Per Abmahnung hat Duisburgs Oberbürgermeister Sauerland offenbar versucht, die Verbreitung interner Loveparade-Dokumente zu verbieten. Der Schuss ging allerdings nach hinten los.
Gut drei Wochen nach der Katastrophe auf der Loveparade in Duisburg mit 21 Toten hatten Duisburger Blogger am Montag auf der Internetseite Xtranews.de interne Dokumente zur Loveparade veröffentlicht. "Loveparade-Gutachten: Die Sache mit den Fluchtwegen", betitelten die Blogger ihren Eintrag am 16. August: "Aus den heutigen Anlagen geht unserer Meinung nach hervor, dass nicht nur vorhersehbar war, welche Risiken die Stadt eingeht, sondern das sie wissentlich die Risiken in Kauf genommen hat - mit den schlimmst-möglichen Folgen", hieß es in dem Blogeintrag unter anderem.
Zu finden sind die zitierten Dokumente allerdings nicht mehr auf der Webseite. Stattdessen nur eine Notiz: "Leider ist uns heute 17.8. per einstweiligen Verfügung des Landgerichtes Köln untersagt worden, die Dokumente zu veröffentlichen. Antragsteller ist die Stadt Duisburg vertreten durch Adolf Sauerland. Man beruft sich auf § 97 UrhG", heißt es auf Xtranews. Sprich: Die Stadt Duisburg begründete ihre Abmahnung offensichtlich mit einer Verletzung ihres Urheberrechts durch die Veröffentlichung.
Der Schuss ging allerdings nach hinten los. Auf der Seite Xtranews sind die fraglichen Dokumente zwar nicht mehr zu finden, stattdessen aber auf Dutzenden anderen Seiten.
Wie häufig in solchen Fällen löste die Abmahnung prompt eine Welle der Solidarität unter den deutschen Bloggern aus. Viele von ihnen berichteten über den Fall - und machten die Sache damit erst recht öffentlich. Zugleich begannen sie, die Dokumente nun erst recht weiterzuverbreiten. So rief unter anderem Deutschland bekanntestes Blog netzpolitik.org auf, sich von der Abmahnung nicht einschüchtern zu lassen: "Ladet die Dokumente überall hoch, wo es geht. So viele Einstweilige Verfügungen können die nicht beantragen…", hieß es.
Die Stadt Duisburg und ihr Oberbürgermeister Sauerland erleben damit ein Internetphänomen, das auch unter dem Namen "Streisand-Effekt" bekannt geworden ist: Wer versucht, die Veröffentlichung einer Information im Internet zu verhindern, muss damit rechnen, dass diese in der Folge erst recht - und umso massiver - verbreitet wird. Zurück geht der Begriff auf die Sängerin Barbra Streisand. Sie hatte verhindern wollen, dass auf einer Internetseite Fotos ihres Strandhauses veröffentlicht werden. Als das bekannt wurde, veröffentlichten umgehend etliche andere Internetseiten das Bild ebenfalls. Sascha Borowski