Sie sind zurück, die Helden aller Fans der unbeugsamen Gallier! Aber diesmal sind nicht Asterix und Obelix die Stars, sondern „Die Tochter des Obelix“ gibt selbstbewusst den Ton an. Was Wunder, hat das temperamentvolle Mädchen mit Adrenaline auch einen passenden Namen. Dass sie in dem berühmten gallischen Dorf in Begleitung zweier Averner-Häuptlinge auftaucht, versetzt die Bewohner in helle Aufregung. Denn Adrenaline ist die Tochter des Gallier-Chefs Vercingetorix. Sie ist auf der Flucht vor Julius Cäsar, der sie gerne zwangsromanisieren möchte. Aber er hat die Rechnung ohne die gallische Jugend gemacht, die ihm erbittert Widerstand leistet.
Im neuen Asterix-Comic gibt es auch coole Jugendliche
In ihrem vierten gemeinsamen Band haben Jean-Yves Ferri (Text) und Didier Conrad (Zeichnungen) den vorwiegend männlichen Figurenkosmos um coole Jugendliche erweitert. Das wurde auch Zeit. Die etwas biedere Sexbombe Falbala und die Häuptlingsfrau Gutemine, figürlich und im Mienenspiel eine Merkel-Figur – man hatte sich an beiden sattgesehen. Adrenaline ist da anders. Schon die Averner, die sie beschützen sollen, gehen ihr auf den Geist. „Is ja gut! Kommt mal runter! Immer dieselbe Lyra!“ Wie die Punk-Version einer Pippi Langstrumpf kommt sie im Schwarzen Gothic-Dress daher. Als Gutemine ihr eine gallisch-bürgerliche Optik verpassen will, motzt sie: „Keinen Bock, mich wie ein Mädchen anzuziehen! Ich stehe auf gotische Klamotten“. Wie Ferri und Conrad die Dorfjugend in die Geschichte einbauen, hat wirklich Witz. Selfix, Sohn des Schmieds Automatix, und Aspix, Filius des Fischhändlers Verleihnix, verbindet eine wunderbare Freundschaft. Obelix als Jugendlicher wider Willen muss sich von Aspix anhören, dass Zaubertrank und ein dicker Bauch zusammengehören.
Dennoch hat „Die Tochter des Vercingetorix“ Schwächen. Die Häufung des schwer lesbaren Averner-Dialekts erschwert das Lese-Vergnügen. Dass kaum jemand von der Existenz Adrenalines wusste, erklären die Averner etwa so: „Wir haben schie lange in Lutetschia (Parisch) verschteckt, ein abgelegener Ort im Gegenschatsch schu Nemoschusch (Clermont-Ferrand).“ Kenner der französischen Sprache mögen bitte drüber weglesen! Immerhin trösten über den drögen Beginn und einen ziemlich farblosen Asterix die Schlager singende Privatentruppe („Phöniiiizischer Wein“) in komödiantischer Topform und ein großartiger Methusalix hinweg, der seine Krücke als präzises Wurfgeschoss einsetzt. Ferri und Conrad spielen trotz einiger erzählerischer Schwächen zum Glück mit den Mythen, die im Fall von Asterix längst ein eigenes Genre geworden sind.
Asterix ist der erfolgreichste Comic-Held der Welt
Der witzige Winz-Gallier, der dieses Jahr noch seinen 60. Geburtstag feiert, ist das Werk des Duos René Goscinny und Albert Uderzo. Die beiden Männer schufen mit „Asterix“ und 380 Millionen verkaufter Hefte weltweit den erfolgreichsten Comic überhaupt. Nach dem frühen Tod Goscinnys 1977 schlug sich Uderzo allein mehr schlecht als recht durch. Bis Ferri und Conrad kamen.
Ihnen fiel auf, dass das gallische Dorf inzwischen überaltert war. Was macht jemand wie Adrenaline in dem Nest, außer sich zu Tode langweilen und auf ihrem Tablet aus Stein zu surfen?
Didier Conrad sagt: „Noch nie spielten Teenager eine so große Rolle wie in diesem Heft.“ Verfolgt von den Römern flieht das Mädchen im Schiff Richtung Sehnsuchtsinsel Thule, am Steuer Letitbix, der Romantiker mit Hippy-Attitüde. „Jetzt ist es offiziell“, sagt wissend Gutemine, „unsere kleine Adrenaline wird flügge!“
Seit Wochen wird Adrenaline gleichsam als Schwester der Klima-Aktivistin Greta Thunberg gehandelt. Zeichner Didier Conrad betont jedoch, dass „Die Tochter des Vercingetorix“ bereits im Druck war. Und dann gibt Conrad zu: „Beide sorgen sich um die Zukunft der Erde. Und man hat Greta eine Verantwortung aufgebürdet. Das ist bei Adrenaline ähnlich.“ Wie sagt der weise Miraculix: „Ihr Vater hatte ihr aufgetragen, Widerstand zu leisten und frei zu bleiben. Genau das tut sie auf ihre Weise.“
Ferri und Didier Conrad: Asterix Nr. 38: Die Tochter des Vercingetorix. Egmont Comic Collection, 48 Seiten, 12 Euro (gebundene Ausgabe). Band 38 erscheint am Donnerstag, 24. Oktober 2019.