Dieter Hallervorden: "Mein Leben besteht nicht aus Ängsten"
Exklusiv Schauspieler und Komiker Dieter Hallervorden erklärt, weshalb er auch mit 83 Jahren keine Sekunde ans Aufhören denkt. Und warum er sich eine Insel gekauft hat.
Herr Hallervorden, Sie sind 83 Jahre. Darf man da fragen: Ist der Ruhestand ein Thema für Sie?
Dieter Hallervorden: Auf gar keinen Fall. Ruhestand hat ja etwas von Aufgeben. Ich kenne viele Leute, die den Ruhestand herbei gesehnt haben, dann aber plötzlich sehr viel Zeit hatten, aber nicht mehr wussten, was sie mit der Zeit anfangen sollen. Und ich habe keine Lust, kleine Segelboote in Weinflaschen zu stecken oder mit einer Nagelschere die Grasnarbe im Garten zu beschneiden. Ich finde, da gibt es schönere Dinge, mit denen man sein Leben gestalten kann.
Sie leiten noch zwei Theater in Berlin, drehen Kino- und TV-Filme – und stehen auch noch regelmäßig selbst auf der Bühne. Woher nehmen Sie die Kraft und Energie?
Hallervorden: Das kann ich ehrlicherweise gar nicht sagen. Es ist einfach so. Ich habe den Beruf aus einem Hobby heraus gewählt, und er macht mir immer noch unsäglich viel Spaß. Außerdem bin ich dem Leben positiv zugewandt und habe als Schauspieler eine gewisse Bandbreite. Da möchte ich immer noch viele Facetten ausloten und immer noch viel Neues erleben.
Sie sind Kabarettist, Schauspieler, Sänger, Synchronsprecher, Moderator und Theaterleiter. Was sind Sie denn am liebsten?
Hallervorden: Mit großem Abstand Schauspieler.
In Ihrem neuen Film „Mein Freund, das Ekel“ tyrannisieren Sie als Lehrer im Ruhestand Ihre Umgebung und entpuppen sich am Ende doch als guter Typ. Hätten Sie sich auch privat vorstellen können, Lehrer zu werden?
Hallervorden: Nein, das glaube ich nicht. Hatte ich auch nie vor. Ich habe Romanistik und Publizistik studiert und wollte eigentlich politischer Auslandskorrespondent werden. Allerdings habe ich das Studium im Doktorandenseminar abgebrochen und einen anderen Weg gewählt. Über den bin ich im Nachhinein ganz glücklich.
Hallervorden hat gern den Grantler gespielt
Wie war die neue Rolle? Hat es Spaß gemacht, so einen alten Grantler zu mimen?
Hallervorden: Absolut. Es fiel mir schon beim ersten Durchlesen des Drehbuches auf, dass diese Rolle Qualität hat und der Film dramaturgisch gut gebaut ist.
Sind Sie selbst ein eher heiterer, lustiger Mensch – oder haben Sie auch eine menschenfeindliche Seite?
Hallervorden: Ich bin durchaus starken Stimmungsschwankungen unterworfen, aber insgesamt gesehen bin ich kein Misanthrop, sondern dem Leben gegenüber sehr aufgeschlossen. Ich gehe gerne auf Leute zu, in der Hoffnung, dass sie meine Signale richtig verstehen und mich so behandeln, wie ich sie behandle. Es ist immer wichtig, dass man seine eigenen Prinzipien nicht auf den Kopf stellt, nur, weil andere sie nicht teilen. Es geht auch darum, sich nicht so zu verbiegen, dass man nicht mehr man selbst ist.
Sie sagen, die Bekanntheit hat auch Schattenseiten. Früher sei es schon so gewesen, dass man Sie mit der Slapstick-Figur Didi verwechselt habe. Sie sagen: „Wer mich nur auf ,Palim, Palim!‘ reduziert, der tut mir, glaube ich, unrecht.“
Hallervorden: Das ist mein Zitat. Und Didi ist ja tatsächlich eine Kunstfigur. Die hat zwar vieles, was meine Privatperson anbelangt, denn daraus ist sie ja entwickelt worden. Aber alles in allem gilt auch: Wenn ich so durchs Leben gehen würde, wie es Didi tut, würde ich nicht mehr frei rumlaufen. Dieter Hallervorden hat also letztendlich so viel mit Didi zu tun wie Karajan mit einem Kuhstall. Da gibt es schon erhebliche Unterschiede.
Vor dem Lärm flüchtet Hallervorden auf seine Insel
Sie haben erst spät die Chance bekommen, jenseits dieser Figur aus der Serie „Nonstop Nonsens“ Charakterrollen wie den Amandus Rosenbach in „Honig im Kopf“ zu spielen. Haben Sie auf Ihre alten Tage Gefallen daran gefunden, sich neu zu erfinden?
Hallervorden: Natürlich hatte ich auch schon vorher Lust, andere Dinge zu spielen. Und man muss auch bedenken, wenn man zurückblickt auf ,Das Millionenspiel’ oder den ,Springteufel’, dass ich auch früher schon anderes gemacht habe als die reine Slapstick-Komik. Man muss aber auch wissen: In dem Moment, in dem ich nicht selbst produziere, bin ich auf das angewiesen, was mir angeboten wird. Und da musste ich eben warten. Die Chance kam mit ,Sein letztes Rennen’, wofür ich dem Regisseur und Autor Kilian Riedhof ewig dankbar sein werde. Denn dadurch kamen auch andere drauf, dass Hallervorden auch anders einsetzbar ist.
In „Honig im Kopf“ spielen Sie einen Alzheimerkranken. Haben Sie selbst auch Angst vor einer unheilbaren Krankheit oder einem Schicksalsschlag?
Hallervorden: Mein Leben besteht nicht aus Ängsten. Was kann einem nicht alles passieren? Da sollte man nicht zu viel drüber nachdenken.
Sie besitzen eine eigene Insel vor der französischen Küste. Haben Sie bei all den Beschäftigungen überhaupt Zeit, das Eiland zu genießen?
Hallervorden: Mal mehr, mal weniger. Klar, die beruflichen Pflichten sind enorm. Außerdem ist die Welt groß, darum ist es auch Quatsch, immer nur auf dieses eine Eiland zu fahren. Aber ich bin jemand, der immens geräuschempfindlich ist. Und alles wird ja immer lauter, dazu kommt diese Handysucht, wodurch alle ständig in großer Lautstärke Dinge von sich geben, die den neben ihnen stehenden Menschen natürlich nicht interessieren, sondern belästigen. Und all das brauche ich nicht. Darum ist die Insel gut, die Batterien aufzuladen und die Seele baumeln zu lassen.
Wie kamen Sie denn dazu, eine Insel zu kaufen?
Hallervorden: Es gibt einen Makler für Inseln. Das ist ein ehrenwerter Mann, der in seinem Leben über 2000 Inseln verkauft hat. Ich habe mir einige angesehen und mich für eine Insel vor Frankreich entschieden. Einmal, weil ich frankophil bin, zum anderen, weil es keinen Zweck hat, sich zu weit von seinen kulturellen Wurzeln zu entfernen.
Wie groß ist denn die Insel?
Hallervorden: Etwa 17.000 Quadratmeter. Es ist also eine kleine Insel.
Wer eine Insel hat, hat der noch andere Wünsche?
Hallervorden: Gesund bleiben und das Leben weiter in vollen Zügen genießen! Das würde mir reichen.
TV-Tipp „Mein Freund, das Ekel“ läuft am 9. Mai um 20.15 Uhr im ZDF. In der ZDF-Mediathek ist er bereits zu sehen.
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