Es kommt nicht gerade häufig vor, dass Königin Elizabeth II. als oberste Hüterin des royalen Protokolls eben selbst jenes bricht. Für den englischsten aller englischen Gentlemen – James Bond – aber machte sie 2012 eine Ausnahme. Als der Zeremonienmeister der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in London, Danny Boyle, im Vorfeld beim Palast anfragte, ob die Monarchin einem Schauspielauftritt zustimmen würde, zögerte sie angeblich keinen Moment. Die Queen also als Bond-Girl.
Die Queen als Bond-Girl bei den Olympischen Spielen
Würde sie auch etwas sagen wollen, fragte damals ihre persönliche Chef-Stylistin Angela Kelly? „Natürlich muss ich etwas sagen. Schließlich kommt er, um mich zu retten.“ Am Ende handelte es sich um den spektakulären Höhepunkt der Veranstaltung, als 007, gespielt von Daniel Craig, die Queen aus dem Buckingham-Palast abholt. „Guten Abend Mr. Bond“, lautete ihr legendärer Satz beim Eintreffen des Agenten. Den Absprung aus dem Helikopter in die Arena übernahm dann natürlich ein Double.
Nun hat Angela Kelly ihr Buch „The Other Side of the Coin: The Queen, the Dresser and the Wardrobe“ (Die andere Seite der Medaille: die Königin, die Ankleidedame und die Garderobe) veröffentlicht. Dass eine Bedienstete der Royals aus dem Nähkästchen plaudert, führt normalerweise stets zur Verbannung aus dem königlichen Zirkel. Nicht so bei Angela Kelly. Die Königin höchstpersönlich hat ihren Segen für das Buch erteilt.
Wetten um die Hutfarbe der Queen beim Pferderennen Ascot
Das sagt einiges über die Beziehung der beiden Frauen aus, deren Hintergründe unterschiedlicher nicht ausfallen könnten. Die 62-Jährige wuchs in einer Sozialbausiedlung in Liverpool auf, verließ in jungen Jahren die Schule und wurde keineswegs in der Modewelt als Designerin ausgebildet, sondern hatte das Nähen von ihrer Mutter gelernt. „Was ihr an Bildung fehlt, macht sie durch Ehrgeiz wett“, sagte einmal ihr Ex-Mann, mit dem Kelly drei Kinder hat. So verkaufte sie etwa ihre Waschmaschine, um sich für das Vorstellungsgespräch im Palast ein angemessenes Outfit leisten zu können. Nun arbeitet sie bereits seit 25 Jahren als persönliche Ankleidefrau für die Königin.
So trägt sie etwa die neuen Schuhe der Monarchin ein, weil diese „sehr wenig Zeit“ habe. Kelly und ihr neunköpfiges Team wählen akribisch die Kleidung der Königin aus. Alles muss geheim bleiben, auch weil etwa beim Pferderennen Ascot, einem der Höhepunkte des gesellschaftlichen Kalenders auf der Insel, hohe Wetten auf die Hutfarbe der Queen abgeschlossen werden. Damit keiner der Palastangestellten Insiderwissen in Pfund umwandeln kann, schließt Kelly die Kleider im Schrank auf Schloss Windsor ein und legt zudem falsche Fährten.
Obwohl die Aufgabe von Kelly darin besteht, zu dienen, sind die Frauen so etwas wie Freundinnen geworden. Aber natürlich hat bei den Royals jede Nähe ihre Grenzen. So würde Kelly nie mit der Königin über Staatsangelegenheiten reden. „Ich habe noch immer Ehrfurcht vor ihr.“ Und so ist ihr Buch denn vor allem eine Liebeserklärung an ihre gekrönte Chefin.
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