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Coronavirus: Corona-Lage in Frankreich: "Jeder hat in diesem Krieg eine Rolle zu spielen"

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Corona-Lage in Frankreich: "Jeder hat in diesem Krieg eine Rolle zu spielen"

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    Klinikpersonal hat einen mit dem Coronavirus infizierten Patienten zum Bahnhof von Straßburg gebracht. Dort wartet schon der Hochgeschwindigkeitszug TGV, der zu einer Intensivstation umgebaut wurde und insgesamt 20 Patienten nach Westfrankreich bringt.
    Klinikpersonal hat einen mit dem Coronavirus infizierten Patienten zum Bahnhof von Straßburg gebracht. Dort wartet schon der Hochgeschwindigkeitszug TGV, der zu einer Intensivstation umgebaut wurde und insgesamt 20 Patienten nach Westfrankreich bringt. Foto: Jean-Francois Badias, dpa

    Gerade wurde ein neuer Patient ins Krankenhaus von Colmar eingeliefert, der am Coronavirus erkrankt ist und dringend ein Beatmungsgerät braucht. Das Problem: Kein einziger Platz ist frei. "Die Intensivbetten entstehen nicht mit einem Fingerschnippen", sagt der behandelnde Arzt Éric Thibaud einem Team des französischen Fernsehens. "Wir versuchen, die Krise irgendwie zu händeln."

    Die Warnungen der Mediziner klingen mit jedem Tag alarmierender

    So wie ihm geht es allen Kollegen in den Kliniken der Region Grand Est, die unter anderem an Deutschland und die Schweiz grenzt. Dies ist das französische Gebiet mit der höchsten Konzentration von Covid-19-Fällen. Die Warnungen der Mediziner klingen mit jedem Tag alarmierender. "Wir haben weder die Betten, noch die Zimmer, noch die Ausrüstung, noch das Personal, um unsere Kapazitäten zu erhöhen", sagte zu Wochenbeginn Marie-Odile Saillard, Generaldirektorin des Regionalklinikums von Metz.

    Dabei wäre das angesichts ständig neu eingelieferter Patienten notwendig. Bis Mittwoch lagen in der Region, die das Elsass, Lothringen und die Champagne-Ardenne umfasst, 3068 Menschen in Krankenhäusern, 651 davon hingen an Beatmungsgeräten. 506 Infizierte, darunter fünf Ärzte, sind seit Ausbruch des Virus in der Region gestorben. Das ist mehr als ein Drittel aller Todesfälle in Frankreich. Der dramatische Höhepunkt dieser "Welle" wird am Wochenende erwartet. Abfallen dürfte er laut Saillard erst in zwei bis drei Wochen.

    "Wir sind am Ende eines Systems angelangt", schrieb der Chef der Notaufnahme des Krankenhauses von Colmar, Yannick Gottwalles, in einer Mail an zahlreiche Kollegen, die er in bitterer Ironie "Neuigkeiten von der Ostfront" betitelte. Viele Patienten über 75 Jahre überlebten trotz der Beatmungsgeräte nicht, so Gottwalles. Deshalb müsse man Prioritäten bei der Versorgung setzen. Erkrankte, die über 80 Jahre alt sind, werden im Universitätsklinikum Straßburg laut einem Bericht des Deutschen Instituts für Katastrophenmedizin in Tübingen an die baden-württembergische Landesregierung nicht mehr beatmet.

    Vor einigen Tagen ging man dazu über, Patienten in Krankenhäuser in anderen französischen Regionen zu verlegen. Inzwischen übernehmen auch Militärflugzeuge den Transport. Diese Woche richtete die Armee zudem ein Feldlazarett mit 30 Intensivbetten ein, um die Kliniken zu entlasten. Auch Deutschland, Luxemburg und die Schweiz nahmen Erkrankte aus Ostfrankreich auf.

    Am Donnerstag brachte ein "Klinik-TGV", ein entsprechend umgebauter Schnellzug, 20 Patienten in Krankenhäuser der Loire-Region, die noch Kapazitäten haben. Gesundheitsminister Olivier Véran zufolge handelt es sich um eine "europaweite Premiere", die in der nahen Zukunft wiederholt werden könnte.

    Macron äußert sich in Corona-Krise martialisch: "Die Nation bildet einen Block"

    Die Region Grand Est, die das Robert Koch-Institut schon vor mehr als zwei Wochen als Risikogebiet eingestuft hatte, wurde vermutlich infolge eines einwöchigen Treffens von 2000 Gläubigen der Pfingstgemeinde Ende Februar zum französischen Epizentrum der Pandemie. Die Teilnehmer stammten aus ganz Frankreich und anderen Ländern und es wird vermutet, dass sie damit zur Verbreitung des Virus beitrugen. Und diese beschleunigte sich vor allem in Mülhausen, wo die Einkehrtage stattgefunden hatten.

    So war es kein Zufall, dass sich Emmanuel Macron bei einem Besuch am Mittwochabend von hier aus zum Kampf gegen das Coronavirus äußerte. "Jeder hat in diesem Krieg eine Rolle zu spielen", sagte der Staatschef. "Die Nation bildet einen Block. Wir stehen erst am Anfang, aber wir werden durchhalten." Er versprach Sonderprämien für das gesamte Pflegepersonal und einen Investitionsplan für die Krankenhäuser. Auch in der Region Grand Est waren erst im vergangenen Jahr Klinikmitarbeiter in den Streik getreten, um gegen den Mangel an finanziellen und personellen Mitteln zu protestieren.

    So ist die Corona-Lage international:

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