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ESC 2018: Mary Roos ist immer noch gerne unvernünftig

ESC 2018

Mary Roos ist immer noch gerne unvernünftig

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    Der Schlager ist bizarr, witzig, dämlich, pompös und in seinen besten Momenten hat er sogar etwas von seinem französischen Pendant, dem anspruchsvolleren Chanson. Das darf man ruhig glauben. Und 60 Jahre zurückgehen, als die Damen ihre Taille mit Tortenstückchen vergrößerten und zum Nachmittagskaffee die Wirtschaftswunderjahre einläuteten.

    60 Jahre ist es auch her, dass die kleine Rosemarie Böhm, wie Mary bürgerlich heißt, „Ja, die Dicken sind so gemütlich“ sang. Es war halt eine andere Zeit, als Schlagersängerinnen noch nicht auf dem Trapez herumturnten und Spielhöschen trugen wie Helene Fischer. Auch

    Angeber-Wissen: Womit man am ESC-Abend punkten kann

    DA-TAM DADA-TAM DAM-TAAAAA-DAM: Bevor die Übertragung des ESC als Veranstaltung der Europäischen Rundfunkunion EBU richtig startet, ertönt in der Regel die Eurovision-Fanfare. Bekannt ist sie sicherlich den meisten, weil sie früher auch vor "Wetten, dass..?" gespielt wurde. Komponiert hat sie der Franzose Marc-Antoine Charpentier, der im 17. Jahrhundert lebte. In den 1950er Jahren entschied die EBU, dessen "Te Deum" als ihre Hymne einzuführen.

    HEIMSIEGE: Oslo-Gewinnerin Lena versucht es mit "Taken By A Stranger" 2011 in Düsseldorf, kann den Titel aber nicht in Deutschland halten. Sechs anderen ist ein Heimsieg jedoch schon geglückt: So holt zum Beispiel gleich beim ersten Grand Prix 1956 in Lugano die Schweizerin Lys Assia mit "Refrain" den Sieg. 13 Jahre später singt Salomé mit "Vivo cantando" ihre Heimat Spanien in Madrid auf Platz eins. 1973 schafft das auch die Luxemburgerin Anne-Marie David mit "Tu te reconnaîtras". Oder Gali Atari mit der Band Milk and Honey, die sich in Jerusalem 1979 mit "Halleluja" durchsetzt.

    3 MAL IRLAND: Weil die Grüne Insel ihren Heimvorteil gleich zweimal nutzen kann, trägt sie den ESC dreimal nacheinander aus: 1993, 1994, 1995. Den Startschuss gibt Linda Martin in Schweden, als sie 1992 mit "Why Me?" in Malmö den Sieg holt. Danach gewinnen Niamh Kavanagh ("In Your Eyes") in Millstreet und im Jahr darauf Paul Harrington und Charlie McGettigan ("Rock'n'Roll Kids") in Dublin. Erst 1995 bricht das norwegische New-Age-Duo Secret Garden ("Nocturne") in Dublin die Siegesserie - nur um ein Jahr später in Oslo den Titel wieder an Irland abzugeben: an Eimear Quinn mit "The Voice". Die Insel ist mit sieben Siegen das bislang erfolgreichste ESC-Land - vor Schweden.

    IMMER WIEDER ZWEITER: Sage und schreibe fünfzehn Mal musste sich Großbritannien bisher mit dem zweiten Platz zufrieden geben - zuletzt 1998 mit Imaanis "Where Are You" in Birmingham. Zweimal (1968 und 1988) haben die Briten sogar nur mit einem Punkt Abstand das Nachsehen. Kein anderes Land kommt in der ESC-Geschichte annähernd so oft auf diesen undankbaren Rang. Das Königreich steht allerdings als dritterfolgreichste Nation auch fünfmal ganz oben auf dem Treppchen. Seit 2010 verpassen die Briten aber stets die Top Ten - trotz solcher Zugpferde wie Bonnie Tyler, Engelbert oder die Boyband Blue.

    L'ALLEMAGNE ZÉRO POINTS: Dass sich Deutschland im ESC-Finale zuweilen nicht gerade mit Ruhm bekleckert, kann passieren. Achtmal landet ein Beitrag auf dem letzten Platz. Dass allerdings dabei nur null Punkte abgeholt werden, gab es bisher nur selten. 2015 bekommt Ann Sophie (im nationalen Vorentscheid nur Zweite, doch Sieger Andreas Kümmert verzichtet) mit "Blue Smoke" in Wien keinen einzigen Zähler. Zuvor war das Deutschland zuletzt mit Ulla Wiesner ("Paradies, wo bist du?") 1965 in Neapel passiert - damals allerdings verteilte noch allein eine Jury Punkte, nicht auch die Zuschauer.

