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"Der Kommissar": 50 Jahre Fernseh-Krimis: So veränderten sich die Kommissare

"Der Kommissar"

50 Jahre Fernseh-Krimis: So veränderten sich die Kommissare

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    Erik Ode war „Der Kommissar“. Und als solcher Vorbild für Ermittler wie „Derrick“ oder „Der Alte“. Die erste Folge der Krimiserie lief am 3. Januar 1969 im ZDF.
    Erik Ode war „Der Kommissar“. Und als solcher Vorbild für Ermittler wie „Derrick“ oder „Der Alte“. Die erste Folge der Krimiserie lief am 3. Januar 1969 im ZDF. Foto: Hans Gregor, dpa

    Am 3. Januar 1969 ereignete sich eine besondere TV-Premiere: Das ZDF startete mit „Der Kommissar“ die erste deutsche Krimiserie im Abendprogramm. Der von Erik Ode verkörperte Herbert Keller, ein väterlicher Beamter mit klarem Wertekompass und stets korrekt gekleidet, war als Gegenentwurf zu amerikanischen Ermittlertypen konzipiert worden.

    Wie "Der Kommissar" ein ganzes TV-Genre prägte

    Die Serie wurde ein Straßenfeger, wie man das damals nannte. Und Keller, den nichts aus der Ruhe brachte, der Raucher war und Briefmarkensammler, dieser Keller sollte auf Jahre hinaus die Ermittlertypen im deutschen Fernsehen prägen.

    So folgten dem 1910 geborenen und 1983 gestorbenen Ode, der bis 1976 „Der Kommissar“ war, Klassiker wie „Derrick“ (1974 bis 1998) mit Horst Tappert und „Der Alte“ (seit 1977), in dem Siegfried Lowitz hundert Folgen lang den Chefermittler gab. Alle drei Serien spielten in München, bevorzugt in besseren Kreisen. Und die Hierarchien waren streng: Der Kommissar als – bisweilen moralpredigende – Instanz war umgeben von eifrigen Assistenten. Einer von Kellers Gehilfen: Fritz Wepper als Harry Klein, der später für „Derrick“ arbeitete.

    Deutsche Krimis wurden erst actionreicher, dann weiblicher

    Die „Tatort“-Ära Kein Wunder, dass die ARD mit ihrem 1970 gestarteten „Tatort“ schon früh andere Akzente setzte. Der erste Ermittler, Paul Trimmel (Walter Richter), hatte zwar eine ähnlich fürsorgliche Haltung wie Kommissar Keller, konnte aber auch ein ziemlicher Choleriker sein. Mit Zolloberinspektor Kressin führte der WDR dann bereits 1971 eine völlig neue Ermittlerfigur ein. Der Österreicher Sieghardt Rupp verkörperte den Zollfahnder wie eine Jetset-Figur mit Anleihen bei James Bond.

    Schimanski kommt Anschließend schuf der WDR eine Figur, die heute geradezu ein Mythos ist: Mit Horst Schimanski, unvergleichlich verkörpert von Götz George, eroberte in den 80ern die Wirklichkeit den westdeutschen TV-Krimi. Der Bulle aus Duisburg, von den Zuschauern auch dank der Actionszenen als Raubein mit Herz geliebt, war ein Mann aus dem Volk. Viele Geschichten spielten im Milieu der Arbeiter – und der Kleinganoven. Im Schimanski-Jahrzehnt tat sich noch weitaus mehr: Nicht nur die Ermittlerfiguren, auch die Erzählweisen veränderten sich. Ging es etwa in den ZDF-Serien eher klassisch um die Tätersuche, wurde insbesondere der „Tatort“ zu einem Erzählgefäß für Sozialkritik.

    Krimis werden weiblicher Und noch etwas änderte sich, wenn auch sehr langsam: Es gab zunehmend Ermittlerinnen. Als der Südwestfunk im „Tatort“ ab Januar 1978 erstmals eine Frau ermitteln ließ, war das eine Sensation. Allerdings durfte Oberkommissarin Buchmüller (Nicole Heesters) nur drei Fälle lösen. Erst Jahre später, 1989, durfte Ulrike Folkerts beim SWF ihr Debüt als burschikose Kommissarin Lena Odenthal in Ludwigshafen feiern. Heute sind Kommissarinnen im TV-Krimi eine Selbstverständlichkeit. Heraus sticht das ZDF mit seinen Krimireihen „Bella Block“, „Rosa Roth“, „Marie Brand“ oder „Helen Dorn“ hervor.

    Immer mehr Frauen und mehr seltsame Männer in deutschen Krimis

    Seltsame Männer Während die Frauen sich als Kommissarinnen im Fernsehen etablierten, wurden die Männer immer seltsamer. Viele Zuschauer, vermutet daher Drehbuchautorin Dorothee Schön, „sind überzeugt, es gebe nur noch abseitige Figuren“. Tatsächlich sei Freddy Schenk (Dietmar Bär) aus dem Kölner „Tatort“ der einzige Hauptabendkommissar mit offenbar intaktem Familienleben. „Seine TV-Kollegen sind entweder Junggesellen oder geschieden und haben keinen Kontakt zu ihren Kindern.“ Dieses Single-Dasein hat laut Schön, die viele „Tatort“-Episoden für Odenthal und die Konstanzer Kommissarin Klara Blum (Eva Mattes) geschrieben hat, vor allem dramaturgische Gründe: „Die Fälle sind in der Regel so kompliziert, dass die Drehbuchautoren überhaupt keinen Raum hätten, auch noch ein Familienleben unterzubringen.“

    Familie Auf „Unter anderen Umständen“, das im ZDF seit 2006 läuft, trifft das nicht zu. Schließlich bezieht sich schon der Titel der Reihe auf die Schwangerschaft von Kommissarin Jana Winter. Deren Sohn wurde anfangs tatsächlich vom Sohn der Hauptdarstellerin Natalia Wörner gespielt. Die Ermittlerin repräsentiert – wie ihre „Tatort“-Kollegin Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler, seit 2002) aus Hannover – eine weitere Entwicklung der letzten Jahre: Auch die Polizistinnen haben zumeist kein traditionelles Familienleben, sondern sind entweder alleinstehend oder alleinerziehende Mütter, die oft Probleme haben, Beruf und Kind zu vereinbaren.

    Ein schwuler Ermittler Früher noch wäre ein schwuler „Tatort“-Ermittler wie der Berliner Robert Karow (seit 2015 Mark Waschke) undenkbar gewesen. Sat.1 war da mit der Serie „Mit Herz und Handschellen“ (mit Henning Baum, 2002 bis 2006) schneller dran. Baum verkörperte ein paar Jahre danach als „Der letzte Bulle“ in Sat.1 einen der letzten harten Kerle mit Polizeimarke – das Comeback des 80er-Jahre-Ermittlertypus.

    Das Berufsbild des Fernsehpolizisten ist nach Ansicht Dorothee Schöns insgesamt vielfältiger geworden, seitdem „Der Kommissar“ seinen Dienst antrat. Allerdings vermisst die Drehbuchautorin die ungleich realitätsnähere Ermittlerfigur „eines ganz normalen Familienvaters mit drei Kindern“.

    TV-Tipp Am Freitag zeigt 3sat anlässlich des Jubiläums der ZDF-Serie „Der Kommissar“ ab 22.25 Uhr sechs Folgen des Klassikers.

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