Laut den Vereinten Nationen ist keine Stadt schmutziger als Neu-Delhi. Wohl nirgends in Indiens Hauptstadt wird dies deutlicher, als am Fuße des Müllbergs von Ghazipur im Osten der Millionen-Metropole. Er soll der größte des Landes sein und ist bereits von Weitem zu sehen. Greifvögel ziehen über dem Berg ihre Runden; Kühe, Hunde und Ratten streunen über die übelriechende Fläche. 65 Meter ist die gigantische Mülldeponie bereits hoch, die Fläche entspricht der von 40 Fußballfeldern.
Und der Berg wächst immer weiter - zehn Meter pro Jahr. Laut Hochrechnungen könnte er bereits 2020 das 73 Meter hohe Denkmal Taj Mahal überragen. Das berichtete die Nachrichtenagentur afp. Also jenes strahlend weiße Mausoleum, das ein Großmogul im 17. Jahrhundert zum Gedenken an seine verstorbene große Liebe am Stadtrand von Agra errichten ließ. Ghazipur hingegen ist das Gegenteil von strahlend.
Der Müllberg in Neu-Delhi hätte bereits 2002 geschlossen werden müssen
Nach Angaben der Stadtverwaltung werden am Müllberg von Ghazipur trotzdem jeden Tag rund 2000 Tonnen Müll abgeladen. Indiens Oberster Gerichtshof warnte deshalb im vergangenen Jahr, dass dort bald rote Warnlichter für den Flugverkehr aufgestellt werden müssten. Laut The Economic Times, einer indischen Tageszeitung, hätte die 1984 eröffnete Deponie eigentlich schon 2002 geschlossen werden müssen, als die Kapazitäten erreicht waren. Doch weil über 28 Millionen Menschen täglich tonnenweise Müll produzieren, bringen hunderte Lastwagen auch weiterhin den Unrat von Neu-Delhi nach Ghazipur.
Die Deponie stellt ein großes Gesundheitsrisiko besonders für jene Menschen dar, die in einem Radius von fünf Kilometern um den Müllberg herum leben. Brände, die durch Methangas ausgelöst werden, brechen regelmäßig aus und dauern Tage an, bis sie gelöscht werden. Sickerwasser, eine schwarze giftige Flüssigkeit, tritt aus der Müllhalde in einen nahen Kanal aus. Zudem leiden viele Anwohner unter Atemproblemen oder sind an Krebs erkrankt.
Indien: Zwei Menschen kamen 2018 am Müllberg ums Leben
2018 brach ein Teil des Hügels bei starken Regenfällen zusammen und tötete zwei Menschen. Müll auf dem Berg zu entsorgen wurde nach den Todesfällen verboten - die Maßnahme hielt jedoch nur wenige Tage an, da die Behörden keine Alternative finden konnten.
Verkehrsverstopfte Straßen, Schwerindustrie und die jährliche Verbrennung von Feldern in den Gegenden um Delhi sorgen unter anderem für die massive Umweltverschmutzung in der Metropole. Eine Regierungsumfrage zwischen 2013 und 2017 ergab, dass in Delhi 981 Menschen an akuten Atemwegsinfektionen starben. Mehr als 1,7 Millionen Einwohner litten an Infektionen. (std)