Der Tatort ist stolz darauf, den Finger auf dem Puls der Zeit zu haben und möglichst aktuell zu arbeiten. „Der wüste Gobi“ könnte beispielsweise eine Mordgeschichte, wie sie sich speziell zur Weihnachtszeit und saisonal bedingten Verbrechen zutragen kann, erzählen. Der Mitteldeutsche Rundfunk glaubte aber wohl, er müsse als Kontrastprogramm dem Zuschauer die Plätzchen versalzen, die der in süßer Form zuletzt reichlich zu sich genommen hat.
Fragt sich, was sich die Verantwortlichen gedacht haben, als sie am Feiertag in den Tatort-Mittelpunkt den wegen dreifachen Frauenmordes verurteilten Gotthilf Bigamiluschvatokovtschwili, kurz „Gobi“ genannt, rücken und aus der forensischen Psychiatrie ausbrechen lassen.
Kritik zum Weimar-Tatort: Jürgen Vogel spielt preisverdächtig
In einer anderen Sendewoche hätte man das schräge und witzige Psycho-Porträt Gobis, Sohn eines Georgiers, eher akzeptiert. Zumal noch weitere ermordete Frauen dazukommen. Die 21 Schwestern in der Klinik bekommt er mühelos ins Bett. O-Ton Kommissarin Kira Dorn: „Er ist so monogam wie ein Karnickel kurz vor Ostern.“ Feministinnen müssten jetzt aufschreien, bis sie merken, dass Gobi allen Damen Dessous in den ausgefallensten Farbmustern strickt.
Das Thema Nummer eins beschäftigt auch das Weimarer Ermittlerpaar. Allerdings herrscht bei Kira Dorn (Norah Tschirner) und dem noch immer vornamenlosen Kollegen Lessing (Christian Ulmen) Frust statt Lust. Wegen ihrer ausgefallenen Heizung müssen die beiden schon in die Gefängniszelle ausweichen, um ungestört zu sein.
Jürgen Vogel als Gobi spielt preisverdächtig, ebenso Ernst Stötzner als psychisch angeknackster Professor. Wie überhaupt die Psychiater der Klinik samt Doppelgängern eine Macke haben. Wer schließlich sich hinter dem „Würger von Weimar“ verbirgt, ahnt man schon früh. Und die Szenen in der Kanalisation sind verschenkt, weil sie kurz ausfallen und die Spannung nicht vorantreiben. Tipp: Einfach „Der dritte Mann“ schauen!