    DEUTSCHLAND NICHT IM FINALE: Wie wäre wohl Leons Eurodisco-Stampfer "Blauer Planet" vor dem internationalen ESC-Publikum angekommen? Man wird es nie erfahren. 1996 wollen 30 Länder ihre Kandidaten nach Oslo schicken, aber 23 Plätze sind nur zu vergeben. Eine Jury entscheidet, dass auch der Sieger des deutschen Vorentscheids zu denen gehört, die nicht ins Finale kommen. Deutschland ist erstmals draußen. Um das künftig zu verhindern, entscheidet die EBU später: Die größten Geldgeber, darunter Deutschland, sind immer fürs Finale gesetzt.

    DER EWIGE SIEGEL: Ja, 2017 ist auch er wieder dabei: Ralph Siegel, der Nicole "Ein bisschen Frieden" auf den Leib schneiderte und damit 1982 das Siegerlied im britischen Harrogate komponierte, schickt diesmal seinen 25. Beitrag zum ESC. Valentina Monetta und Jimmie Wilson aus San Marino gehen mit dem Song "Spirit Of The Night" in Kiew an den Start. Erstmals war Mr. Grand Prix mit seinem "Bye Bye, I Love You" (gesungen von Ireen Sheer für Luxemburg) 1974 dabei, danach folgten 14 Songs für Deutschland wie etwa "Theater" (Katja Ebstein, 1980) oder "Johnny Blue" (Lena Valaitis, 1981). Seit 2004 komponiert der heute 71-Jährige für Teilnehmer aus anderen Ländern.

    AUS AFRIKA: Australien oder Aserbaidschan - der ESC macht an den Grenzen Europas nicht halt. Das bisher einzige afrikanische Land ist 1980 dabei: Marokko schickt die Sängerin Samira mit "Bitakat hob" nach Den Haag. Der Grund: Israel sagte die Austragung des Grand Prix ab, weil am selben Tag der Holocaust-Gedenktag in dem Land begangen wird. Die Niederlande springen ein, und das nordafrikanische Land, das Israel nicht als Staat anerkennt, nutzt die Gelegenheit - jedoch mit mäßigem Erfolg: Platz 18 von 19 für Samira. Weil Israel danach wieder dabei ist, bleiben seither arabische Staaten dem ESC fern. (dpa/AZ)

    Dabei war sie Anfang der 1970er Jahre eine große Nummer im deutschen Schlager. Ihr „Arizona Man“ gilt als Kultsong schon deshalb, weil der spätere Südtiroler Disco-König Giorgio Moroder erstmals Synthesizer in einem deutsch gesungenen Pop-Schlager eingesetzt hatte. In der Weihnachtszeit warben findige Promoter mit der Formulierung „Es ist die Roos entsprungen“.

    Den Sprung in die Hitparaden schaffte die in Bingen am Rhein geborene Königin der leichten Klänge mit Hits wie „Am Anfang war die Liebe“ und dem thematisch einschlägigen Dramolett „Nur die Liebe lässt uns leben“, das es 1972 bis auf Platz drei des Grand Prix d’Eurovision de la Chanson schaffte. Im Moment genießt Mary Roos ein Comeback, das der 69-Jährigen keiner zugetraut hatte.

    ESC-Jurypräsidentin Mary Roos: Hilfe für den deutschen Schlager?

    Auf dem TV-Sender Vox gehört sie zur „Sing meinen Song“-Staffel, in der ARDist sie deutsche ESC-Jurypräsidentin – und zwischendrin legt der Schlagerstar ein neues Album vor. Jetzt liebt sie das „Abenteuer Unvernunft“, wie sie ihr neues Werk genannt hat. „Ich bin nicht mehr so vernünftig wie früher und finde das sehr befreiend“, erzählt Roos. „Heute entscheide ich viel mehr aus dem Bauch heraus.“

    Dazu gehört auch, dass sie sich mit jüngeren Musikern wie Johannes Oerding zusammengetan hat. Die Kollegen interpretieren in dem TV-Format, das auf Vox bereits in der fünften Staffel läuft, populäre Lieder von Mary Roos neu, die Folge, in der sich alles um die Roos drehen wird, kommt am 22. Mai. Ihre Version eines Hits von Gastgeber Mark Forster findet sich auch auf der Platte. „Er ist jemand, der sich überhaupt nicht verstellt“, sagt Roos. „Es war mir sehr wichtig, den Song ,Bauch und Kopf‘ – für mich einer seiner schönsten – mit drauf zu nehmen.“ Für ihre Texte wird sie von Kritikern gelobt: „Ich werde mich feiern, bis gar nichts geht“, singt sie einmal in „Sie kann es tragen“. Bis die Leute sich sagen, „sie hat so ’n Gesicht, das nicht jedem steht, aber sie kann es tragen.“ Wohl wahr.

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