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Coronavirus: Ein Corona-Hotspot: Was genau lief in Ischgl schief?

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Ein Corona-Hotspot: Was genau lief in Ischgl schief?

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    Das Kitzloch in Ischgl. Die Bar gilt als Hotspot, der maßgeblich zur Verbreitung des Coronavirus in Teilen Europas beigetragen haben soll.
    Das Kitzloch in Ischgl. Die Bar gilt als Hotspot, der maßgeblich zur Verbreitung des Coronavirus in Teilen Europas beigetragen haben soll. Foto: Jakob Gruber, dpa

    Die rund 5000 Bewohner des Kleinwalsertals, von Jungholz und Hinterriss haben es geschafft. Sie leben in den österreichischen Enklaven, die nur durch eine Straße aus Deutschland erreichbar sind. Jetzt dürfen sie trotz der allgemeinen Grenzschließung wieder reisen und sich in deutschen Supermärkten und Dienstleistungsbetrieben im Grenzgebiet versorgen. Sie können auch zur Arbeit nach Vorarlberg fahren.

    Die übrigen Österreicher warten noch sehnsüchtig auf die Grenzöffnung. Denn dann, so hoffen besonders Tiroler und Vorarlberger, werden auch die Touristen wieder kommen. „Wenn die Zahl der Infektionen gegen Null geht und geklärt ist, was im Après-Ski-Ort Ischgl schief gelaufen ist, wird alles fast so sein wie vorher,“ sagt Josef Lusser, Hotelierssohn aus Tirol. „Vielleicht wird dann etwas mehr Wert auf Nachhaltigkeit gelegt.“

    Aufklärung ist deshalb Tirols Gebot der Stunde. Mehr als 1000 Seiten umfasst ein Zwischenbericht der Polizei zur Virusschleuder Ischgl. Mehrere Wochen lang wurden Betroffene und Bürger des Après-Ski-Ortes und die mit Corona befassten Behörden befragt. Denn der Verbraucherschutzverein hatte Landeshauptmann Günther Platter, andere Landespolitiker, Bürgermeister und Seilbahngesellschaftsbetreiber wegen des Managements der Corona-Krise angezeigt. Die Staatsanwaltschaft gab den Polizeibericht in Auftrag und will erst jetzt entscheiden, ob sie weitere Informationen benötigt oder nun ein Ermittlungsverfahren einleiten kann.

    Erst eine Woche später wurde die Skisaison beendet

    Inzwischen hat der österreichische Gesundheitsminister Rudolf Anschober bestätigt, dass die Behörden sehr früh informiert waren. Schon am 5. März wussten die Tiroler Behörden Bescheid, in welchen Hotels jene 14 isländische Touristen übernachtet hatten, die nach ihrer Heimkehr positiv auf das Coronavirus getestet wurden. Sie setzten die Hoteliers jedoch erst am 6. März in Kenntnis. Eine Woche später, am 13. März, wurden dann alle Touristen zur Abreise gezwungen und die Skisaison beendet.

    Während in Innsbruck eine Woche vorher im Hotel Europa schnell reagiert und das gesamte Personal getestet worden war, ließ sich die Bezirksbehörde Landeck für Ischgl Zeit und testete nur einzelne Mitarbeiter. Ob dies geschah, um Betriebsschließungen oder sogar ein vorzeitiges Ende der Skisaison zu vermeiden, wird jetzt sowohl juristisch als auch politisch untersucht. In Tirol will der Landtag eine Untersuchungskommission mit sieben von allen Parteien entsandten Experten und einem Fachmann aus dem Katastrophenmanagement einsetzen, um das Versagen der Behörden aufzuklären.

    Corona-Herd Ischgl: Die Staatsanwaltschaft ermittelt

    Seit Ende März läuft bei der Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Gefährdung durch ansteckende Krankheiten. Dem Verfahren haben sich laut Staatsanwaltschaft inzwischen auch 321 Betroffene angeschlossen, die sich in Tiroler Skiorten mit dem Coronavirus angesteckt haben.

    Beim österreichischen Verbraucherschutzverein haben sich inzwischen 5380 Tirol-Urlauber gemeldet. Drei Viertel davon waren in Ischgl. Für weitere 600 Personen wird der Verbraucherschutzverein demnächst Klage einreichen.

    Zwei Drittel der Tirol-Urlauber, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben, stammen aus Deutschland, andere aus den USA, Israel, Russland, Singapur oder Hongkong. 2,5 Prozent von ihnen kamen ins Krankenhaus, zum Teil auf die Intensivstation, erklärt Peter Kolba vom Verbraucherschutzverein. „Inzwischen sind 25 Tote zu beklagen.“ (mit dpa)

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