Mit dem Klopapier ist es wie mit vielen anderen fundamentalen Dingen des Alltags: Wenn sie da sind, verlieren wir nicht viele Worte darüber, aber wehe, sie fehlen einmal... Dabei erzählt die Entstehungsgeschichte des Klopapiers vielleicht mehr über die kulturelle Entwicklung der Menschen, als uns bewusst ist.
Der Verbrauch: Drei Milliarden Rollen im Jahr
Am Tag greifen die Deutschen rund sechs Mal zur Rolle - und verbrauchen damit rund drei Milliarden Rollen Toilettenpapier pro Jahr, hat die Zeitschrift Ökotest 2009 gezählt. Das sind pro Person etwa 20 Blatt am Tag.
In den USA, wo die Menschen traditionell sehr dünnes Klopapier benutzen, braucht der durchschnittliche Toilettengast sogar mehr als acht Blätter Papier pro Sitzung. Damit kommt ein US-Amerikaner auf mehr als 20 800 Blatt im Jahr - oder etwa 57 täglich.
Das unumgängliche Bedürfnis nach den Rollen schlägt sich auch in den Geldbeuteln der Verbraucher nieder: Nach einer Schätzung von Stiftung Warentest gaben die Deutschen 2006 mehr als eine Milliarde Euro für Toilettenpapier aus.
Klopapier als Kulturgut
Doch Klopapier ist nicht nur nützlich und nötig, es übt auch auf einige Menschen eine große Faszination aus: Neben dem "Virtual Toilet Paper Museum", dessen Sammelstücke bis in die 1880er Jahre zurückdatieren, gibt es mehrere private Sammler.
Gaby Faehndrich ist eine von ihnen. Als sie 2002 in den Ruhestand ging, begann die Leverkusenerin damit, Toilettenpapiere zu sammeln. "Ich habe mich gefragt: Auf was kannst du am wenigsten verzichten? - und das war die Antwort", erklärt Faehndrich. Je mehr sie sich mit dem Papier beschäftigte, desto faszinierter war die studierte Physik-Ingeneurin.
Über 300 verschiedene Klopapier-Proben in der Sammlung
Inzwischen hat Faehndrich über 300 verschiedene Papiere in ihrer virtuellen Sammlung. Jedes Blatt bestimmt Faehndrich einzeln, versieht es mit Herkunft, technischen Daten wie Material und Struktur und archiviert es dann. Ein Foto kommt auf ihre Homepage, die Original-Probe in einen Karteikasten.
Seit sie ihre Sammlung auf einer Website im Internet präsentiert, bringen ihr Freunde Klopapier-Proben aus aller Welt mit. Die Stücke stammen aus Norwegen, den USA oder sogar dem ehemaligen Saigon in Vietnam, Klopapier mit Sudoku-Aufdruck findet sich ebenso wie saisonale Sondereditionen - etwa das Weihnachts-Klopapier mit Spekulatiusduft.
Kleine Kulturgeschichte des Klopapiers
Um sich nach dem Verrichten der Notdurft zu reinigen, kamen über Jahrhunderte verschiedenste Materialien zum Einsatz, etwa Lumpen, Laub oder andere Naturprodukte.
Die alten Römer stellten einen Schwamm an einem Stiel neben dem Abort bereit. Dieser wurde der Überlieferung nach mit Salzwasser gereinigt.
Nach der Einführung des Papiers kamen vielerorts alte Zeitungsreste zum Einsatz.
In anderen Kulturen verzichtet man auf externe Hilfsmittel. In einem Teil der islamischen Welt beispielsweise dient die linke Hand bis heute der Reinigung. Zum Essen und zur Aufnahme sozialer Kontakte wird daher nur die rechte Hand benutzt.
Das erste Klopapier entwickelten Forschungserkenntnissen zufolge die Chinesen. Für den chinesischen Kaiser wurde bereits im Jahr 1391 Toilettenpapier hergestellt.
Nach Westen kam die Erfindung schließlich im Laufe des 19. Jahrhunderts. 1857 brachte der US-Amerikaner Joseph Gayetty das erste Toilettenpapier auf den amerikanischen Markt - unter dem etwas verschämten Namen "therapeutisches Papier".
22 Jahre später, im Jahr 1879, brachte der Brite Walter Alcock das Klopapier dann in seine heute bekannte Form und verkaufte es als handliche Rollen.
Erster Hersteller von Klopapier in Deutschland war Hans Klenk. Er eröffnete 1928 in Ludwigsburg die erste Klopapierfabrik und brachte seinen Namen auf dem Papier groß raus - die Marke "Hakle" (für "HAns KLEnk") war geboren.
30 Jahre lang waren die Deutschen an raues Krepppapier gewöhnt, bis Hakle 1958 das erste weiche Tissuepapier auf den Markt brachte. 1972 gelang gar eine kleine Revolution: Die deutsche Firma entwickelt das erste dreilagige Klopapier weltweit.
Heute ist Klopapier ein Hightech-Produkt: Ingenieure und Chemiker arbeiten in den Firmen daran, die Dicke, Reißfestigkeit und Saugfähigkeit des Papiers zu perfektionieren.
Klopapier - ein Hightech-Produkt
So ausgefallen solche Papiere erscheinen, sind sie doch keine Seltenheit. Denn der deutsche Klopapiermarkt ist hart umkämpft, und so müssen sich die Hersteller immer wieder Besonderheiten einfallen lassen.
Heute führen die Klopapier-Hersteller einen wahren Hightech-Wettbewerb und eifern mit immer neuen Innovationen um die Gunst der Käufer. Vor einigen Jahren ließ sich die Firma "Procter & Gamble", Heimat des "Charmin"-Toilettenpapiers, eine neue Technik zur Papierherstellung patentieren:
Der Zellstoffbrei, aus dem das Klopapier besteht, wird nicht ausgewalzt, sondern auf ein Gitter aufgesprüht und mit heißer Luft getrocknet. Das Papier wird dadurch angenehm weich, bleibt aber gleichzeitig stabil.
Was wischt weicher?
Dieser Komfort ist den Kunden beim Klopapierkauf wichtig. Schließlich geht es um einen besonders empfindlichen Körperbereich.
Mehr als 80 Anbieter streiten um die Vorherrschaft in deutschen Badezimmern, die allermeisten ihrer Produkte sind gut. Zu diesem Ergebnis kam die Stiftung Warentest in einer Versuchsreihe.
Wer welches Papier bevorzugt, ist am Ende eine Frage des individuellen Geschmacks, bestätigt auch Sammlerin Gaby Faehndrich. In ihrer eigenen Toilette herrscht Abwechslung. "Ich kaufe jedes Mal eine andere Sorte Klopapier - schließlich will ich immer wieder neue Proben", sagt sie.
Da die Verwendung als Klopapier üblicherweise die letzte Station im Leben einer Papierfaser darstellt, macht es aber eingedenk der Umwelt Sinn, Klopapier aus recyceltem Material zu kaufen.
Laut Umweltbundesamt sind Produkte aus Altpapier deutlich ökologischer als Papiere aus Frischholzfasern, weil die Industrie für die Produktion von Recyclingpapier weniger Holz, Wasser und Energie braucht. Und auch in den Tests kann Recycling-Papier gut mit den Konkurrenten aus nagelneuem Zellstoff mithalten.