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Eltern im Interview: Mircos Eltern: "Wir wissen, dass wir Mirco wiedersehen"

Eltern im Interview

Mircos Eltern: "Wir wissen, dass wir Mirco wiedersehen"

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    Die Trauer nach dem Tod des zehnjährigen Mirco sitzt auch Monate nach dem Fassen des Täters tief.
    Die Trauer nach dem Tod des zehnjährigen Mirco sitzt auch Monate nach dem Fassen des Täters tief. Foto: sas/apr

    Am 3. September 2010 wurde der zehnjährige Mirco aus Grefrath entführt, misbraucht und getötet. Im Januar 2011 gelang es der Polizei, einen 45-jährigen Familienvater festzunehmen. Dazwischen lagen fünf Monate Ungewissheit, Hoffen und Bangen für die Familie des Zehnjährigen.

    In einem Interview mit rp online sprechen die Eltern von Mirco offen über die letzten Momente mit ihrem Sohn und darüber, wie sie die Ermittlungen erlebt und durchstanden haben. Auch zu Vorwürfen aus dem Internet äußern sich die Eltern.

    Die letzten Momente mit Mirco

    Mircos Mutter hat ihren Sohn noch gesehen, bevor er mit Freunden ins Kino gehen wollte. "Er ist bei mir bei der Arbeit gewesen und hat sich verabschiedet", erzählte sie. Er wollte mit Freunden ins Kino nach Kempen gehen. "Da habe ich Mirco nur noch seinen Weg ziehen sehen", erzählte die Mutter des Zehnjährigen. Mircos Vater hat seinen Sohn am Tag seines Verschwindens gar nicht mehr gesehen, weil er früh zur Arbeit ging.

    Dass Mirco von seinem Kinobesuch nicht nach Hause zurückgekehrt war, erkannten die Eltern erst am nächsten Morgen. Die Eltern waren zuvor früh ins Bett gegangen. "Mama ist jetzt weg, im Bett, Mirco müsste gleich kommen", hatte die Mutter zu ihrer Familie gesagt. "Manchmal sind die Kinder einfach rein, ohne uns zu sagen, dass sie wieder da sind. Für Mirco war das normal", erklärte der Vater. Mircos Verschwinden blieb über Nacht unbemerkt.

    Erst als am nächsten Morgen das Bett noch unbenutzt und Mircos Fahrrad nicht im Schuppen stand, wurden die Eltern nervös. Deswegen waren sie im Internet mit Vorwürfen konfrontiert worden, wie man sein zehnjähriges Kind so spät noch alleine draußen lassen könne. Die Mutter wehrte diese Vorwürfe im Interview ab: "Wir haben von dem Zeitpunkt Mircos Verschwinden an gesagt: Mit gegenseitigen Schuldzuweisungen wollen wir uns nicht fertig machen". Solche Vorwürfe seien unbedacht gesagt worden.

    Mit Glauben und Hoffen die Angst durchstehen

    Mircos Mutter habe sofort gewusst, dass ihrem Sohn etwas zugestoßen war. Der Leiter der Soko Thiel, war in dieser Hinsicht offen zu den Eltern: "Ich bringe Ihnen Ihr Kind, aber nicht mehr lebend", habe Thiel zur Familie gesagt. Doch wie Polizisten berichtet haben, hatte die Mutter die Hoffnung nie aufgegeben. "Ich habe mich jeden Tag hingesetzt, in der Bibel gelesen und gebetet", sagte die gläubige Christin.

    Mircos Eltern: "Ohne Mirco ist es so still"

    Das Leben der Familie hat sich verändert. Mirco fehlt ihnen:"Am 8. Januar bin ich 35 Jahre alt geworden. Da habe ich mir die Frage gestellt: Wie werden die nächsten Geburtstage ohne Mirco?", sagte Mircos Mutter gegenüber rp online. Er habe die Eltern oft einfach so in die Arme genommen und gesagt: "Mama, du hast doch mich. Das nie mehr zu bekommen ist schlimm." Mirco sei ein lebhafter Junge gewesen. "Jetzt ist es oft so still", schilderte die Mutter die Situation zu Hause.

    Fälle getöteter Kinder in Deutschland

    Februar 2002: Am Rosenmontag 2002 steigt ein junger Mann in das Haus einer Familie in Gersthofen und ermordet die zwölfjährige Vanessa. Der Täter wird gefasst und zu zehn Jahren Jugendstrafe verurteilt.

    6. Mai 2004: Die achtjährige Levke aus Cuxhaven verschwindet nach der Schule. Dreieinhalb Monate später wird ihre skelettierte Leiche in einem Sauerländer Waldstück gefunden. Der Täter tötet am 30. Oktober 2004 auch den achtjährigen Felix. Er wird 2005 zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherheitsverwahrung verurteilt.

