Sie feierten tagelang ihren Schulabschluss auf Mallorcas Partymeile, an der Playa de Palma. Doch die Massen-Fiesta von tausenden jungen Spaniern auf der Ferieninsel im Mittelmeer nahm ein fatales Ende: Hunderte von ihnen steckten sich in Vergnügungslokalen, auf Straßenpartys und am Strand mit Corona an. Und sorgten dafür, dass nun auf Mallorca der größte Virusausbruch ganz Spaniens registriert worden ist.
Die spanischen Gesundheitsbehörden merkten erst mit Verspätung, was sich da zusammenbraute: und zwar nach der Rückkehr der Schulabgänger in ihre Heimatorte. Allein die Hauptstadtregion Madrid meldete bisher 410 Infektionsfälle von jungen Menschen, die auf Mallorca gefeiert hatten. Insgesamt mehr als 3000 Menschen, meist Familienangehörige und Klassenkameraden, mussten deswegen in Madrid in Quarantäne. Fälle meldeten auch das Baskenland (126), Valencia (104), Galizien (70), Katalonien (64), die Balearen (33), Murcia (20), Kastilien-La Mancha (11) und Aragonien (10).
Infektionswelle auf Mallorca: Delta-Variante spielt eine Rolle
Bei dieser jüngsten Infektionswelle spielt offenbar die sehr ansteckende Delta-Variante eine Rolle. Schon Anfang Juni lag der Anteil der zuerst in Indien entdeckten Coronavirus-Mutation auf der Ferieninsel bei zehn Prozent. Inzwischen gehen die Inselbehörden davon aus, dass jeder vierte Infektionsfall von Delta verursacht wird.
Eine Sprecherin der Madrider Gesundheitsbehörden teilte mit, dass bei den Abschlussfeiern alle Hygieneregeln missachtet worden seien. Auf Videos sieht man, wie Hunderte dicht gedrängt zusammenstehen. Sie tanzen, trinken und singen – praktisch alle ohne Maske. Der regionale Tourismusminister Iago Negueruela reagierte empört: „Es ist unverantwortlich, diese Art von Reisen zu organisieren.“
Die Open-Air-Partys der Schulabgänger fanden vor allem im südlichen Teil der Playa de Palma statt, aber auch in der etwas nördlicher gelegenen Partyhochburg „Ballermann“. Dort schlagen deutsche Touristen seit Wochen regelmäßig über die Stränge. Weswegen die Inselbehörden drohen, die Partyorte „Bierstraße“ und „Schinkenstraße“ zu schließen. Diese waren erst im Mai nach einjähriger Pause wieder geöffnet worden. Die Tourismusbranche befürchtet, dass die Sommersaison gefährdet werden könnte.
Der deutsche Reiseveranstalter Alltours forderte ein Verbot des Party-Tourismus: „Die wirtschaftlichen Folgen einer neuen Viruswelle wären verheerend für die Hotelbranche und die Gastronomie“, sagte Chef Willi Verhuven. „Der Sauftourismus repräsentiert nur zwei bis drei Prozent des gesamten Feriengeschäfts auf Mallorca.“ Aber die Verstöße dieser Minderheit könnten die Ferien der großen regeltreuen Mehrheit in Gefahr bringen.
Monatelang war das Infektionsgeschehen auf Mallorca stabil-niedrig
Monatelang konnte Mallorca auf ein stabil-niedriges Infektionsgeschehen verweisen, seit einigen Tagen steigen die Zahlen. Nach den letzten verfügbaren Daten kletterte die Sieben-Tage-Inzidenz für die Balearischen Inseln auf 31 Fälle pro 100.000 Einwohner. Das ist zwar immer noch vergleichsweise niedrig. Der deutliche Infektionsanstieg auch in anderen spanischen Ferienregionen signalisiert jedoch, dass vor allem mit dem Tourismus wohl überall in Spanien auch das Virus zurückkehrt. Im kanarischen Urlaubsparadies Teneriffa stieg der Inzidenzwert bereits auf über 100, in der südspanischen Ferienregion Andalusien übersprang er vielerorts ebenfalls diese Marke.
Welche Folgen das haben kann, lässt sich bereits in Portugal beobachten. Dort sorgte die sich rasend schnell ausbreitende Delta-Variante für einen neuen Teil-Lockdown in Lissabon, wo die Sieben-Tage-Inzidenz bei 210 Neuansteckungen pro 100.000 Einwohner liegt. In Lissabon wie in ganz Portugal ist Delta der vorherrschende Virustyp. An der Algarve muss deswegen die Gastronomie wieder früher schließen, nachdem der Wert auf 176 gestiegen war. Landesweit ist er mit 85 der höchste innerhalb der EU.
Deutschland stufte Portugal am Freitagabend wegen der Delta-Ausbreitung als Virusvariantengebiet ein und beschränkte den Reiseverkehr; weitere EU-Länder könnten mit ähnlichen Restriktionen folgen. Deutsche Portugalrückkehrer müssen in ihrer Heimat in eine 14-tägige Quarantäne – unabhängig davon, ob sie geimpft sind oder einen negativen Corona-Test im Gepäck haben.
Der deutsche Reiseanbieter Olimar kündigte an, mehrere hundert Bundesbürger schnell zurückzuholen. Das Unternehmen aus Köln, das auf Portugal spezialisiert ist, habe seinen Gästen gleich nach der Mitteilung des Robert-Koch-Instituts eine Rückkehr bis Montagabend angeboten, hieß es. Nach Schätzungen des Deutschen Reiseverbandes DRV machen zurzeit etwa 1000 Deutsche in Portugal Urlaub.