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Epidemie: Ein Jahr nach EHEC: Neue Welle nicht ausgeschlossen

Epidemie

Ein Jahr nach EHEC: Neue Welle nicht ausgeschlossen

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    EHEC-Keime im Labor: In Deutschland erkrankten auch vor dem großen Ehec-Ausbruch im vergangenen Mai 800 bis 1200 Menschen pro Jahr an dem aggressiven Lebensmittelkeim. Foto: Matthias Bein dpa
    EHEC-Keime im Labor: In Deutschland erkrankten auch vor dem großen Ehec-Ausbruch im vergangenen Mai 800 bis 1200 Menschen pro Jahr an dem aggressiven Lebensmittelkeim. Foto: Matthias Bein dpa

    Vor einem Jahr versetzte die EHEC-Epidemie die Bundesbürger in Angst und Schrecken. Die Stadt Hamburg war besonders stark betroffen. Die Krankenhäuser dort behandelten rund 900 EHEC-Patienten, sagt die Gesundheitssenatorin der Hansestadt, Cornelia Prüfer-Storcks (SPD), in einem Interview mit der Nachrichtenagentur dpa. Eine neue Erkrankungswelle könne niemand ausschließen.

    Erst im Februar sorgte wieder ein EHEC-Fall in Hamburg für Aufregung. Ein sechsjähriges Mädchens starb an den Folgen der Infektion, weitere EHEC-Erkrankungen wurden kurz darauf bekannt.

    Muss man damit rechnen, dass sich eine EHEC-Welle wie 2011 jederzeit wiederholen kann?

    Prüfer-Storcks: "Der Erreger ist vorhanden in der Natur. Die Krankheit trat in der Vergangenheit auf und es wird sie auch weiterhin geben - hoffentlich nicht in dem Ausmaß wie im Frühsommer 2011, aber niemand kann das für die Zukunft ausschließen. Für Hamburg sind 25 bis 30 EHEC-Fälle jedes Jahr gewissermaßen "normal", bundesweit sind es etwa 800. Todesfälle sind aber sehr selten. Es war ein Schock, dass das Mädchen im Februar starb. Das Kind hatte die schwere EHEC-Verlaufsform hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS). Es war aber nicht an dem Erregertyp erkrankt, der im vergangenen Jahr die Epidemie auslöste. Die Infektionsquelle wurde leider nicht gefunden, aber auch das ist durchaus der Normalfall."

    Hamburg war 2011 von der EHEC-Epidemie stark betroffen. Was waren die größten Schwierigkeiten?

    Keime, Kranke und Verluste - EHEC in Zahlen

    Keime, Kranke und Verluste - EHEC 2011 in Zahlen:

    In elf anderen Ländern gab es 2011 laut Weltgesundheitsorganisation EHEC- und Hus-Fälle, bei denen die Patienten eine Verbindungen nach Deutschland hatten.

    Bis zu 40 Blutkonserven am Tag benötigt ein EHEC-Patient bei besonders schwerem Krankheitsverlauf.

    Mindestens 30 Sekunden lang sollte man sich mit Seife nach dem Gang zur Toilette die Hände waschen, um Bakterien zu entfernen.

    Mindestens 10 Minuten bei 70 Grad sollte Rohkost erhitzt werden.

    Im Schnitt 2,6 Kilo Salat, 6,4 Kilo Gurken und 24 Kilo Tomaten aß laut Statistik jeder Deutsche von April 2009 bis März 2010.

    50 Millionen Euro Umsatzeinbußen verbuchten damals deutsche Gemüsebauern laut Bauernverband.

    200 Millionen Euro Verlust pro Woche machten spanische Bauern nach Verbandsangaben als Folge der deutschen Warnung vor ihren Gurken.

    150 Millionen Euro Entschädigung sollten Europas Gemüsebauern nach dem Willen der EU-Kommission erhalten.

    Prüfer-Storcks: "Insgesamt waren in der Hansestadt 568 Menschen an EHEC erkrankt, weitere 184 hatten die schwere Verlaufsform HUS, hinzu kamen zahlreiche Verdachtsfälle - das war eine riesige Herausforderung. Wir haben fieberhaft nach der Quelle gesucht. Wochenlang wussten wir nicht: Woher kommt das und wann wird es aufhören? In den Hamburger Krankenhäusern wurden rund 900 EHEC-Patienten behandelt, darunter auch Menschen aus dem Umland. Es gab Fälle, die auf der Intensivstation lagen und eine Plasmapherese (Blutwäsche) brauchten. Die notwendigen Geräte waren nicht in ausreichender Zahl vorhanden und mussten teilweise aus anderen Bundesländern herbeigeschafft werden. ... Die Krankenhäuser haben sich gegenseitig ausgeholfen, planbare Operationen wurden verschoben. In der Rückschau können wir nicht ohne Stolz sagen: Die Krise ist gut bewältigt worden."

    Bevor die Sprossen als Ursache feststanden, gaben Sie eine Warnung vor spanischen Gurken heraus. Die Schadenersatzklage eines Gemüseproduzenten ist anhängig. Haben Sie diese Warnung bereut?

    Prüfer-Storcks: "Ich sage nach wie vor, es war notwendig, diese Warnung auszusprechen. Auch wenn es schließlich nicht der damals grassierende Typ 0104 war, so haben wir doch auf dem Lebensmittel einen EHEC-Erreger gefunden, der die Komplikation HUS hätte auslösen können. Es war auch richtig, öffentlich zu warnen und diese Gurken nicht stillschweigend aus dem Verkehr zu ziehen. Wir hätten in der Kürze der Zeit die verschlungenen Vertriebswege nicht aufklären können. Die Gefahr war zu groß, dass wir nicht alle Gurken finden. Deshalb war die Warnung richtig und ich bin in Bezug auf die Klage sehr gelassen."  dpa

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