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"Das Jenke-Experiment": Drogentrip von RTL-Reporter Jenke wird Fall für Medienwächter

"Das Jenke-Experiment"

Drogentrip von RTL-Reporter Jenke wird Fall für Medienwächter

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    Jenke von Wilmsdorff hat für "Das Jenke-Experiment" auf RTL vor laufender Kamera Drogen genommen.
    Jenke von Wilmsdorff hat für "Das Jenke-Experiment" auf RTL vor laufender Kamera Drogen genommen. Foto: RTL / Jürgen Schulzki

    "Das Jenke-Experiment" auf RTL ist nach einer anderthalbjährigen Pause mit einer vierten Staffel und neuen Experimenten zurück. Gestern Abend ging es um das Thema Drogen.

    Denn nach dem Drogen-Selbstversuch vom Montagabend wird die deutsche Medienaufsicht aktiv. "Wir prüfen, ob es einen Anfangsverdacht gibt, dass die Ausstrahlung jugendgefährdend gewesen ist", sagte eine Sprecherin der für den Kölner Sender zuständigen Niedersächsischen Landesmedienanstalt in Hannover der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag. Beschwerden seien bisher aber keine eingegangen.

    RTL rechtfertigt sich für "Jenke-Experiment" mit Drogen

    RTL steht zum "Jenke-Experiment": "Wir dokumentieren das Thema, anstatt es zu tabuisieren", entgegnete eine RTL-Sprecherin. "Drogenkonsum wird nicht verherrlicht, sondern eingeordnet, um vor den zerstörerischen Konsequenzen zu warnen." Der 50-jährige RTL-Reporter hatte in einer Reportage Drogen genommen, um ihre Wirkung zu testen - unter anderem Ecstasy, Ritalin, K.O.-Tropfen und Speed, außerdem in Portugal LSD.

    "Wir setzen uns mit dem Thema Drogensucht auseinander, weil es in der Mitte unserer Gesellschaft angekommen und damit höchst relevant ist", hieß es von RTL. "Dazu gehört die dokumentarische Darstellung des Missbrauchs und auch die berauschende Wirkung der Drogen, die ja die Sucht erst auslöst." Ein Sprecher der Kölner Staatsanwaltschaft sagte auf Anfrage, sobald der Anfangsverdacht einer Straftat vorliege, sei man von Amtswegen verpflichtet, aktiv zu werden. Erstmal müsse aber geprüft werden, was in der Sendung am Montag passiert sei.

    Für Reporter von Wilmsdorff, der in Selbstversuchen bereits über Themen wie Leben mit Behinderung, Altern, Tod oder Alkohol behandelte, war dies nach März 2014 die zweite Auseinandersetzung mit Drogen - und das völlig gesetzeskonform, wie RTL meint. Bei den benutzten Drogen habe es sich um sogenannte "legal highs" gehandelt. "Die Stoffe können in Deutschland legal gekauft werden, da sie nicht in den Anlagen des Betäubungsmittelgesetzes aufgeführt sind", zitiert RTL seinen beratenden Forensischen Toxikologen des Universitätsklinikum Freiburg, Volker Auwärter.

    "Durch die professionelle Begleitung war das Risiko überschaubar und kontrollierbar", meinte Auwärter weiter. Die Dosierung sei mit ihm besprochen und in einem Bereich gehalten geworden, der zwar zu einer Wirkung führe, aber keine Vergiftung verursache. "Bei den Experimenten war immer ein ausgebildeter Rettungssanitäter anwesend."

    Einen Nachahmungseffekt befürchtet er nicht. "Präventionsarbeit erfordert die realistische Darstellung der positiven Wirkungen und der Risiken. Ansonsten verliert sie ihre Glaubwürdigkeit und erreicht das Gegenteil des gewünschten Effekts."

    RTL-Reporter Jenke von Wilmsdorff litt nach Konsum unter Depressionen

    Im Rausch der Drogen schwärmte der RTL-Reporter, dass der Zustand so angenehm und schön sei, dass er darin bleiben wolle. Wie Jenke von Wilmsdorff selbst in einem Interview mit der Bild sagt, ging es ihm dabei nicht um die Verherrlichung der Drogen, sondern um Authentizität. "Ich habe die Drogen in diesem Moment wirklich so empfunden. Hätte ich das verschwiegen, hätte ich nicht den Punkt dokumentiert, der die Drogen so gefährlich macht." Nach dem Drogenrausch hat der RTL-Reporter offenbar eine ganze Woche gebraucht, um sich davon zu erholen. Er litt unter Depressionen. Er sagte zur Bild: "Es war mir wichtig zu zeigen, dass man den Glücksrausch teuer bezahlen muss."

    Im Netz wurde am Montagabend recht rege diskutiert. Viele Twitterer zeigten ihre Anerkennung, kritisierten aber auch unter anderem: "Ich weiß noch nicht, wie unglaublich respektlos gegen über dem Leben ich diese Sendung finden soll." Oder: "Warte schon gespannt auf das Experiment, in dem er sich mit diversen Geschlechtskrankheiten anstecken lässt. Entertainment ist alles!" Beim Sender gingen 15 E-Mails ein, überwiegend positiv, hieß es. Zwei Zuschauer beschwerten sich über den Beitrag. Immerhin stimmte für RTL die Einschaltquote: 3,88 Millionen Zuschauer guckten zu. Beim jüngeren Publikum zwischen 14 und 49 Jahren lag der Marktanteil bei knapp 25 Prozent.

    Auch in der vierten Staffel von dem "Jenke-Experiment" geht von Wilmsdorff wieder weit über seine Grenzen hinaus, verspricht RTL. Er nimmt demnach nicht nur Drogen, sondern hungert, geht in den Knast und verliert seine Erinnerung. "Mir reicht es bei vielen Themen nicht, Menschen einfach nur zuzuhören und von ihnen zu erzählen. Ich möchte tiefer eintauchen, um ihre Gedanken und Verhaltensweisen zu verstehen. Das geht nur, indem ich mich ihnen annähere, eine Zeitlang mit ihnen lebe oder sogar ihr Leben lebe", sagt der Reporter. dpa/AZ

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