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Deutschland ist in Lena-Laune

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Deutschland ist in Lena-Laune

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    Deutschland ist in Lena-Laune
    Deutschland ist in Lena-Laune Foto: DPA

    Das macht sie vielen erst recht sympathisch. Der Begriff "Star" hat sich in den vergangenen Jahren mit TV- Sendungen wie "Deutschland sucht den Superstar" oder "Ich bin ein Star ­ Holt mich hier raus!" dermaßen abgenutzt, dass die Leute staunen, wenn plötzlich jemand auftaucht, der tatsächlich leuchtet. Jemand, bei dem nicht die Inszenierung Glamour erzeugt, sondern der Charakter, die offene Art und das Wesen.

    Obwohl sie offensichtlich das Zeug zum Star hat - der Historiker Christoph Stölzl verglich sie in der "Thüringer Allgemeinen" gar mit Marlene Dietrich - setzt Lena genau auf das Gegenteil dessen, was in der jüngeren Vergangenheit als typisch für sogenannte TV-Stars galt. Insofern ist sie ein Anti-Star. Sie hält Privates geheim - niemand soll wissen, ob sie Sex hatte, und wenn ja, mit wem, oder ob ihr Konto sich im Minus befindet.

    In der Münchner "SZ" hatte Christopher Schmidt noch vor dem Finale analysiert: "Mit ihrer Natürlichkeit und Frische hat sie offenbar nicht nur einer bröckelnden Mittelschicht den Glauben an sich selbst zurückgegeben, sondern einen flächendeckenden Blümchenteppich über das krisengeschüttelte Land gebreitet."

    Dem Blogger Lukas Heinser ("Oslog.tv") sagte Lena auf die Frage, wie man natürlich bleibe, wenn alle ständig sagen, man habe so eine tolle natürliche Art: "Gar nicht darauf hören, was die Leute sagen." Bei der großen Pressekonferenz in Köln am vergangenen Montag wollte sie auch nicht beantworten, was ihr Sieg für die Stimmung in Deutschland bedeute: "Ich fühl' mich dieser Frage nicht gewachsen."

    Lena Meyer-Landrut, die Castingshows eigentlich doof findet und Musik der Indie-Rockband The Bird And The Bee mag, aber auch viel Electro hört (zum Beispiel Remixes von Henrik Schwarz), ist trotz ihres jungen Alters irgendwie "retro". Ihr Nummer-Eins-Album heißt "My Cassette Player" (Mein Kassetten-Rekorder) - und das in Zeiten von MP3 und iPods. Ein Duett, verriet sie "Oslog.tv", würde sie gerne mal mit dem Singer/Songwriter Jamie Cullum (30) singen.

    Konsequent verweigert Lena den Zwang zur Originalität, und genau damit ist sie originell. Boulevardmedien, die sie nicht sehr mag, machten sie diese Woche unter anderem zur Stil-Ikone. Manchem gilt sie auch als Sprach-Erneuerin mit Äußerungen wie "Verdammte Axt" (für "Super"), "Jetzt ist erstmal Schnucki dran" (für "Ausruhen") oder "Dankeschönst" sowie "Ich danke euch allen ganz, ganz hunderttausend, 480 Millionen Mal, wie ein kleines Hundebaby".

    In die Reihe bisheriger Grand-Prix-Sieger fügt sich Lena eigentlich kaum ein. Ist es sinnvoll, sie an Vorgängern wie Agnetha, Céline, Udo oder Nicole zu messen?

    Die Mitglieder von ABBA (Sieg mit "Waterloo" für Schweden 1974 in Brighton/England) - also Agnetha, Anni-Fried, Benny und Björn - liebten sich kreuz und quer; Lena will nicht öffentlich ihr Privatleben führen, auf Fragen danach reagiert sie bekanntermaßen allergisch.

    Céline Dion (Sieg mit "Ne partez pas sans moi" für die Schweiz 1988 in Dublin) hatte immer mehr die Ausstrahlung einer Geschäftsfrau als einer Diva - Lena aber will vor allem Spaß haben und nicht Millionenseller und Las-Vegas-Auftritte planen.

    Udo Jürgens (Sieg mit "Merci, Chérie" für Österreich 1966 in Luxemburg) ist vor allem Komponist und mag den großen Auftritt mit Orchester - Lena kann kein Instrument und mag es eher bescheiden.

    Und Nicole (Sieg mit "Ein bißchen Frieden" für Deutschland 1982 in Harrogate/England) blieb zufrieden damit, Schlager zu singen. Lena aber sagte bei der Kölner Pressekonferenz geradezu flehend: "Ich möchte bitte nie Schlagerstar sein."

    Es würde nicht wundern, wenn Lena weiter überrascht. Vielleicht macht die Teenagerin, die gern das Kreuz des Taizé-Ordens als Schmuck trägt, dazu aber nicht viel sagen möchte, erstmal ein Freiwilliges Soziales Jahr und bewirbt sich dann an der Schauspielschule in Berlin. Den Schauspiel-Plan hatte sie zumindest kürzlich der Illustrierten "Stern" noch einmal bestätigt und hinzugefügt: "Irgendwann in einem Tim-Burton-Film mitzuspielen, wäre der absolute Wahnsinn!"

    "Oslog.tv" - Folge 8 mit Lena: dpaq.de/VcMZS

    Zitierter "SZ"-Artikel: dpaq.de/4GXow

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