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Entführungen: Reemtsma, Oetker, Bögerl: Entführungsfälle in Deutschland

Entführungen

Reemtsma, Oetker, Bögerl: Entführungsfälle in Deutschland

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    Die Entführer haben die 17 Jahre alte Anneli umgebracht.
    Die Entführer haben die 17 Jahre alte Anneli umgebracht. Foto: Christian Essler dpa

    Die 17 Jahre alte Unternehmerstochter Anneli aus Sachsen hatte keine Chance. Beim Gassigehen wurde Anneli von ihren Entführern überwältigt, verschleppt und ermordet. Es sind insbesondere wohlhabende Familien, die immer wieder ins Visier von Entführern geraten, die dann Lösegeld erpressen. Einige Fälle im Überblick:

    Der Fall Würth im Juni 2015: Der Sohn des Schrauben-Milliardärs Reinhold Würth wird im osthessischen Schlitz entführt und kurze Zeit später in einem Wald bei Würzburg unversehrt gefunden. Zuvor war eine Lösegeld-Forderung von drei Millionen Euro eingegangen. Zu einer Übergabe kam es aber nicht. Im Juli greift die ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY ... ungelöst“ den Fall auf – aufgeklärt ist er aber bis heute noch nicht.

    Der Fall der Münchner Bankiersgattin im Juni 2015: Die Ehefrau eines Sparkassenmanagers wird in ihrem Haus in einem Münchner Vorort überfallen und in ihrem Auto entführt. Der Täter fordert eine Millionensumme. Das Opfer kann auf einem Parkplatz flüchten. Ein Tatverdächtiger wird in Thailand gefasst und nach Deutschland ausgeliefert. Er befindet sich weiter in Untersuchungshaft.

    Der entführte Bankmanager im Oktober 2012: Ein Bankmanager wird aus seiner Villa südöstlich von Berlin entführt und mit einem Kajak auf eine Schilfinsel verschleppt. Die Lösegeld-Forderung beträgt eine Million Euro. Das Opfer kann sich selbst befreien. Das Landgericht Frankfurt an der Oder verurteilt im „Maskenmann“-Prozess den Angeklagten im Juni 2015 wegen dieses Falls und Überfällen auf zwei Millionärsfamilien zu lebenslanger Haft. Allerdings muss sich auch noch der Bundesgerichtshof damit befassen, nachdem Revision eingelegt wurde.

    Chronologie: Der Fall Maria Bögerl

    12. Mai 2010: Am Vormittag wird die Ehefrau des Vorsitzenden der Kreissparkasse Heidenheim, Maria Bögerl, aus ihrer Wohnung in Heidenheim-Schnaitheim von unbekannten Tätern entführt.

    Wenig später erhält ihr Ehemann eine telefonische Lösegeldforderung über 300.000 Euro. Der Anrufer spricht einen regional typisch schwäbischen Dialekt und verwendete die Formulierung "machen Sie keine Sperenzchen".

    13. Mai 2010: Eine Lösegeldübergabe am Nachmittag des Entführungstages scheitert. An der Übergabestelle an der A7 holen die Täter das deponierte Lösegeld nicht ab.

    14. Mai 2010: Maria Bögerls Handy wird gefunden. Ihre schwarze Mercedes Benz A-Klasse, in der sie entführt wurde, entdeckt die Polizei nach Hinweisen im Hof des Klosters Neresheim.

    18. Mai 2010: Die Belohnung für Hinweise zur Aufklärung des Falls wird auf 100.000 Euro verdoppelt. Die Sonderkommission "Flagge" wird gebildet.

    19. Mai 2010: Mit einem verzweifelten Appell wendet sich die Familie in der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY... ungelöst" an die Täter. Trotz zahlreicher Hinweise gibt es keine heiße Spur.

    3. Juni 2010: Ein Spaziergänger entdeckt die Leiche von Maria Bögerl in der Nähe von ihrem Haus im Wald. Die Obduktion ergibt, dass Maria Bögerl erstochen wurde. Am 9. Juni wird sie unter großer Anteilnahme beigesetzt.

    11. Juli 2011: Maria Bögerls Ehemann Thomas erhängt sich in seinem Haus. Auch er war zwischenzeitlich in Verdacht geraten.

    14. Juli 2011: Die Kinder der Bögerls kritisieren öffentlich die Polizei.

    5. September 2012: Die Polizei wendet sich über die Sendung "Aktenzeichen XY" des ZDF an die Bevölkerung. Mehr als 500 Zuschauer melden sich.

    Januar 2013: Die Soko wird von 16 auf 12 Ermittler verkleinert. Mehr als 3000 Speicheltests machten die Beamten bis dato auf der Suche nach dem Täter oder den Tätern. Gut 9800 Hinweise gingen bisher ein.

    8. Mai 2013: Es ist ausschließlich die Rede von mehreren Tätern. Sie werden im Spielhallen-Milieu im Raum Neresheim, Giengen an der Brenz oder Dillingen gesucht.

    14. Februar 2014: In Neresheim (Ostalbkreis) soll ein DNA-Massentest die entscheidenden Hinweise bringen. Mehr als 3000 Männer sollen zur Reihenuntersuchung antreten.