    Juni 2004: In Metzels (Thüringen) erwürgt und ersticht ein 38 Jahre alter vorbestrafter Kinderschänder die sechsjährige Jessica. Die Kleine war auf dem Heimweg vom Kindergarten.

    13. Oktober 2004: Die siebenjährige Angelina wird vom 17-jährigen Bruder ihrer Freundin vergewaltigt und anschließend ermordet.

    17. Februar 2005: Der der neunjährige Peter wird in München ermordet aufgefunden. Die Polizei nimmt einen 28-jährigen vorbestraften Kindesmörder fest, der mit Peters Vater bekannt war.

    17. Mai 2005: Ein 37-Jähriger zerrt die sechsjährige Ayla in Zwickau in sein Auto und tötet sie.

    22. Februar 2007: In Leipzig wird der neunjährige Mitja wahrscheinlich sexuell missbraucht und erstickt. Der Täter wird nach einem Suizidversuch festgenommen und 2007 zu lebenslanger Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt.

    7. September 2007: Die achtjährige Jenisa verschwindet in Hannover auf dem Weg zu ihrer Tante. Vier Tage später findet die Polizei Kleidungsstücke und Schuhe eines Mädchens, die zur Beschreibung der Bekleidung Jenisas zum Zeitpunkt ihres Verschwindens passen. Von dem Mädchen fehlt bis heute jede Spur.

    18. August 2008: Die achtjährige Michelle aus Leipzig kehrt nicht von der Ferienbetreuung in der Grundschule nach Hause zurück. Drei Tage später wird am Stötteritzer Wäldchen im Südosten Leipzigs ihre Leiche entdeckt. Der geständige Täter, ein 19-Jähriger, wird im Oktober 2009 zu einer Jugendstrafe von neuneinhalb Jahren verurteilt.

    12. Januar 2009: Die achtjährige Kardelen aus Paderborn verschwindet auf dem Weg zu einer Freundin. Drei Tage später wird ihre Leiche am rund 60 Kilometer entfernten Möhnesee gefunden. Der 29-jährige mutmaßliche Täter, ein Nachbar, wird vier Wochen nach der Ermordung in der Türkei gefasst. Im Dezember 2009 wird er dort zu lebenslanger Haft verurteilt.

    Juli 2009: Polizisten finden die Leiche der neunjährigen Corinna aus Eilenburg (Sachsen) in einem Nebenarm der Mulde. Das Kind fiel einem Sexualverbrechen zum Opfer.

    3. September 2010: Der zehnjährige Mirco aus Grefrath verschwindet abends auf dem Heimweg. Die Polizei geht bald von einem Verbrechen aus. Erst im Januar 2011 können die Ermittler einen Verdächtigen festnehmen. Der 45-jährige aus dem nahe gelegenen Schwalmtal ist geständig und führt die Ermittler zu Mircos Leiche. Er wird später verurteilt.

    15. November 2010: Die 14-jährige Nina aus Bodenfelde in Niedersachsen kehrt nicht nach Hause zurück. Wenige Tage später verschwindet der 13 Jahre alte Tobias. Am 21. November werden die Leichen der beiden Kinder am Ortsrand von Bodenfelde gefunden. Wenig später wird der 26-jährige Jan O. festgenommen.

    April 2012: Wegen Mordes aus Habgier muss der Onkel von Chiara (8) und Sharon (11) aus Krailling bei München lebenslang in Haft. Der verschuldete Familienvater habe im März 2011 auch die Mutter der Kinder umbringen wollen, um seiner Frau ein Erbe zu verschaffen, urteilt das Gericht. Die Verteidigung legt Revision ein.

    25. März 2012: In einem Parkhaus in Emden wird ein totes Mädchen gefunden. Ihr 19-jähriger Mörder wird später gefasst und seine Unterbringung in einer Psychiatrie angeordnet - auf unbestimmte Zeit. Er sei wegen einer schweren Persönlichkeitsstörung vermindert schuldfähig und eine "Gefahr für die Allgemeinheit", so das Gericht.

    16. Februar 2014: Angler finden die Leiche der zwölfjährigen Franziska aus dem Kreis Eichstätt. Ein 26-Jähriger hat die Tat gestanden.

    Mitleid mit der Familie des Täters

    Doch trotz der Trauer um ihren verlorenen Sohn haben Mircos Eltern Mitleid für die Familie des Täters: "Als ich erfahren habe, dass er Vater von Kindern und verheiratet ist, habe ich gedacht, dass er nicht nur eine Familie kaputt gemacht hat, sondern gleich zwei", erklärte Mircos Mutter. "Auch die Kinder tun mir unheimlich leid. Ihnen geht es fast noch schlimmer als uns", sagte sie.

    Die Eltern des ermordeten Mirco aus Grefrath wollen anderen Opferfamilien helfen und einen Verein gründen. Der Verein soll Menschen unterstützen, die ähnliches erlebt haben, sagten sie in der ARD-Sendung "Beckmann".

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