschland nur dann in Europa gut an, wenn es unschuldig wie ein Schulmädchen ist - wie Nicole 1982 (links) und jetzt Lena?
    Kommt Deutschland nur dann in Europa gut an, wenn es unschuldig wie ein Schulmädchen ist - wie Nicole 1982 (links) und jetzt Lena? Foto: dpa/cor

    Es kann doch kein Zufall sein, dass Deutschland nur zwei Mal beim Eurovision Song Contest gewonnen hat, aber beide Male mit Sängerinnen, die gerade dabei waren, ihr Abitur zu machen? 1982 die 17-jährige Nicole, heute die 19-jährige Lena.

    Alle anderen Versuche, diesen europaweiten Wettbewerb zu gewinnen, scheiterten bisher mehr oder weniger kläglich. Kommt Deutschland nur dann in Europa gut an, wenn es unschuldig wie ein Schulmädchen ist? Liegt in der Schutzlosigkeit, mit der beide im Wettbewerb auftraten, ihr Schlüssel zum Erfolg?

    Auf jeden Fall traf Nicole 1982 mit "Ein bisschen Frieden" schon ziemlich genau den Nerv der Zeit. Schließlich befand sich die Welt gerade in einer neuen Runde atomaren Wettrüstens, und das geteilte Deutschland war in den militärischen Planspielen von Ost und West der Kriegsschauplatz für die Kurz- und Mittelstreckenraketen, gegen die wiederum die Friedensbewegung in riesigen Demonstrationen marschierte. In diese Stimmung hinein sang die 17-Jährige "Ein bisschen Frieden, ein bisschen Freude, ein bisschen Wärme, das wünsch ich mir."

    Anstelle schlagerüblicher guter Laune verbreitete Nicole in ihrem rührend-naiven Auftritt in England eine politische Botschaft, der kaum ein vernünftig denkender Mensch widersprochen hätte. Denn wer hat schon ernsthaft etwas gegen Frieden? Und gesungen von einem 17-jährigen Mädchen bekamen diese eigentlich harmlosen Zeilen auch den nötigen Nachdruck: "Ich weiß, meine Lieder, die ändern nicht viel, ich bin nur ein Mädchen, das sagt, was es fühlt."

    Auch wenn die Friedensaktivisten Nicoles Lied als Kitsch abtaten ("ein bisschen Friede ist wie ein bisschen schwanger"), sprachen die Zeilen vielen aus dem Herzen. Und Deutschland hatte mit Nicole in Europa plötzlich eine Stimme, die unschuldig und zerbrechlich klang, während bei vielen die Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg noch lebendig war. Das westliche Europa, das damals am Wettbewerb teilnahm, zeigte Deutschland per Abstimmung, wie gut ihm Nicole gefiel. Ein bisschen historisch war das schon. Aber Kriege verhindert hat Nicole nicht, das hätte niemand ernsthaft von ihr erwartet.

    Es mag also kein Zufall sein, dass sich 28 Jahre später Lena Meyer-Landrut in die Herzen Europas singt. Schließlich ähnelt sich das Muster. Auch sie ist noch Schülerin und gibt sich auf der Bühne ganz natürlich.

    Lena tanzt, wie eine 19-jährige Abiturientin zu Hause vor dem Spiegel eben tanzt. Sie ist tätowiert, was bei ihr aber frech und nett wirkt. Wenn Rebellischsein so aussieht, dürfen es Kinder gerne sein. Auf jeden Fall hat man bei Lena nicht das Gefühl, das Retortenkind eines Produzenten zu sehen, der den European Song Contest gewinnen möchte, sondern ein Mädchen, das auf der Bühne es selbst sein will.

    Auch das rührt an einen Nerv der Zeit. Denn die allermeisten Stimmen, die im Showbusiness zu hören sind, hören sich künstlich an. Man denke nur an die nie endenwollende Suche nach den Superstars und Topmodels. In den Shows tritt eine Jugend auf, die sich willig vor der Kamera verstellt, um ein bisschen Aufmerksamkeit zu erhaschen. Da wirkt Lena wie eine Frischzellenkur.

    Anders als bei Nicole trifft Lena Meyer-Landrut im Jahr 2010 auf eine Medienwelt, die schnell hysterisch reagiert. Es ist fast schon absurd, welche Erwartungen das Mädchen aus Hannover erfüllen soll. Im Feuilleton der Süddeutschen Zeitung hieß es am Freitag: "

    Wer in ihr aber eine Heilsbringerin sehen will, wird enttäuscht werden. Lena ist eine 19-jährige Abiturientin, die es genauso schwer wie andere Musiker haben wird, mit ihrer zweiten Platte an den Erfolg anzuknüpfen. Sie hat Deutschland drei Minuten lang ein sympathisches Gesicht gegeben, nicht weniger, aber auch nicht mehr. Richard Mayr

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