    21. August 2014: Die zweite Auflage des Massentests: Auch in Giengen an der Brenz werden rund 500 Männer zum DNA-Test aufgefordert.

    Februar 2015: Ein Zeuge, der früher in Augsburg lebte, behauptet, er kenne die beiden Täter. Die Polizei ist skeptisch, da es sich beim Zeugen um einen notorischen Betrüger handelt.

    13. Februar 2015: Das Amtsgericht Ellwangen will mehrere Männer zur Speichelprobe zwingen. Diese hätten die Teilnahme an den freiwilligen DNA-Massentests bislang verweigert, gegen sie lägen aber "weitere Verdachtsmomente" vor.

    23. April 2015: Die Staatsanwaltschaft Ellwangen verkündet, den angeblichen neuen Zeugen vorerst nicht mehr vernehmen zu wollen.

    November 2015: Auf der Suche nach dem Täter werten die Ermittler mit einer neuen Software 600.000 alte Datensätze aus – darunter vor allem Handy-Verbindungsdaten aus dem Tatzeitraum.

    April 2016: Knapp sechs Jahre nach dem Mord an der Bankiersgattin geht die Polizei noch einmal 150 neuen Ermittlungsansätzen nach.

    Dezember 2016: Sechseinhalb Jahre Arbeit, über 10.300 Hinweise und keine heiße Spur. Beim Mordfall Maria Bögerl tappen die Ermittler seit Jahren im Dunkeln – aber der Fall treibt sie weiter um.

    5. April 2017: Die Ermittler suchen nach einem Verdächtigen und gehen einer entscheidenden Spur nach. Der Mann ist in Nordrhein-Westfalen gesehen worden. In der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY" suchen die Ermittler erneut nach Zeugen. Sie veröffentlichen ein Phantombild und Teile einer Tonaufnahme.

    6. April 2017: Ein Verdächtiger im Mordfall Bögerl wurde festgenommen. Er soll die Tat vergangenen Sommer betrunken vor Zeugen gestanden haben. Ein DNA-Abgleich verlief aber negativ.

    Der Fall Maria Bögerl im Mai 2010: Die Bankiersgattin Maria Bögerl wird aus ihrem Haus im baden-württembergischen Heidenheim entführt. Die Übergabe der geforderten 300.000 Euro Lösegeld scheitert. Die Leiche von Maria Bögerl wird drei Wochen später wenige Kilometer vom Haus entfernt am Waldrand unter einem Haufen Reisig entdeckt. Bögerls Ehemann, der zwischenzeitlich auch als Verdächtiger galt, nimmt sich später das Leben. Der Fall ist bis heute ungelöst. Auch Massen-DNA-Tests haben die Ermittler nicht auf die richtige Spur geführt.

    Die entführten Schlecker-Kinder konnten sich selbst befreien

    Der Fall Jakob von Metzler im September 2002: Der elf Jahre alte Bankierssohn Jakob von Metzler ist am letzten Schultag vor den Herbstferien in Frankfurt von Magnus Gäfgen abgepasst worden. Der damalige Jura-Student, der verschuldet war, lockte den Jungen in seine Wohnung. Dort erstickte er Jakob mit Klebeband. Mit der Leiche im Kofferraum fuhr er zur benachbarten Villa der Bankiersfamilie und warf einen Erpresserbrief mit der Lösegeldforderung von einer Million Euro ab. Bei der nächtlichen Geldübergabe an einer Bushaltestelle beobachtete die Polizei den Täter und nahm ihn – nachdem er keine Anstalten machte, die Geisel zu versorgen oder freizulassen – noch am selben Tag fest.

    Der Fall Reemtsma im März 1996: Der Hamburger Millionenerbe Jan Philipp Reemtsma wird auf seinem Grundstück in

    Der Fall Schlecker 1987: Die beiden Kinder des damals größten deutschen Drogeriefilialen-Inhabers Anton Schlecker werden aus ihrem Elternhaus in Ehingen (Baden-Württemberg) verschleppt. Zwei Täter erpressen 9,6 Millionen Mark. Die Jugendlichen können sich selbst befreien. Nach einem Bankraub werden die Entführer 1998 gefasst.

    Der Fall Ursula Herrmann im September 1981: Die elfjährige Ursula Herrmann aus Eching am Ammersee wird entführt. Der Täter fordert von der Familie der Schülerin zwei Millionen Mark. Im Oktober finden Polizisten ihre Leiche in einem Waldstück. Das Mädchen war qualvoll in einer Holzkiste erstickt.

    Der Fall Oetker 1976: Der Sohn des Konzernchefs Rudolf August Oetker wird bei München entführt. Zwei Tage danach wird er gegen Zahlung von 21 Millionen Mark freigelassen und schwer verletzt in einem Forst gefunden. Der Täter wird 1979 gefasst und zu einer Haftstrafe von 15 Jahren verurteilt.

    Der Fall Wienerwald 1973: Eine Tochter des „Wienerwald“-Gründers Friedrich Jahn wird aus einer Tiefgarage bei München entführt. Die Täter halten sie zwei Tage fest und lassen sie gegen drei Millionen Mark Lösegeld frei. AZ/dpa

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