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Chemnitz: Haftbefehl gegen zwei Männer wegen tödlicher Messerattacke

Chemnitz

Haftbefehl gegen zwei Männer wegen tödlicher Messerattacke

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    Nach einem Aufmarsch gegen Ausländerkriminalität ist das Stadtfest in Chemnitz vorzeitig abgebrochen worden.
    Nach einem Aufmarsch gegen Ausländerkriminalität ist das Stadtfest in Chemnitz vorzeitig abgebrochen worden. Foto: Sebastian Willnow, dpa

    Nach dem Tötungsdelikt auf dem Chemnitzer Stadtfest sitzen zwei Tatverdächige in Untersuchungshaft. Das Amtsgericht Chemnitz erließ am Montag Haftbefehl wegen gemeinschaftlichen Totschlags auch gegen einen 22-jährigen Iraker, wie wie die Staatsanwaltschaft Chemnitz mitteilte. Zuvor war bereits gegen einen 23-jährigen Syrer ein Haftbefehl erwirkt worden.

    Die beiden sind nach Auffassung der Ermittler dringend verdächtig, in der Nacht zum Sonntag nach einem Streit ohne Grund mehrfach mit einem Messer auf einen 35-Jährigen eingestochen zu haben. Das Opfer erlag kurz darauf im Krankenhaus seinen schweren Verletzungen. Die beiden Tatverdächtigen waren bereits am Sonntag vorläufig festgenommen worden, nachdem sie zunächst vom Tatort geflüchtet waren. Sie wurden nun dem Haftrichter vorgeführt. Nähere Angaben zum Tatmotiv, zum genauen Ablauf der Tat und zur Tatwaffe machte die Staatsanwaltschaft nicht. Die Ermittlungen dazu dauerten noch an, hieß es.

    Nach dem Tod des 35-Jährigen waren am Sonntag in der sächsischen Stadt hunderte Menschen, darunter auch Rechtsextreme, auf die Straße gegangen. Dabei soll es auch Jagdszenen auf Ausländer gegeben haben. Teilnehmer der Proteste bewarfen zudem die Polizei mit Flaschen. Die Bundesregierung verurteilte "Hetzjagden" auf Ausländer scharf.

    Für Montag haben linke und rechte Gruppen zu weiteren Demonstrationen aufgerufen. Linke Gruppen wie "Chemnitz nazifrei" und "Leipzig nimmt Platz" kündigten eine Demonstration gegen eine von der "Bürgerbewegung Pro Chemnitz" geplante Kundgebung an. Unterdessen ermittelt die Staatsanwaltschaft mit Hochdruck wegen des Tötungsdelikts.

    Unter den Demonstranten waren wohl gewaltbereite Rechte

    Wie die Bild berichtete, sind unter den Demonstranten "gewaltbereite Rechte" gewesen, die gegen Ausländerkriminalität protestierten und Sprüche wie "Wir sind das Volk" skandierten. Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) berichtete von Rangeleien. Videos in sozialen Medien zeigten Übergriffe auf Migranten. Die Stadt beendete aus Sicherheitsbedenken vorzeitig ihr Stadtfest. 

    Unterdessen dementiert die Polizei Gerüchte über ein zweites Todesopfer nach der tätlichen Auseinandersetzung in der Innenstadt von Chemnitz. "Entgegen anderslautender Gerüchte gibt es nach dem Zwischenfall in Chemnitz keinen zweiten Todesfall", schrieb die Polizei am Montag bei Twitter. Damit reagierten die Beamten auf Gerüchte, die in sozialen Medien verbreitet wurden.

    Bundesregierung kritisiert Übergriffe auf Migranten scharf

    Die Bundesregierung hat die Übergriffe auf Migranten scharf verurteilt. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Montag in Berlin: "Was gestern in Chemnitz stellenweise zu sehen war und was ja auch in Videos festgehalten wurde, das hat in unserem Rechtsstaat keinen Platz." Er fügte hinzu: "Solche Zusammenrottungen, Hetzjagden auf Menschen anderen Aussehens, anderer Herkunft, oder der Versuch, Hass auf den Straßen zu verbreiten, das nehmen wir nicht hin, das hat bei uns in unseren Städten keinen Platz, und das kann ich für die Bundesregierung sagen, dass wir das auf das Schärfste verurteilen."

    Seibert äußerte sich auch auf eine Frage zu einem Tweet des AfD-Bundestagsabgeordneten Markus Frohnmaier, der indirekt zur Selbstjustiz aufgerufen hatte: "In Deutschland ist kein Platz für Selbstjustiz, für Gruppen, die auf den Straßen Hass verbreiten wollen, für Intoleranz und für Extremismus", sagte der Regierungssprecher. Frohnmaier hatte auf Twitter geschrieben: "Wenn der Staat die Bürger nicht mehr schützen kann, gehen die Menschen auf die Straße und schützen sich selber."   

    Aufrufe im Internet nach tödlichem Streit in Chemnitz

    Laut der Polizei hatte es am Sonntag mehrere Aufrufe im Internet gegeben, sich in der Innenstadt einzufinden. Den Angaben nach hatten sich daraufhin zunächst gegen 15.00 Uhr rund 100 Menschen versammelt. Dies sei störungsfrei verlaufen. Diese Versammlung ging auf einen Aufruf der Alternative für Deutschland (AfD) zurück. Dem folgte eine weitere Versammlung um 16.30 Uhr. Zu dieser Versammlung hatte laut Medienberichten die rechte Ultra-Fußballvereinigung Kaotic Chemnitz aufgerufen. Bei der zweiten Versammlung nahmen laut Polizei rund 800 Personen teil. 

    "Die Personengruppe reagierte nicht auf die Ansprache durch die Polizei und zeigte keine Kooperationsbereitschaft", teilten die Beamten mit. Die Gruppierung habe sich plötzlich in Bewegung gesetzt. Die Polizei sei zunächst nur mit geringen Kräften vor Ort gewesen, hieß es weiter. Weitere Einsatzkräfte kamen zu diesem Zeitpunkt aus Dresden und Leipzig.

    "Wenn ich sehe, was sich in den Stunden am Sonntag hier entwickelt hat, dann bin ich entsetzt", sagte Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (SPD) dem MDR. "Dass es möglich ist, dass sich Leute verabreden, ansammeln und damit ein Stadtfest zum Abbruch bringen, durch die Stadt rennen und Menschen bedrohen - das ist schlimm." Zunächst hatten die Veranstalter Pietätsgründe für den Abbruch des Fests angegeben. (dpa/afp/AZ)

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